halbseelig. Joëlle Schüpfer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Joëlle Schüpfer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783710332289
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Metall und Stein“, sprach Clavia.

      Ich musste schmunzeln. „Und eure?“

      „Meine ist Erde, Natur, einfach alles, was mit Natur zu tun hat“, sagte Jay.

      Ich lächelte.

      „Und meine Kraft ist Luft – also die Gleiche wie bei Esabel“, ergänzte Clor.

      „Uuuh! Und ich soll mir diese Kräfte alle merken können?“ Ich klatschte mir wieder einmal die Hand an die Stirn.

      „Nein, natürlich nicht! Du musst einfach wissen, dass Halbseelige spezielle Kräfte haben“, meinte Esabel.

      „Oke Anny, du musst jetzt mit uns mitkommen“, forderte Clavia mich auf.

      Damit hatte ich nicht gerechnet. „Wohin und warum?“

      „In das Half Soul House. Dort wirst du von nun an leben, und meine Sis wird herausfinden, welches Symbol und welche Kraft du hast“, sprach Clor.

      „Aber was ist, wenn ich nicht will und bei meinem Vater bleiben möchte?“

      „Dein Dad ist ein ‚Mensch‘! Du willst uns damit im Ernst sagen, dass du nicht wissen willst, welches Symbol du bekommst und welche Kraft du hast?“, fragte mich Esabel enttäuscht.

      Ich zuckte mit den Schultern.

      „Im Half Soul House ist es viel cooler, und dort kannst du einfach du selbst sein“, meinte Jay.

      Ich zögerte lange. „Oke, aber ich will mich von meinem Vater verabschieden können.“

      Die vier waren einverstanden. Ich stand auf, meine Füsse waren weich wie Butter. Esabel wollte mich festhalten.

      „Ich kann gehen!“, zischte ich.

      Unverzüglich liess sie mich los. Schnell lief ich Richtung Tür. Ich riss sie auf, schaute mich um und merkte, dass mein Haus ganz in der Nähe war. Ich eilte nach Hause. Die vier kamen mir hinterher. Von allen war ich die Schnellste.

      „Boah, ist die schnell!“, schnaubte Clor, als wir mein Zuhause erreichten.

      Dad kam soeben aus dem Haus. Clavia und Esabel erstarrten und lächelten meinen Vater an. Clavia spielte mit ihren Haaren, und ich umarmte ihn herzlich.

      „Anny?“, fragte er misstrauisch und blickte die anderen vier an. „Wer sind die?“

      „Ich liebe dich sehr, Dad, aber ich muss dich jetzt verlassen. Ich gehe jetzt in mein echtes Leben.“

      „Was?“ Er schien fassungslos.

      „SAG LEVI, DASS ER MEIN BESTER FREUND BLEIBT ... FÜR IMMER!!!“, rief ich, und weg waren wir. Ich weinte.

      „Dein Dad ist richtig attraktiv!“ Esabel brachte mich kurz zum Schmunzeln.

      „Hey, wahrscheinlich siehst du endlich deine Mutter, sie ist auch eine Halbseelige“, versuchte sich Jay für mich zu freuen.

      „Was?! Meine Mom ist auch eine Halbseelige?“

      „Ja, denn sonst wärst du keine!“, lächelte Clavia.

      „Bei mir ist es auch so. Meine Mutter ist eine Halbseelige und mein Vater ein Mensch“, meinte Jay.

      „Bei mir ebenso“, ergänzte Clor.

      „Bei Clavia und bei mir ist es genau umgekehrt“, sprach Esabel.

      „Wenn ein Halbseeliger und ein normaler Mensch ein Kind zeugen, ist es logisch, dass das Kind dann ebenfalls halbseelig ist“, erklärte Clavia.

      „Kann es wirklich sein, dass ich meine Mom sehe?“

      „Ja, in der Stadt kann es gut möglich sein, doch im Half Soul House nicht. Dort leben nur Kinder und Teenager bis 20 Jahre“, gab Clor zu verstehen.

      „Gibt es auch böse Halbseelige?“, fragte ich.

      „Ja, die nennt man die bösen Halbseeligen. Ausserdem gibt es noch die Monster, die man Soulkiller nennt. Die Soulkiller arbeiten mit den bösen Halbseeligen zusammen“, erklärte Esabel.

      Bald standen wir vor einem alten, verlassenen und schmutzigen Haus.

      „Was machen wir hier?“, wollte ich wissen.

      „Wir gehen nun ins Half Soul House“, antwortete Jay.

      Mit vielen Fragen im Kopf trat ich ein. Es war kalt und düster. Ein Schrank stand in der Ecke. Ein muffiger Luftzug kam uns entgegen, als Esabel ihn öffnete. Alte Kleider hingen darin. Esabel stieg in den Schrank, die anderen hinterher, und ich kam als Letzte nach.

      „Hmmm, aber das ist doch nicht das Haus, oder?“

      „Nein Anny, aber der Weg zum Haus“, lachte Clor.

      Ich schluckte leer und schlängelte mich durch die Kleider.

      Es war dunkel, und ich hatte Angst. Endlich sah ich Licht und hörte Vögel zwitschern. Ich ging schneller und stieg als Letzte aus dem Schrank. Wir befanden uns in einer alten, kleinen Hütte mit Kamin und einem kleinen Bett. Der Raum kam mir vor wie ein Lagerzimmer für eine Person.

      „Jay, Esabel und ich müssen noch etwas erle-digen. Clor, führe doch du Anny zum Half Soul House“, sagte Clavia, und ich merkte, dass er darauf keine Lust hatte.

      „Wenn es sein muss ... Also komm, Anny.“ Clor schnaubte und verschränkte seine Arme.

      Wir verliessen das Haus, und unsere Wege trennten sich. Esabel, Clavia und Jay bogen nach links und Clor und ich nach rechts ab. Wir liefen über eine grosse Wiese.

      „Clor, wo sind wir hier?“

      „In Amerika.“

      „Aber ich kenne diesen Ort gar nicht.“

      „Ist auch logisch! Dieser Ort wurde auch noch nicht von normalen Menschen entdeckt, weil sie keinen Zutritt haben. Denn das ist die Half Soul Grenze, besser gesagt noch nicht ganz, erst dort vorne beim Hügel.“

      Er zeigte auf eine kleine Anhöhe, die mit grossen, dicken Mauern gebaut war. In der Mitte des Hügels fiel ein gigantisches Tor auf, das geschlossen war.

      Der Hügel war weit von uns entfernt, doch das störte uns, vor allem mich, nicht.

      „Nur Halbseelige können durch dieses Tor gehen. Diese Mauer ist zehn Kilometer lang und fünf Kilometer breit. Hinter der Mauer ist das Half Soul Land. Es ist ein unbekanntes kleines Land, das niemand, ausser den Halbseeligen, kennt. Im Half Soul Land ist das Half Soul House und eine einzige grosse Stadt, sonst sieht man nur Wiese“, erklärte mir Clor.

      „Ich kann dich irgendwie nicht leiden“, brummelte Clor, als wir vor dem Tor standen.

      Was? Was laberte er da? Mit einem sauren Blick guckte ich ihn an, knurrte und konnte nicht glau-ben, was er soeben gesagt hatte. „Wie bitte?!“

      „Ich mag dich nicht!“

      Empört schüttelte ich den Kopf. „Ich dich auch nicht, Dummkopf!“

      Clor riss mit Wucht das Tor auf, worauf ich ihm absichtlich ein Bein stellte. Er stolperte und fiel hin.

      „Selber schuld!“, zischte ich und würdigte ihn keines Blickes.

      Vor uns lag eine weite Wiese. Verschwommen erkannte ich ein grosses Haus. Da waren ein paar Bäume, aber keine Hügel und keine Berge. Es war flach. „Wooow!“, staunte ich.

      Clor stand grimmig auf. „Boah Anny, kannst du nerven!“

      Ich streckte ihm meine Hand vors Gesicht. „Halt du besser deinen Mund!!“

      Clor murmelte irgendetwas. Ich beachtete ihn nicht weiter und lief durchs Tor. Dass ich problemlos durchgehen konnte, war ein eindeutiges Zeichen, dass ich eine Halbseelige war.

      Clor trottete mürrisch hinter mir her. „Dort vorne ist das Half Soul House“, knurrte er.