SF Abenteuer-Paket 1006 - Raumkapitän am Schwarzen Loch: Science Fiction Sammelband 1006. Margret Schwekendiek. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Margret Schwekendiek
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745212518
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"Was geschieht während des Festivals?"

       "Ach, lauter scheußliche Sachen. Eigentlich könnte man ja meinen, sich hier auf einem halbwegs zivilisierten Planeten zu befinden, aber wenn Sie einmal erlebt hätten...."

       Jemand hatte sich zwischen den Umherstehenden hindurchgedrängelt, hatte schließlich den Mann aus Alpha Centauri erreicht und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

       Heinrichs Züge spannten sich daraufhin augenblicklich an. "Entschuldigen Sie mich jetzt bitte, N'Gaba." Er schenkte dem Nigerianer noch ein gezwungenes Lächeln und folgte dann der Person, die ihn so unvermittelt angesprochen hatte.

       *

       Etwas später unterhielt Israt sich mit Nacini Changas, einer Frau vom Planeten Am-Abgrund, die ein sehr akzentbeladenes Randlingua sprach. Später hätte Israt gar nicht sagen können, wie sie eigentlich aneinandergeraten waren.

       Sie schien ihn willkürlich aus der Menge herausgepickt zu haben, um mit Dingen über ihn herzufallen, die ihn im Moment kaum interessierten.

       Gedanklich war Israt noch immer beim Festival, bei dem, was Oswaldo Heinrichs angedeutet hatte - und schließlich auch bei Ming Yaobang, der so fasziniert davon war.

       "Haben Sie schon einmal den Himmel von Am-Abgrund gesehen, wenn er ganz schwarz ist?" fragte Changas.

       Nein, das hatte er natürlich nicht.

       Sie begann in unvollkommener Sprache und mit funkelnden Augen von den Schönheiten und Wundern von Am-Abgrund zu berichten, von der Stadt-am-Abgrund, von der 'Finsternis' und anderen Dingen, die Israt zum Teil nicht begriff.

       Manchmal verfiel sie aus Versehen in ihre Muttersprache (sie sprach Tagalog), von der Israt natürlich kein Wort verstand. Und wenn sie es dann merkte, begann sie, herzhaft zu lachen (und Israt lachte mit ihr). Das lenkte jedesmal die Blicke einiger tasnerianischer Oligarchen auf sie beide und kennzeichnete sie als nicht von hier - denn sonst lachte hier niemand auf diese Weise.

       Changas war katholisch (praktisch jeder auf Am-Abgrund war das) und als auf eine entsprechende Frage hin ihr Israt eröffnen mußte, Moslem zu sein, konnte man ein unsicheres, von Verlegenheit gekennzeichnetes Lächeln über ihr Gesicht huschen sehen.

       Israt verzieh ihr das.

       Sie war auf einer Welt mit homogener Bevölkerungsstruktur aufgewachsen, wo Abweichungen von der Norm Außergewöhnlichkeiten darstellten - während sie anderswo die Regel waren.

       "Nun...", brachte sie dann hervor.

       Er erwiderte: "Bin ich vielleicht der erste Moslem, dem sie begegnen?"

       "Entschuldigen Sie vielmals, aber ich bin zum erstenmal auf einer anderen Welt als Am-Abgrund und muß mich erst daran gewöhnen, daß es hunderttausend verschiedene Lebensstile und Kulturen gibt - und anscheinend auch Götter."

       "Ist der Gott der Moslems tatsächlich ein anderer als der Gott der Christen?"

       "Ich weiß es nicht... Soviel ich weiß, glaubt ihr jedenfalls nicht daran, daß Jesus von Nazareth der Sohn Gottes war - und ist."

       "Das stimmt. Nach dem Islam ist es unlogisch, daß Gott einen Sohn gezeugt hat, denn er hat ja keine Lebensgefährtin..."

       Natürlich erwiderte sie sogleich etwas, fast reflexartig, aber Israt hatte keine Neigung, den theologischen Disput fortzusetzen.

       Ein solcher Glaubensstreit mußte stets fruchtlos bleiben, das wußte er. Außerdem konfrontierte er ihn wieder mit dem, was er hinter sich gelassen zu haben glaubte: Seinem islamischen Erbe.

       Sie unterhielten sich dann über andere Dinge, wobei sie den größeren Teil dazu beisteuerte.

       Sie schien es zu mögen, über sich selbst zu sprechen, über Am-Abgrund, über die Sünde und das Böse im Menschen, das ihrer Meinung nach nicht auszurotten war.

       Weshalb sie auf Tasner weilte, erfuhr Israt nicht.

       Sie war ein Gast LeCarrés, und der Erste Repräsentant hatte offensichtlich recht eigenwillige Kriterien, nach denen er seine Gästezimmer füllte. (Changas war irgendeine niedere Beamtin einer föderalen Behörde, aber ob ihr Hiersein einen dienstlichen Grund hatte oder vielleicht einen anderen, fand Israt nicht heraus. Es interessierte ihn auch leidlich.)

       Aber dann - Israt hatte bereits daran gedacht, das Gespräch auf höfliche Weise zu Ende zu bringen, da es ihn mehr und mehr ermüdete - kam sie unverhofft auf ein Gebiet zu sprechen, das ihn doch interessierte; er horchte auf.

       Sie sprach davon, daß sie in zehn Tagen abreisen würde. Zurück nach Am-Abgrund.

       Changas fragte plötzlich: "Wann werden Sie Tasner verlassen?"

       "Oh, um ehrlich zu sein, ich weiß es noch nicht. Das hängt davon ab, wie schnell ich die mir gestellte Aufgabe erledigen kann."

       "Ich weiß nicht, was für eine Aufgabe das ist, aber Sie sollten sehen, daß Sie in den nächsten Tagen eine Passage buchen."

       "Weshalb?"

       "Das Festival..."

       "Das Festival?"

       "Während der Festivalzeit sind die Raumhäfen geschlossen. Niemand kann diesen Planeten verlassen oder ihn betreten. Nehmen Sie meinen Rat ernst und buchen sie jetzt. Das Festival ist zwar erst in einem Tasner-Monat, aber die Schiffe sind kurz vorher meistens stark überbelegt: Es wollen mehr Leute weg als transportiert werden können."

       "Warum ziehen Sie es vor, während der sogenannten Festivalzeit nicht auf Tasner zu sein?" fragte Israt.

       Changas schien eine solche Frage absurd zu finden, das spiegelte sich überdeutlich in ihren Gesichtszügen wieder (die sie angenehmerweise nicht mit jener Perfektion unter Kontrolle halten konnte wie der Rest dieser hohen Gesellschaft). "Wissen Sie denn gar nicht, was während der Festivalzeit hier vor sich geht?"

       "Ein Chinese hat mir einiges erzählt, aber es war zu wirr und verrückt. Ohne Zusammenhang, verstehen Sie? Er war vom Gedanken an dieses Festival einfach fasziniert. Nüchterne Auskünfte konnte man von ihm nicht bekommen."

       "Dieses Festival ist die höllischste Ausgeburt heidnischer Barbarei. Sie können sich kaum vorstellen, was dann auf den Straßen dieser jetzt so friedlichen Stadt los sein wird."

       "Haben Sie es bereits erlebt?"

       "Nein, aber man kann überall Filmaufzeichnungen bekommen. Glauben Sie mir, dieses Festival übertrifft alles, was Sie sich an Barbarei und Grausamkeit vorstellen können: Selbst so noble und ehrenwerte Menschen wie unser gemeinsamer Gastgeber, der Erste Repräsentant von Tasner, werden dann zu unberechenbaren Bestien. Haben Sie seine Schwerter gesehen?"

       "Ja."

       Filmaufzeichnungen?

       Kann man ÜBERALL bekommen?

       Und wieso hatte er außer vagen Hinweisen NIRGENDWO etwas bekommen?

       "Er hängt sie nicht zur Zierde an die Wand, nicht ausschließlich jedenfalls. Er benutzt sie."

       "Sie meinen - er kämpft?"

       "So ungefähr. Während der Festivalzeit ist das erlaubt. Dann ist fast alles erlaubt; die Gesetze gelten, mit ein paar Ausnahmen, nicht mehr. Jeder darf jeden töten, verletzen, vergewaltigen, wenn er stark genug dazu ist. Das Faustrecht gilt dann, und die Schwerter sprechen. Niemand ist davor sicher, niedergestochen zu werden. Es ist legal."

       "Ich verstehe - darum verlassen so viele den Planeten."

       "Das sind vor allem die Leute von anderen Planeten. Die Einheimischen bleiben seltsamerweise in ihrer Mehrzahl hier und berauschen sich an dieser Orgie von Gewalt und Perversion."

       "Seltsam", meinte Israt. "Wenn man sich die Leute auf den Straßen ansieht oder auch diese Menschen hier - wirken sie nicht eher ausgesprochen ruhig und beherrscht?"

       "Sie täten gut daran, meinem Rat zu folgen und Tasner während der Festivalwoche zu verlassen", sagte sie eindringlich.