Ihre Patientenverfügung verliert ihre Verbindlichkeit nicht durch zeitlichen Ablauf, sie ist also nicht nur befristet gültig. Zwar ist es sinnvoll, die in Ihrer Verfügung getroffenen Festlegungen regelmäßig dahin gehend zu überprüfen, ob Sie noch Ihren Wünschen entspricht (insbesondere dann, wenn eine akute schwerwiegende Krankheit vorliegt), ihre Wirkung behält die Verfügung aber solange, bis sie widerrufen wird.
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Tipp: Unabhängig davon, dass eine Patientenverfügung nicht durch Zeitablauf unwirksam wird, wird empfohlen, die einmal getroffenen Verfügungen in regelmäßigen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob sich an Ihren Wünschen etwas geändert hat. Insbesondere bei wesentlichen Änderungen Ihrer Lebensumstände bzw. Ihres Gesundheitszustands sollten Sie die Verfügung aktualisieren oder durch entsprechenden Vermerk zum Ausdruck bringen, dass sie nach wie vor Ihrem Willen entspricht. Berücksichtigen sollten Sie auch, dass die Medizin voranschreitet und die Heilmethoden sich ändern. Insbesondere wenn Sie schwer erkranken, sollten Sie Ihre Verfügung unter Umständen neu verfassen und sich dabei speziell aufgrund der Erkrankung von Ihrem behandelnden Arzt beraten lassen.
3.4.5 Unzulässige Inhalte
Unwirksam ist eine Festlegung in der Patientenverfügung, die etwas verlangt, was strafrechtlich verboten ist. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang Festlegungen über die Sterbehilfe.
Es ist zwischen der passiven und der aktiven Sterbehilfe zu unterscheiden.
Passive Sterbehilfe liegt vor, wenn auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet oder solche beendet werden, entweder weil sie in der unmittelbaren Sterbephase nicht mehr angezeigt sind oder weil der Patient sie ablehnt. Strafrechtlich wird passive Sterbehilfe nicht als »Tötung« gewertet. Entscheidend ist allerdings, dass der Patient an seiner Krankheit stirbt. Will der Patient dagegen leben, wäre die passive Untätigkeit des Arztes eine rechtswidrige Tötung durch Unterlassen. Auch der gezielte Abbruch einer ärztlichen Behandlung (z.B. Entfernung einer Magensonde, Abschaltung des Beatmungsgeräts) ist strafbar, wenn er dem Willen des Patienten nicht entspricht.
Achtung: Wird eine ärztliche Maßnahme (in welchem Krankheitsstadium auch immer) gegen den Willen des Patienten durchgeführt, stellt eine medizinische Behandlung eine rechtswidrige und strafbare Körperverletzung dar.
Die passive Sterbehilfe ist der Anwendungsbereich für Patientenverfügungen. Dort legt der Betroffene seine Behandlungswünsche im Rahmen seines Selbstbestimmungsrechts fest.
Von der passiven ist die strafbare aktive Sterbehilfe zu unterscheiden, bei der der Tod des Patienten „von Menschenhand“ herbeigeführt wird. Im Unterschied zur passiven Sterbehilfe, bei der man nur dem natürlichen Sterbeprozess seinen Lauf lässt, wird bei der aktiven Sterbehilfe der Todeseintritt absichtlich und aktiv beschleunigt, indem dem Patienten eine Medikation verabreicht wird (z.B. Überdosis eines Schmerz- und Beruhigungsmittels oder Narkosemittels). Die aktive Sterbehilfe ist als Tötung auf Verlangen strafbar.
Achtung: Keine aktive Sterbehilfe liegt vor, wenn gegen den Willen des Patienten (z.B. in einer wirksamen Patientenverfügung) lebenserhaltende Maßnahmen begonnen wurden (z.B. künstliche Beatmung, PEG-Sonde) und diese nun beendet werden sollen, wenn der ermittelte Patientenwille zweifelsfrei diesen Maßnahmen entgegensteht.
Im Zusammenhang mit der Sterbehilfe ist auch die sogenannte indirekte Sterbehilfe von Bedeutung. Diese liegt vor, wenn im Rahmen einer Therapie der vorzeitige Tod des Patienten in Kauf genommen wird. Das ist z.B. der Fall, wenn der Patient im Sterbevorgang schmerzlindernde Medikamente (z.B. Morphium) mit dem ausschließlichen Ziel der Schmerzlinderung erhält (also nicht mit der Absicht der Lebensverkürzung) und die Lebensverkürzung als Nebenwirkung der Schmerzlinderung lediglich billigend in Kauf genommen wird. Indirekte Sterbehilfe ist erlaubt und nicht strafbar.
3.5 Inhalte einer Patientenverfügung
In Ihrer Patientenverfügung müssen Sie möglichst konkret beschreiben, für welche Situationen die Verfügung gelten soll und welche Behandlungswünsche Sie in diesen Situationen haben.
3.5.1 Überblick
Eine Patientenverfügung ist nur verbindlich, wenn sich aus ihr sowohl die konkrete Behandlungssituation (z.B. »Endstadium einer unheilbaren tödlich verlaufenden Krankheit«) als auch die auf diese Situation bezogenen Behandlungswünsche (z.B. »Durchführung oder Ablehnung lebenserhaltender Maßnahmen«) ergeben.
Ihre Patientenverfügung sollte situationsbezogen sein und so konkret wie möglich Ihre individuellen Wertvorstellungen abbilden. Sie ist für Ärzte maßgebend, sofern sie sich auf die konkrete Behandlungssituation bezieht und keine Umstände erkennbar sind, dass der Patient sie nicht mehr gelten lassen würde. Stets muss sorgfältig geprüft werden, ob eine Patientenverfügung beim vorliegenden Krankheitsbild auch für die aktuelle Situation gelten soll. Bei diesem Vorsorgedokument geht es ausschließlich um gesundheitliche Angelegenheiten und medizinisch-ethische Beratung.
Achtung: Ob per Hand geschrieben oder mit Textbausteinen zusammengestellt: Wichtig ist, dass die Behandlungswünsche so konkret wie möglich formuliert werden.
3.5.2 Festlegungen in der Patientenverfügung
Empfohlen wird allgemein folgender Aufbau der Patientenverfügung:
Eingangsformel
Situationen, für die Ihre Verfügung gelten soll
Festlegungen zu Einleitung, Umfang oder Beendigung bestimmter ärztlicher Maßnahmen (lebenserhaltende Maßnahmen, Wiederbelebung, künstliche Ernährung, Flüssigkeitszufuhr, künstliche Beatmung, Schmerz- und Symptombehandlung)
Beistand
Ort der Behandlung
Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht, Einbeziehung des Hausarztes
Organentnahme
Hinweise auf weitere Unterlagen
Ärztliche Aufklärung, Bestätigung der Einwilligungsfähigkeit
Aussagen zur Verbindlichkeit
Wertvorstellungen
Eingangsformel
Aus der Patientenverfügung muss zunächst hervorgehen, wer sie errichtet hat und für welche Person sie gelten soll. Die Eingangsformel macht deutlich, wer die Patientenverfügung ausgestellt hat.
Textbaustein
Ich __________ [Name, Vorname, geboren am, wohnhaft in] bestimme hiermit meine Wünsche zur Behandlung für den Fall, dass ich meinen Willen nicht mehr bilden oder äußern kann, ...
Situationen, für die die Patientenverfügung gelten soll
Sie müssen konkret festlegen, für welche konkrete Lebens- und Behandlungssituation Ihre Patientenverfügung gelten soll. Andernfalls entfaltet die Verfügung keine bindende Wirkung. So ist es beispielsweise problematisch, wenn Sie als Situation, in der Ihre Patientenverfügung gelten soll, festlegen, »wenn mein Leben einmal nicht mehr erträglich ist«. In diesem Zusammenhang gibt es keine allgemeine Beurteilung, weil ein als unerträglich empfundenes Leben eine Krankheitsfolge nicht konkret beschreibt.
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Tipp: Wenn Sie für einzelne Lebens- und Behandlungssituationen unterschiedliche Maßnahmen treffen wollen, sollten Sie jeweils für die betreffenden Situationen eine Patientenverfügung verfassen. Wenn Sie also z.B. für den Fall, dass der Sterbeprozess begonnen hat, wünschen, dass lebenserhaltende Maßnahmen unterlassen bzw. abgebrochen werden, für den Fall des Wachkomas aber alles getan wird, um Ihr Leben zu erhalten oder zu verlängern, sollten Sie für die beiden Fälle jeweils eine Verfügung errichten.
Als Situationen, für die Ihre Patientenverfügung gelten soll, kommen insbesondere in Betracht:
die Sterbephase
das Endstadium einer unheilbaren