Jon & Jenny. Arndt Mauer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Arndt Mauer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783960742043
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      „Und euch zwei geht es wirklich gut?“

      Die Zwillinge saßen auf der Rückbank von Mr Grants Geländewagen. Grant fuhr jedoch zum Glück nicht, sondern der Polizist, der sie aus dem Kofferraum befreit hatte. Neben ihm saß sein Kollege.

      Jenny machte deutlich: „Wir sind in Ordnung. Ich hatte mir zwar einen schöneren Start in unsere Ferien erhofft, aber jetzt haben wir immerhin eine spannende Geschichte zum Erzählen. Mal was anderes – wie kommt es, dass wir mit Grants Auto fahren?“

      Der Polizist am Steuer druckste ein wenig rum. „Wisst ihr, es war eigentlich ein ganz normaler Abend. Hier draußen passiert nicht viel, ist nicht viel los. Na ja, also Gus, ich meine Mr Parson, und ich sind also auf Streife, wie immer. Dann haben wir auf dieser Parkbucht ein Auto bemerkt, und da Gus, also Mr Parson, mal dringend musste, also eben ein Geschäft zu erledigen hatte, dachten wir, wir halten an und fragen, ob’s vielleicht Probleme gäbe. Hätte ja eine Reifenpanne oder so was sein können. Da ist man hier draußen ziemlich aufgeschmissen. Na ja, kaum sind wir ausgestiegen und gehen auf diesen Typen zu, also ich jedenfalls, denn Gus musste ja so dringend, da kommt der uns auch schon entgegen. Wollte wissen, wie viel Uhr es wäre. Er hätte es eilig und müsse sofort weiterfahren, sagt er. Und im nächsten Moment höre ich diesen entsetzlichen Schrei aus seinem Wagen kommen.“

      Jenny schnaubte. Der Polizist fuhr fort: „Ehe ich mich versehe, hat der plötzlich eine Kanone in der Hand. Er wolle die Schlüssel zu unserem Dienstwagen, sagt er, und was soll ich machen, ich gebe sie ihm. Daraufhin ist er ins Auto gesprungen ... und weg war er. Aber der wird nicht weit kommen, keine Sorge, wir haben schon Alarm geschlagen.“

      Jenny machte eine Grimasse zu Jon gewandt, die wohl sagen sollte: Na immerhin ... Doch ein leichtes Lächeln verriet ihre wahren Gefühle. Auch aus Jon wich die Anspannung – langsam ausatmend lehnte er den Kopf zurück.

      „Und jetzt erzählt ihr mal, wenn es euch kein Unbehagen bereitet, was genau geschehen ist.“

      Sie hatten schon auf dem Parkplatz erklärt, woher sie kamen und wohin sie unterwegs gewesen waren. Die Polizisten fuhren sie daher auf direktem Wege zurück zum Camp.

      Jon erzählte es erneut und endete mit: „Zum Glück habe ich im letzten Moment noch gesehen, dass es ein Polizeiwagen ist, der sich uns nähert. Ich habe einfach gehofft, dass sie auch dort halten würden. Die einzige Möglichkeit, so viel Krach zu verursachen, um auf uns aufmerksam zu machen, war mein Minilab. Zusammen mit Jenny habe ich es geschafft, es zu aktivieren. Wenn ein Geräusch durch Metall dringen kann, dann der Schrei meiner Schwester!“

      Jenny boxte ihn in die Seite, musste dabei aber lachen. Das war Teamwork der etwas anderen Art gewesen.

      *

      7

      Dr. Kolla war kreidebleich, als sie im Camp ankamen. Auch Adam und Tim sahen blasser als gewohnt aus. Die Zwillinge stiegen aus dem Wagen und wurden sofort von ihrem Vater umarmt. „Jennifer! Jonas! Ihr seid wieder da! Gott sei Dank! Es ist alles so verrückt hier momentan, und dann höre ich auch noch, dass Grant euch entführt hat ... Nicht auszudenken, was hätte passieren können!“

      Sie brauchten eine Weile, um sich gegenseitig zu versichern, dass es ihnen gut ging. Schließlich löste Jon sich langsam aus der Umarmung. „Was ist mit diesem Grant los? Was wollte er von uns?“

      Auch die Polizisten waren daran natürlich interessiert.

      Dr. Kolla nickte mit angespanntem Kiefer. „Das ist kompliziert. Wir sollten erst einmal hineingehen, bitte.“ Er lud mit einer Geste alle Anwesenden ein.

      Sie saßen in einem kleinen Empfangszimmer des Hauptgebäudes. Dr. Kolla rieb sich das Kinn. „Also, Leroy Grant“, er verzog bei dem Namen sein Gesicht, wie es auch bei Jenny zuweilen vorkam, „ist ... beziehungsweise war einer meiner wissenschaftlichen Mitarbeiter. Aber alles andere als ein gewöhnlicher Assistent. Ihn zeichnete von Anfang an extremer Ehrgeiz aus – das lässt sich bis zu seiner Schullaufbahn zurückverfolgen, wir haben ja die Unterlagen – und er arbeitete für drei, das muss man sagen. Allerdings war er zudem unerbittlich getrieben von der Gier nach Erfolg, wie sich immer mehr herausstellte. Grant hat sich als wichtiger als seine gleichrangigen Kollegen eingestuft, und auch mir fühlte er sich inzwischen wohl weit überlegen. Sein übergroßes Ego wurde zunehmend ein Problem. Wir sind wegen Kompetenzfragen ein paar Mal aneinandergeraten. Er wollte einfach nicht einsehen, dass er noch nicht über die Erfahrung verfügt, die man erst nach langen Jahren der Forschung erlangt. Wir hatten also zweifellos ein angespanntes Verhältnis ...“ Dr. Kolla hielt inne und blickte für einen Moment ins Nichts. Leiser sprach er weiter: „Und was in den letzten Tagen passiert ist, muss der entscheidende Funken gewesen sein, der irgendeine Sicherung in seinem Kopf hat durchschmoren lassen.“

      „Ich kann Ihnen momentan nur so viel sagen“, fuhr Dr. Kolla lauter zu den Polizisten gewandt fort, „als dass uns hier im Camp ein bedeutendes Ereignis widerfahren ist, auf das ich noch nicht näher einzugehen vermag. Grant war jedenfalls der absoluten Überzeugung, dass einzig er dafür verantwortlich sei und nur ihm alle Autorität diesbezüglich gebühre. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihn wegen der unerträglichen Vergiftung des Arbeitsklimas aus meiner Arbeitsgruppe zu suspendieren. Das dürfte ein Motiv sein, zumindest für einen Mann wie Grant mit gestörter Wahrnehmung. Ich nahm ihm das Bedeutendste in seinem Leben. Und auch dabei wollte er mich übertrumpfen“, fügte er noch an.

      Die vier Freunde hatten stumm zugehört. Erschöpfung zeichnete ihre Gesichter: so viel auf einmal – die lange Reise, die Entführung und jetzt die Andeutungen über spektakuläre Ereignisse im Camp. Sie brauchten Schlaf, da waren sich alle einig. Psychologische Hilfe, die ihnen angeboten wurde, lehnten sie vorerst ab.

      Die Polizisten klärten noch ein paar Fragen mit Dr. Kolla und hatten nichts dagegen, dass sich die Zwillinge und Adam und Tim zurückzogen. Zunächst riefen sie zu Hause in Deutschland an. Diese Gespräche dauerten eine Weile, und es war schwer, den Eltern daheim zu versichern, dass alles in Ordnung sei. Danach waren die Freunde mit ihren Gedanken allein.

      Adam und Tim hatten schon ihr Zimmer bezogen, aber anstatt dort hinzugehen, streiften die vier ziellos durch das Camp. Es bestand aus fünf lang gezogenen Gebäuden mit Büros, Laboren und Unterkünften, einer kleinen Halle, einem Sportplatz sowie Parkplätzen. Ein drei Meter hoher Zaun trennte es vom kargen Umland. Im Süden zeichneten sich die zerklüfteten Berge vor dem Abenddunkel ab. Wie weit sich der Himmel über sie spannte! Jon blickte, ohne zu blinzeln, hinauf. Unzählige Sterne schimmerten dort oben und der volle Mond warf sein Licht auf die trockene Erde. Die Wüstenluft ließ ihn frösteln.

      Adam versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken. Es gelang nicht – er verzichtete bei den folgenden Gähnattacken gleich ganz darauf.

      Tim sah erst zu den Bergen, dann über sie hinweg. „Wie weit sind wir hier eigentlich von zu Hause entfernt?“

      „10.000 Kilometer ungefähr“, antwortete Jon.

      „Du wirst doch nicht etwa schon Heimweh bekommen?“, fragte Jenny.

      „Ich mach mir nur Sorgen um meine Tiere“, verteidigte Tim sich. Er blinzelte ein paarmal, sodass der feuchte Glanz in seinen Augenwinkeln verschwand.

      „Kannst du an nichts anderes als an diese widerlichen Viecher denken?“

      Jon ging dazwischen. „Beruhigt euch, es ist doch alles in Ordnung. Kein Grund zum Streiten.“

      Jenny nickte müde. „Was Tiere angeht ... ich bin sicher, dass du bei Tageslicht hier genug Echsen rumlaufen siehst, Tim. Wir sind schließlich in der Wüste.“

      Sofort flammte Leben in Tim auf. „Stimmt! Das hatte ich ja fast vergessen! Dabei war das einer der Gründe, warum ich mich so darauf gefreut hab, hierhin zu kommen!“ Er hüpfte ein wenig von einem Bein aufs andere.

      „Und worauf hast du dich noch gefreut?“, fragte Jon. „Abgesehen von ein paar Echsen, viel Sand und den Laboren gibt’s hier ja kaum