In diesem Fall mussten später Genproben vom rechtmäßigen Besitzer des BMW, seiner gesamten Familie und allen anderen genommen werden, die möglicherweise Gen-Material im Wagen zurückgelassen hatten, um deren DNA ausschließen zu können.
Dr. Jack Strencioch leitete die SRD-Untersuchung vor Ort und setzte uns genauestens auseinander, was alles noch an Verfahren in diesem speziellen Fall angewendet werden musste.
„Rechnen Sie nicht allzu schnell mit einem Bericht“, meinte er. „Selbst, wenn wir mit Hochdruck daran arbeiten und diesem Fall Priorität einräumen. Allein das Ausschließen sämtlicher Spuren von Personen aus dem Umkreis des rechtmäßigen Besitzers kann sich ziemlich hinziehen, wenn wir nicht alle in Frage kommenden Probanden antreffen. Die Ferienreise eines guten Bekannten, der aber öfter mal mitgefahren ist, kann uns lange aufhalten, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
„Wir wären Ihnen auch schon dankbar, wenn Sie die Ergebnisse kleckerweise an uns weiterleiten würden“, erwiderte ich.
Die Erstuntersuchung zog sich ziemlich in die Länge. Ein paar Haare waren sorgfältig eingetütet worden. Die Ausbeute schien auf den ersten Blick nicht groß. Wenn es die Haare des rechtmäßigen Besitzers waren, konnten wir nichts damit anfangen, aber falls sie einem der beiden Täter gehörten, waren sie vielleicht der Schlüssel zu dem ganzen Fall. Dasselbe galt für das Kaugummi, das jemand unter den Sitz geklebt hatte, die Reste einer Mentholzigarette, die im Aschenbecher zu finden gewesen waren und eine kleine Blutspur, die sich auf dem Boden auf der Fußmatte befand.
Ein Abschlepp-Team zog den BMW schließlich auf seine Rampe. Von dort aus ging es direkt in die Labors der SRD.
„Wir sehen uns jede Schraube an dem Wagen an“, versprach Jack Strencioch. „Staatsanwalt Longoria war ein toller Mann. Nicht nur, dass er sich als Staatsanwalt für das Recht einsetzte – auch in seiner Freizeit war er noch für in Not geratene Verbrechensopfer tätig. Wussten Sie, dass er im Vorstand einer Stiftung war, die sich für solche Fälle stark machte?“
„Die LIGA FÜR RECHT UND ORDNUNG“, nickte ich.
„Ja – ich habe mir ein Spendenformular geholt, als ich davon gehört habe. Ich denke, dass hätte Mister Longoria gerne gesehen. Leider können wir ansonsten ja nicht mehr viel für ihn tun.“
„Wir können seinen Mörder dingfest machen“, erwiderte ich.
13
Milo und ich waren etwas später auf dem Weg in die South Bronx, als uns Clive über die Ergebnisse der Vernehmung von Teresa Johnson informierte.
Der Druck, Dustin Jennings so schnell wie möglich aufzutreiben, war durch die dabei ermittelten Fakten noch gestiegen.
Milo hatte die Freisprechanlage laut geschaltet, sodass wir beide mithören konnten.
„Wenn ihr mich fragt, dann hat dieser Jennings irgend ein schmutziges Spiel gespielt, bei dem Shane Kimble auf der Strecke bleiben sollte!“, meinte Clive. „Und der konnte natürlich nichts sagen, denn wenn die Waffe aufgetaucht wäre, hätte er seine letzten Chancen verspielt, in einer Revision besser wegzukommen!“
„Diese Chancen waren doch ohnehin nur minimal“, meinte Milo. „Longoria hatte gute Arbeit geleistet. Ich habe einen Blick in die Urteilsbegründung geworfen. Die Waffe war wirklich das einzige, was fehlte – aber die Indizienkette war auch so wasserdicht genug, um Kimble lebenslang hinter Gitter zu bringen. Dieser Gang Leader ist gegen Freund und Feind rücksichtslos vorgegangen, wenn es um die Durchsetzung seiner zwielichtigen Geschäftsinteressen ging. Mein Mitleid hält sich da in Grenzen!“
„Ich wollte aus Kimble auch weiß Gott kein Unschuldslamm machen“, stellte Clive klar. „Im Übrigen verfügt er selbst aus dem Knast heraus immer noch über immense finanzielle Mittel, wenn man bedenkt, welchen Luxus er allein der Mutter seines Kindes bieten kann!“
„Wäre sicher interessant, den Weg dieses Geldes zurückzuverfolgen“, meinte ich. „Wenn tatsächlich ein Killer engagiert wurde, dann kostet das schließlich auch eine Menge Geld...“
„Ich habe schon mit Max gesprochen. Unsere Innendienstler machen sich an die Arbeit.“
„Auf jeden Fall kann jemand, der trotz der Beschlagnahmung seines Vermögens noch eine Frau und ein Kind in Luxus leben lässt, ohne dass da die Steuerfahndung oder sonst wer misstrauisch wird, es wohl auch hinbekommen, einen Killer zu engagieren, der den Staatsanwalt niederstreckt!“, glaubte Milo.
„Das sehe ich genauso“, meinte Clive.
Er beendete einen Moment später die Verbindung.
„Du siehst ziemlich skeptisch aus“, meinte Milo.
„Irgendwie glaube ich noch nicht, dass wir den richtigen Ansatzpunkt in diesem Fall haben, Milo.“
„Du siehst die Sache zu schwarz. Ich denke, wenn wir Jennings haben, wird sich einiges von selbst klären.“
14
Wir erreichten die Adresse, unter der Dustin Jennings laut Angaben seines Bewährungshelfers zu erreichen war. Sie lag in einem Apartmenthaus mit der Nummer 15 an der Elizabeth Road - nicht zu verwechseln mit der Elizabeth Street in Manhattan.
Jennings wohnte damit mitten in jenem Gebiet in der South Bronx, das bis vor einiger Zeit das Kerngebiet von Kimbles Gang gewesen war.
Aber die Zeiten hatten sich geändert. In der South Bronx bedeutete dies, dass sich die Grenzen zwischen den einzelnen Gang-Territorien immer wieder verschoben. Ganze Straßenzüge wechselten den „Besitzer“, der dann das Recht zu haben glaubte, in dem jeweiligen Gebiet Schutzgelder erpressen und Drogen verkaufen zu können.
Die SOUTH BRONX TIGERS hatten sich ziemlich weit in den Süden zurückziehen müssen. Die Abwesenheit ihres Chefs war dieser Gang offenbar nicht gut bekommen und andere hatten das ausgenutzt.
Wir hatten uns bei den Kollegen der Drogenpolizei DEA schlau gemacht, die diese Szene laufend beobachtete, weil sich daraus immer auch Rückschlüsse auf Verschiebungen bei den großen Syndikaten ziehen ließen. Im Moment gehörte die Elizabeth Road zum Einflussgebiet der BRONX DEVILS, einer Gang die schon früher zu Kimbles stärksten Konkurrenten gehört hatte.
Dass Jennings in deren Gebiet lebte, sprach Bände, wenn man die die Erkenntnisse aus der Befragung von Teresa Johnson berücksichtigte.
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