Sitten, Strolche & Strategen. J. J. Juhnke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: J. J. Juhnke
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783968588216
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doch damals sein Generalbevollmächtigte" zu uns herabgestiegen. Leider mit mäßigem Erfolg des Allmächtigen. Ich frage mich auch, wieso er denn nicht spätestens am 31. August 1939 den Countdown gestoppt hat. Die Dinge liefen doch, weiß Gott, nicht in seinem Sinne, sondern eher aus dem Ruder, vermute ich mal. Vermute, der Weltenbrand stand nicht auf dem Stundenzettel des Lehrmeisters. Obwohl, die Wege des Herren sind bekanntlich unergründlich, wie ihr uns weiß zu machen versucht. Vielleicht findet die Mannschaft, da oben, gefallen an unserem tun. Unsere ständigen Neuauflagen von Sodom und Gomorra. Also, ich behauptete denn mal, solange das göttliche Raumschiff uns nicht wirklich besuchen kommt, ist die nationalsozialistische Weltordnung die beste, aller denkbaren, Optionen. Das Militär hat seine Befugnisse und Mittel, das Volk hat seine soziale Ordnung und Sicherheit. Wo gibt es das sonst auf der Welt? Sogar die Kirchen haben uns in den dreißiger Jahren wohlwollend behandelt und gefördert, wie wir wohl noch wissen werden, mein Weggefährte, so vieler Jahre. Da gibt es sicher noch Dokumente und Fotos, falls Zweifel und Lücken, im Gedächtnis, aufkommen. Herr Oberst, das mit der nationalsozialistischen Weltordnung sollten sie nur im engsten Vertrauten Kreis behaupten, öffentlich würden sie, mindesten von den Medien, gefedert und geteert werden. Da geben sie sich gerne als Wahrheitsfanatiker, wenn es nicht drauf ankommt, weil nationalsozialistisches Gedankengut keine Chance mehr in diesem Land hat. Der Trend in Europa geht in Richtung keine Nationen und keine Grenzen mehr. Diese Kröte müssen sie schlucken. Was das Göttliche angeht, lassen sie es mich mit Wilhelm Reich versuchen, falls ich es noch zusammenbringe: "Als ich die grundlegenden Naturkräfte entdeckt habe, praktisch verfügbar gemacht habe und die Jahrhunderte lang Gott genannt wurden, habe ich Unrecht getan. So wurde Gott zu etwas irdischem, berührbaren und verstehbaren, innerhalb des menschlichen Herzens und Geistes. Es gibt keine naturwissenschaftlichen Entdeckungen die bei den Menschen so viel Angst und Wut, innerhalb ihrer Gefühle, ausgelöst hat". Haben wir wieder die Quadratur des Kreises geschafft, sie begabter Zauberwürfelspieler. Also gibt es den richtigen, den falschen, meinen und deinen Gott. Ist Gott Realität, Fiktion oder eine Wunschvorstellung? Sagen sie jetzt nichts falsches, bester Pahlke! Ich habe nur den einen Hausprediger und das sind nun mal Sie, alter Teufelsbraten. Ich denke der nächste Cognac wird sie ebenfalls überzeugen. Der fährt ihnen in die Seele, was ich, bei dem Preis, auch von ihm erwarte. Ich muss mich jetzt um die anderen Gäste kümmern, aber danke für den Text und gerne mal wieder. Sie kennen mich, wenn ich Licht ins Dunkel bringen kann, helfe ich immer gerne<, sprach der Oberst zum Abschluss und gab dem trocken getrunkenen Prediger einen vollen Cognacschwenker in die Hand den ich frisch serviert hatte. Mit seinen geschätzten 3 Promille im Blut, konnte der Oberst noch erstaunlich gut Sätze, auch mit Verstand, formulieren. Gelernt, ist halt gelernt, würde er das selber begründen. Pahlke eher weniger, deshalb blieb er am heutigen Abend dem Oberst gegenüber außergewöhnlich wortkarg, für seine Verhältnisse. Später bekam Pahlke seinen jährlichen Schenk vom Oberst überreicht und wieder gab es nur Gewinner. Der Oberst, weil sich jemand für seine Weisheiten interessierte, der Prediger, weil seine handzahme Argumentation von Erfolg gekrönt war und Afrika, wohin er das Geld weggeben wird. Der Prediger Pahlke wirkte unter seiner grauen Haarpracht und seiner gerundeten Körperfülle (einer Kanonenkugel gleich, behaupteten manche) wie ein zufriedener Mann, seinen Ruhestand genießen. Nur das funkeln seiner hellen Augen verriet starke Präsenz für die Geschehnisse des Abends. Pahlke sah man seine Trinkgewohnheit schon lange an. Er war seit vielen Jahren eng befreundet mit dem Promille Geist. Mag an der Einfalt seines Berufes liegen, mag an den, im Leben geschehenem und verstandenen, liegen. Der Prediger hatte das nützliche Talent Transfusionen mit hochprozentigem Weingeist reibungslos verträglich und stundenlang über sich ergehen lassen zu können. Deshalb hinterließ seine Anwesenheit deutliche Spuren in den Flaschen. Ferner hatte er die sympathische Angewohnheit, im volltrunkenen Zustand, das reden einzustellen und den Ausgang zu finden. Doch er und der alte Haudegen glichen sich in vielem. Zwei Strategen unter sich, bei dem unendlichen Schachspiel von Vermutungen und Behauptungen. Der Pfaffe ergänzte sich gut zu den langen Lagebesprechung Monologen vom Oberst, die beide nicht missen wollten. Insgesamt tat Pahlkes Freundschaft zum Wolf im Kreidefass dem Domäne Image gut. Pahlke scheint, genau wie viele andere mehr, nicht unversehrt von den Kriegsschauplätzen abgerückt zu sein. Wobei die Traumata unsichtbar seelisch und psychisch mitgenommen wurden. Deshalb hätte Pahlke auch keiner Gemeinde vorstehen können, so moderat lief er nicht durchs Leben. Da wären Entgleisungen vorprogrammiert gewesen. >Denn die Evangelien zu predigen bedarf es eines heißen Herzens und keiner lauwarmen Anwesenheitserfüllung, < so der Rückkehrer von den Schlachtfeldern. Er war wohl auch ein "Maschinengewehr Gottes" in jenen Tagen. Durch den "Geistlichen" blieb der braune Geist in der Flasche und die Domäne galt im Volksmund, als Herrensitz von Männern mit Traditionsbewusstsein. In den Jahren der Kulturrevolution der Jugend, war das doppelt wichtig. Besser uns dort zu wissen, als in einem Beatschuppen. Wobei niemand, auch nicht Prediger Pahlke, sich an dem Stern auf dem Weihnachtsbaum, mit integriertem Hakenkreuz, störte. Dann waren die Fenster zur heutigen Welt geschlossen und die Vorhänge vorgezogen. Zu den üblichen Trinkgelagen wurden Unmengen der Hausmarke vernichtet. Sie schluckten das Zeug wie Wasser und wurden dabei immer glücklicher. Der Schierker Feuerstein ist ein Kräuterschnaps aus dem Harz Gebirge. Nicht weit weg vom legendären Hexentanzplatz erstmals zusammengebraut. Von einem schlauen Apotheker. Vielleicht dachten die Herren, je mehr davon getrunken wurde, desto dichter käme man in die Nähe ausschweifender Feste, wie sie der Sage nach, oben auf dem Blocksberg im Harz, gefeiert wurden. Solange auf der Domäne getrunken wurde, solange flossen die Schnäpse aus Schierke und Stonesdorf, in beachtlicher Menge, in durstige Kehlen der alternden Haudegen.

      Zumal der Hexenhort momentan im Würgegriff der roten Teufel lag, die sogar eine schlechte Kopie vom Kräuterschnaps produzieren ließen. Eine staatliche Getränke-Kombinat-Fusel Kriegsrezeptur. >Wie ihre Autos ist auch der Schnaps der roten Demagogen<, meinte der Oberst dazu. Zu besonderen Anlässen kamen nur auserlesene Zutaten, für ihre Alkoholexzesse, auf den Tisch. Die hatte aber andere Quellen.

      Im Haus herrschte "der Dragoner", die Frau Johanna. Der Oberst nannte sie so, weil sie noch zu Zeiten der Dragoner ihr Handwerk und Mundwerk erlernt habe. Wer ihr in die Quere kam lief Gefahr eine Salve aus ihrem verbalen Maschinengewehr abzubekommen. Ständig drohte sie damit das bewirtschaften des Hauses aufzugeben, somit das Schiff unter gehen zu lassen und man betete dafür, dass sie ihr Versprechen bald wahr machen würde. Zu großen Feiern, mit Gästen von außerhalb, kamen zusätzlich Kuddel nebst schöner Gattin zum Helfen. Keinesfalls durfte man Johanna in Kontakt zu den Gästen lassen. Dieses Dünkirchen wollte der Oberst nicht riskieren. Johanna hatte das Talent jeden und jede, in kürzester Zeit, bodenlos zu blamieren. Deshalb hatte sie ein Kontakt- und Sprechverbot außerhalb der Küche befohlen bekommen. Sie wollte den "Jammerlappen" auch nicht begegnen, beteuerte sie gerne. Hinzu kam, dass es Kuddel irgendwann nicht mehr passte, dass seine Frau, bei der Bewirtung der Herren, zu später Stunde im Rauchsalon, immer "versackte". Das war kein Problem, es gab ja Alfredos Gastronomiebetriebe. Er lieh dem Oberst Hausmädchen, für die Gästebewirtung, aus. Zur Überraschung der Herren wurde diese neue Konstellation angeboten. Es muss eine tolle Feier gewesen sein, denn alle sprachen noch lange, in Andeutungen, davon. Hein Mück und Kurti Krause meinten zu Rudi: >Der Oberst wisse, was ein Landser Herz vermisse<. Leider zerstörte die Frage von Johanna, ob das hier ein Puff wäre, die weiteren Pläne für ähnliche Feste. Sie legte ein ultimatives Veto ein. Und es schien wahr zu sein was man sich erzählte: die Johanna wäre eine Verwandte vom Oberst. Seit dieser Zeit halfen auch Gento und ich an der Bedienungsfront aus. Bald wolle der Oberst die Johanna auf einen Gnadenhof für Dragoner deportieren, war ein Gerücht jener Tage. Eine gewisse Vorfreude war manchem Gesicht schon anzusehen. Es gab ein untrügliches Signal wann eine Domänen Feier als beendet gelten konnte. Zum Beispiel wenn niemand mehr bei Bewusstsein war. Bewusstlosigkeit war das Hauptkriterium. Wir sammelten ein bzw. betteten um, je nach Lage der Dinge. Man kann den dicken Rehm nicht bis Mittag in der prallen Sonne liegen lassen. Der musste runter vom Rasen. Wenn alle in Deckung waren, endete erst unsere Sorgfaltspflicht. Einmal, nach nächtlicher Durchzählung, war der dicke Rehm abgängig und dann unauffindbar. Zum Glück hatte Vater einen Schäferhund dabei und nach Aufnahme der Fährte zogen wir ihn aus einem Graben, neben der Pferdekoppel. Das Gras stand so hoch, der war mit bloßem Auge nicht mehr sichtbar. Normalerweise fuhr er auch betrunken, die paar Kilometer, nach Hause. Aber in dieser Nacht fühlte er sich wohl zu nüchtern und wählte den alten Sommertrampelpfad durch die Wildnis. Ein Abend kam auch mit dem Griff