Jon & Jenny. Arndt Mauer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Arndt Mauer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783960742043
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      Jon war genau wie seiner Schwester klar, dass vor allem die Freundschaft ihrer Mutter zu Tims Eltern eine Rolle bei der Entscheidung gespielt hatte. Ihm machte es allerdings nichts aus, dass Tim sie begleitete. Es gab schlimmere Zeitgenossen als den kleinen Kerl. Wichtiger waren Jon eh die Aufgaben der Wissenschaft, die auf ihn warteten. Vier Wochen lang im Herzen der Weltraum-Forschung! Was Jenny und Adam, der auch mitkommen durfte, anging – hoffentlich würde ihnen im Camp nicht langweilig werden. Sie wollten schließlich bloß Urlaub machen ...

      *

      3

      Der Wecker klingelte. Nicht zum ersten, sondern schon zum dritten Mal heute. Um halb sieben hatte er Jon aus dem Schlaf gerissen. Um zwanzig vor endgültig aus dem Bett gescheucht. Nun war es zehn nach und Jon hätte laut Plan fertig sein müssen: mit Zähneputzen, Waschen, Anziehen, Nachrichten der vergangenen Nacht überfliegen und der Generalkontrolle.

      Doch an solchen Plänen scheiterte er regelmäßig. Dann waren ausgefeilte Lösungsstrategien notwendig. An diesem Tag hatte er die Zahnreinigung mit dem Ankleiden und dem Nachrichtenlesen kombiniert, um verlorene Zeit zu kompensieren, und den daraus resultierenden Sturz als negativen Ausgang eines Experiments gewertet.

      Acht Minuten später eilte Jon mit dem Koffer die Treppe hinunter. Immerhin war er endlich am Frühstückstisch angekommen. Seine Mutter und seine Schwester blickten zur Wanduhr.

      „Du wirst es wirklich nie schaffen, pünktlich zu sein. Und weil ich das weiß, habe ich extra einen Puffer eingeplant.“

      Jons Antwort ging auf dem Weg durch einen mit Marmeladenbrot vollgestopften Mund verloren. Frau Kolla schüttelte den Kopf. „Versuch nicht, Zeit wieder gutzumachen, indem du riskierst, an deinem Frühstück zu ersticken.“

      Jenny gähnte. „Genau. Wehe, ich muss mit Adam und Tim alleine nach Amerika. Das würde ich dir wirklich übel nehmen, Joni.“

      „Fang bitte nicht auch damit an“, knurrte ihr Bruder. „Ich heiße Jonas und nenne mich Jon, ist doch ganz einfach. Eins von beiden. Jon ist die kürzeste Variante, also empfehle ich die. Nach wie vor.“

      „Und es klingt so cool“, säuselte Jenny, „richtig international.“ Sie sprach das Wort englisch aus. „Der berühmte Scientist Dr. Jon Kolla ...“

      Ihre Mutter sah wieder zur Uhr. „Jenny, wie wär’s, wenn du rüber zu Tim gehst. Ihr könnt ja schon mal seine Sachen ins Auto laden.“

      Jenny zögerte nicht lange. Bewegung zog sie dem Warten immer vor. Sie sprang auf und lief zu den Fröhlichs.

      Auch im Nachbarhaus musste man die Treppe hinaufgehen, um ins Kinderzimmer zu gelangen. Tims Gepäck stand zwar bereits im Flur, er selbst war aber noch einmal hochgelaufen, wie seine Eltern Jenny mitgeteilt hatten.

      Sie klopfte an die Tür. „Tim? Ich bin’s, Jenny. Ich soll dich abholen.“

      Sofort flog die Tür auf. „Ja, ich bin fertig, endlich geht’s los!“ Er stockte. „Es ist nur ... ich muss mich noch verabschieden ...“ Tim deutete ins Innere des Zimmers und knackte mit einem Finger.

      Jenny konnte ein Schaudern kaum unterdrücken. Dieses Terrarium dort ... gegen ein Aquarium mit Fischen war ja nichts einzuwenden, aber der Gedanke an Spinnen, Kakerlaken und ähnliches Getier ließ sie äußerst unruhig werden. Neben dem sarggroßen Glaskasten standen noch ein paar Boxen, in denen weitere Insekten herumwuselten. Jenny machte einen Schritt zurück. „Okay, jetzt hast du dich verabschiedet. Also komm schon, wir fahren gleich“, presste sie hervor. „Und gnade dir Gott, wenn sich irgendeins dieser Viecher in dein Gepäck geschlichen hat!“

      *

      4

      Endlich saßen sie im Flieger. Nach der Fahrt zum Flughafen, den Umarmungen für die Eltern, den Kontrollen und dem Warten setzte die Maschine sich in Bewegung. Jon starrte aus dem Fenster, nahm alle Details in sich auf. Es war nicht das erste Mal, dass er flog, aber er war wie jedes Mal völlig fasziniert. Nach der letzten Biegung beschleunigte das Flugzeug, immer mehr und mehr, bis es plötzlich abhob.

      Sofort klebte Jons Blick an dem sich entfernenden Boden. Autos wurden zu Punkten, die wie aufgezogen gleichmäßig einer Linie folgten, links und rechts von rechteckig grünen und braunen Feldern gesäumt. Ringsum gab es noch einige Waldstücke und etwas entfernt einen See. Nachdem die schrumpfende Landschaft schließlich von der ersten Schicht dünner weißer Wolken verdeckt worden war, richtete Jon seine Konzentration nach oben.

      Der ersten folgten weitere Schichten, bis nur strahlend blauer Himmel über und um sie herum war. Er liebte diesen Anblick. Als Jons Nacken zu schmerzen begann, drehte er sich zu seiner Schwester. Jenny hatte ihrem Bruder den Fensterplatz überlassen, da sie natürlich wusste, wie viel ihm daran lag. Jon überlegte, ob er ihr helfen könnte. Denn es war Jenny schon jetzt anzusehen: Sie langweilte sich. Ihre Finger tippten rhythmusfrei auf die Armlehne. Wahrscheinlich wäre sie am liebsten aufgestanden und ein paar Runden durchs Flugzeug gelaufen. Es würde ein langer Aufenthalt für sie werden.

      Jon bekam einen Stoß in den Rücken. Direkt hinter ihm saß Tim, der mit dem Kopf gegen den Sitz vor sich drückte, um besser an seinen Rucksack zu gelangen, den er zuvor ordentlich unter dem Platz verstaut hatte. Als Nächstes raschelte etwas, das Jon als Comic identifizierte. Nachdem er den Start mit geschlossenen Augen versucht hatte zu ignorieren, wollte Tim sich wohl ablenken.

      Aus dem Augenwinkel sah Jon, wie sich ein Gesicht schräg hinter ihm nach vorne quetschte. Die Lücke zwischen den Rückenlehnen war schmal, aber Adam setzte alles daran, die Zwillinge zu sehen, ohne dafür aufstehen zu müssen. Mit den Händen versuchte er vergeblich, sich etwas Platz zu verschaffen.

      Als seine Ohren dem Vorrücken des Kopfes schließlich ein Ende bereiteten, huschte Adams Blick zwischen den Geschwistern hin und her. „Na? Was geht bei euch ab da vorne?“

      Jenny rutschte ein wenig nach links und antwortete: „Tja, wir sind, seit du uns das das letzte Mal gefragt hast, von Außerirdischen entführt worden, haben gefährliche Abenteuer im Weltraum erlebt und sind gerade erst wieder heil hier auf unseren Sitzen angekommen, aber ansonsten ist alles bestens, danke der Nachfrage!“

      Adam nickte interessiert und wandte sich Jon zu. „Schau an. Und wie sieht’s bei dir aus, Johnny-Boy?“

      Jon seufzte. Seit er angefangen hatte, sich Jon zu nennen, hatte Adam ihm Kosenamen gegeben. Er versuchte es dennoch erneut. „Jon. Einfach nur Jon. Aber egal, früher oder später gehen dir eh die Variationen aus.“

      „Die Wette nehme ich an“, nickte Adam wieder. „Also, wie ist bei dir die Lage, Jon-San?“

      Jon unterband einen weiteren Seufzer. Er sagte: „Ich würde die Zeit eigentlich gern nutzen, um etwas an meinem Programm zu arbeiten – du weißt doch, das, womit man ...“

      „Schon gut, schon gut.“ Adam drehte sich zurück zu Jenny. „Hey, soll ich dir ein paar Witze erzählen? Die kennst du bestimmt noch nicht! Sind echt unglaublich!“

      In Jennys Miene zeichnete sich Skepsis ab, sie zuckte aber mit den Schultern und meinte: „Okay, ich habe ja vorerst eh nix Besseres zu tun. Schieß los.“

      „Alles klar!“ Adam rieb sich die Hände. „Wie wär’s mit diesem: Fritzchen geht mit seiner Oma ...“

      Jon seufzte nun doch noch einmal und verschob sein Vorhaben, an dem Programm zu arbeiten, auf später. Stattdessen sah er wieder in die blaue Weite, die sich vor dem Fenster erstreckte und Gedanken an zerstrittene Eltern, mäßige Schulnoten und eigene Erwartungen einfach verschluckte.

      *

      5

      Sie landeten in Carson City, der Hauptstadt von Nevada.