SF Abenteuer-Paket 1006 - Raumkapitän am Schwarzen Loch: Science Fiction Sammelband 1006. Margret Schwekendiek. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Margret Schwekendiek
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745212518
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Tasners liege. Die Saretto-Yilmaz-Gerland-Company sei ein erwünschter Handelspartner und Investor, und im übrigen hoffe man, daß andere Firmen von den Inneren Planeten ihrem Beispiel folgten.

       Aber dann kamen Israt Zweifel: Er bemerkte, daß LeCarré noch eine ganze Reihe anderer Gäste beherbergte; darunter Leute, die mit Sicherheit von weit geringerer Bedeutung waren als ein Vertreter von Saretto-Yilmaz-Gerland.

       Einige von ihnen machten auf Israt sogar eher den Eindruck von Schmarotzern. Manche schienen ganz einfach etwas verrückt zu sein, und es war nicht leicht zu sagen, in welcher Beziehung sie jeweils zu LeCarré standen; insbesondere deshalb, weil sie alle miteinander meistens sich selbst überlassen waren, da der Erste Repräsentant seinen Pflichten nachzugehen hatte.

       Vielleicht war es eine Art Hobby dieses Mannes, interessante und merkwürdige Leute um sich zu scharen?

       Er schien sie regelrecht zu sammeln, so wie andere eine Kollektion von Souvenirs anlegten.

       In einem der unzähligen Salons traf Israt dann einmal mit einem dieser Gäste zusammen und geriet in ein Gespräch. Er hieß Ming Yaobang und war Chinese. Er war privat hier.

       Aus purem Vergnügen, wie er sagte. Israt konnte nur den Kopf schütteln.

       "Was gibt es hier draußen am Rand schon zu sehen, das man nicht auch anderswo sehen könnte?"

       "Ich gebe zu, Centropoli auf Centrum ist nicht gerade etwas Besonderes. Aber der Himmel auf Am-Abgrund: So etwas lohnt schon eine Reise."

       Israt war nie auf Am-Abgrund gewesen, hatte aber davon gehört. Dennoch...

       "Und was finden Sie so attraktiv an Tasner?"

       Ming Yaobang lächelte.

       "Das Festival."

       "Das Festival?"

       Ming nickte.

       "Genau das. Sie haben davon gehört?"

       "Ich habe jemanden es erwähnen hören“, log Israt, „aber keinerlei Vorstellung davon, worum es sich handelt."

       "Es findet im Rhythmus von tausend Tasner-Tagen statt und dauert jeweils eine Woche. Ich habe bereits drei dieser Festivals... erlebt."

       Er sprach das letzte Wort erst nach einem merkwürdigen Zögern aus, gerade so, als hätte er nach einem besseren Wort gesucht, es aber nicht gefunden.

       Ein seltsames Leuchten erfüllte Mings Augen, als er begann, vom Festival zu reden.

       Er sagte etwas von lizensierter Tötung und Vergewaltigung, von Mord, Blut und Schwertern, aber er erzählte es so, daß Israt die Zusammenhänge nicht begreifen konnte.

       Der Kerl ist verrückt, dachte Israt als erstes. Er mußte einfach verrückt sein.

       Dann erinnerte er sich der Schwerter seines Gastgebers, die ganz offensichtlich in einem Zusammenhang mit den Vorgängen während der Festivalszeit standen.

       "Sie müssen das Festival einfach erleben, Mann. Sonst können Sie unmöglich verstehen, was ich Ihnen gesagt habe. Sie müssen die Faszination selbst spüren; niemand sonst könnte sie ihnen vermitteln: Glauben sie mir!"

       In Israts Gesichtszüge mischte sich Skepsis mit Ablehnung.

       "Sie glauben, daß ich verrückt bin, N'Gaba, nicht wahr?"

       Israt nickte.

       "Ja."

       Ming Yaobang seufzte, faßte sich mit der Linken an die Stirn und schüttelte leicht den Kopf.

       "Ich kann verstehen, daß sie so denken müssen, N'Gaba. Ich kann das verstehen. Aber Sie werden auch mich verstehen, wenn Sie das Festival erlebt haben."

       *

       Mit der Magnetbahn unternahm Israt in der Folgezeit mehrere Exkursionen zu anderen Städten Tasners, mußte jedoch feststellen, daß sie sich kaum von Val-Duun unterschieden, außer in der Größe.

       Ein langweiliger Planet, ohne besonderen landschaftlichen Reiz, ohne irgendwelche Attraktionen, wie es schien.

       Ein Planet eben, dessen Terraforming nie ganz abeschlossen worden war.

       Von allgemein zugänglichen Datenspeichern zur Geschichte Tasners und der Föderation hatte er erfahren, daß die Unternehmen, die mit dem Terraforming dieses Planeten beschäftigt gewesen waren, von den Inneren Planeten gekommen waren.

       Der technische Rückstand der Randwelten war auch auf diesem Gebiet bis heute sichtbar geblieben.

       Jedenfalls war dann jenes Ereignis eingetreten, das den Rand für lange Zeit in eine fast vollkommene Isolation führen sollte.

       Mehrere Rand-Kolonien der Inneren Planeten hatten sich einseitig für unabhängig erklärt, worauf die davongejagten Besitzer mit einem erbarmungslosen Wirtschaftskrieg und einer Blockade geantwortet hatten.

       Da die Welten des Randes wirtschaftlich völlig auf ihre jeweiligen Mutterplaneten ausgerichtet gewesen waren, hatten sie diese Maßnahmen überaus hart getroffen. Das Resultat dieses großen äußeren Drucks war jedoch die Bildung der Föderation gewesen. Die Einigung dieser so unterschiedlichen Planeten wäre unter anderen Umständen völlig unvorstellbar gewesen.

       Jedenfalls hatten sich die Terraforming-Unternehmen seit Beginn der Blockade von Tasner zurückziehen müssen und hatten somit den Planeten gewissermaßen halbfertig hinterlassen.

       Ein längerer Aufenthalt hier, so dachte Israt, lohnt sich keinesfalls.

       Dann kam ihm das Festival in den Sinn, von dem es seltsamerweise keinerlei Informationen gab – über die hinausgehend, die ihm der Chinese gegeben hatte...

       Bei seinen Streifzügen stieß er einmal auf ein Geschäft, in dessen Schaufenster Schwerter und Dolche ausgestellt waren. Darüber stand in Rand-Lingua: "Sind sie bereits genügend für das nächste Festival gerüstet?"

       Israt betrat das Geschäft nicht und fragte auch später niemanden, was das bedeutete.

       Er mischte sich gern unter die Leute in den Straßen. Manchmal waren Prozessionen religiöser Gruppen zu sehen, die jedesmal allgemeine Attraktionen darstellten und mit unzähligen gaffenden Blicken bedacht wurden.

       Es herrschte große Vielfalt auf diesen Straßen, nicht nur, was die Religion anging, sondern auch in ethnischer und sprachlicher Hinsicht. Rand-Lingua war nicht mehr als eine allgemein akzeptierte Handels- und Verkehrssprache.

       In ihrem privaten Bereich sprachen die Menschen ihre Muttersprachen. Israt hörte Khmer, Sirianisch, Italienisch, Tainil und Dutzende anderer Idiome, die er nie zuvor gehört hatte.

       Die Ruhe, mit der hier alles geschah, überraschte ihn bald nicht mehr. Sein Erstaunen darüber verschwand, und nach gewisser Zeit empfand er es in besonderer Weise fast schon als natürlichen Zustand.

       Woran er sich jedoch nur schwer gewöhnen konnte, war die Tatsache, daß ein Großteil der Tasnerianer körperliche Arbeit leistete.

       Es waren Tätigkeiten darunter, die Israt als für Menschen ungeeignet, ja, als ihre Würde herabsetzend empfand, wie zum Beispiel das Bedienen in Restaurants und Cafes. Aus seinen Enzyklopädie-Dateien erfuhr er dann, daß es hier sogar noch Fabriken gab, die menschliches Personal zum Funktionieren brauchten!

       Das Festival. Die Enzyklopädie-Datei erwähnte nur, daß es sich um ein im Tausend-Tage-Rhythmus abgehaltenes säkulares Fest handelte, in dessen Verlauf den Primitiv-Instinkten freien Lauf gelassen werde. Das war alles.

       Nicht zuletzt deshalb kehrten Israts Gedanken immer wieder zu dieser ominösen Feierlichkeit zurück, und er fragte sich, worin die Faszination bestehen mochte, die es auf Leute wie Ming Yaobang auszuüben imstande war.

       *

       Einige Tage später wurde Israt endlich mal wieder von LeCarré empfangen. Es war wieder in jenem Raum, an dessen Wänden die Schwerter hingen. Die Tatsache, daß sie allein hier waren, sprach dafür, daß der Erste Repräsentant seinem Gast