SPIEGLEIN politisches Jahrbuch 2020. Thomas Röper. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Röper
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783968500317
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Demnach sei Clinton zwischen 2002 und 2003 nur viermal im „Lolita-Express“ mitgeflogen und immer in Begleitung seiner Leibwachen vom Secret Service gewesen.

      „Jeffrey ist beides, ein sehr erfolgreicher Finanzier und ein Philanthrop mit einem guten Sinn für globale Märkte und einem tiefen Wissen über die Wissenschaft des 21. Jahrhunderts. Besonders dankbar bin ich für seine Großzügigkeit bei unserem kürzlichen Trip nach Afrika, um an der Demokratisierung zu arbeiten, den Armen zu helfen und AIDS zu bekämpfen.“

      Im gleichen Artikel zitierte die New York Times Epstein mit den Worten:

      „Ich investiere in Menschen, seien sie aus Politik oder Wissenschaft. Das ist es, was ich mache.“

      Das klingt nicht nach „Philanthrop“, es klingt eher nach Korruption und Vetternwirtschaft. Das Wort „Networking“, das die New York Times benutzt, trifft es in meinen Augen nicht, wenn große Summen im Spiel sind. Und einen ehemaligen US-Präsidenten bekommt man sicherlich nicht für Kleingeld dazu, mit jemandem zu reisen, egal wohin und zu welchem Zweck.

      Die genauen Summen sind unbekannt, doch im Artikel erwähnte die New York Times, dass zumindest für 2006 eine Spende über 25.000 Dollar von Epstein an Clinton belegt sei. Aber es ist unwahrscheinlich, dass dies die erste Spende war, wenn die beiden ab 2002 zwischen vier- und 27-mal zusammen im „Lolita-Express“ geflogen sind.

      Womit wir bei Trump wären.

      Trump hat als Platzhirsch in New York natürlich auch Epstein gekannt. Er ist zumindest einmal mit Epstein in dessen „Lolita-Express“ geflogen und hat 2002 laut New York Times über Epstein gesagt:

      „Epstein ist einer, mit dem man viel Spaß haben kann. Es heißt auch, dass er schöne Frauen genauso mag wie ich, und viele sind auf der jüngeren Seite.“

      Ob Trump an den Orgien, die im Flugzeug stattgefunden haben sollen, teilgenommen hat, ist also schwer zu sagen. Diese Aussage klingt eher so, als habe er davon gehört, nicht, als habe er es selbst erlebt. Und wenn wir uns an die Aussage von Trump, die im Wahlkampf 2016 für Schlagzeilen sorgte, erinnern, wo er sagte, er könne jeder Frau ungestraft in den Schritt greifen, ist Zurückhaltung bei deutlichen Aussagen nicht seine Stärke. Man darf erwarten, dass Trump sich deutlicher geäußert hätte, wenn er diese Dinge selbst erlebt hätte. Aber das ist spekulativ.

      „Netter Kerl… Da kommen meiner Meinung nach eine Menge Probleme auf ihn zu im Zusammenhang mit der berühmten Insel und Jeffrey Epstein.“

      Offenbar war der Skandal rund um Epstein und Clinton in der High Society ein offenes Geheimnis, denn Epstein wurde erst drei Jahre nach dieser Aussage von Trump erneut angeklagt.

      Das sind die Fakten, die zu Beginn des Skandals im Juli 2019 bekannt waren. Interessant ist nun, wie die Medien in Deutschland darüber berichteten.

      Im Artikel hieß es dann: „Viele dieser Gäste ließ Epstein auf Fotos verewigen, die er US-Medienberichten zufolge überall bei sich zu Hause aufstellte. Bill Clinton, Prinz Andrew, der spätere saudische Kronprinz Mohammed bin Salman. Und natürlich der größte Partylöwe der goldenen Ära vor der Finanzkrise: Donald Trump. Doch jetzt könnte sich für manche rächen, in jenen Jahren keine Distanz zu Epstein gewahrt zu haben.“

      Der Spiegel legte auch hier trotz der hochkarätigen (aber unvollständigen) Aufzählung von Epsteins Gästen wieder den Schwerpunkt auf Trump. Und der Spiegel fasste die oben zitierten Aussagen Trumps wie folgt zusammen: „Plötzlich will ihn keiner der alten Freunde mehr kennen. ‚Ich war kein Fan‘, behauptete Trump am Dienstag. Dabei hatte der US-Präsident, der sich 2016 ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt sah, Epstein früher als ‚fantastischen Typen‘ bewundert, gerade wegen seines Faibles für ‚jüngere Frauen‘.“

      Wir haben die Aussage von Trump im Original gesehen. War das Bewunderung? Die korrekte Bezeichnung sollte wohl eher „bezeichnet“ lauten und nicht „bewundert“. Aber es geht dem Spiegel, man sieht es schon wieder, nicht um die Wahrheit. Es geht um Stimmungsmache gegen Trump, der durch die Häufigkeit der Erwähnungen im Zusammenhang mit jungen Mädchen im Spiegel-Artikel beim Leser in ein schlechtes Licht gerückt wird.

      Dann zitierte der Spiegel eine Frage der New York Times und liefert auch gleich die Antwort mit: „‚Wer‘, fragt sich nicht nur die New York Times, ‚beschützte Epstein‘? Etwa Trumps heutiger Arbeitsminister Alex Acosta. Der war damals der zuständige US-Staatsanwalt in Florida und gönnte Epstein einen Deal: Er ließ die Anklage, die lebenslange Haft hätte bringen können, fallen.“

      Danach ging es im Spiegel ausführlich um Acosta und um Vorwürfe der Demokraten gegen ihn. Kein Wort hingegen verlor der Spiegel darüber, dass Epstein die teuersten Anwälte der USA angeheuert und außerdem mit Hilfe von Privatdetektiven kompromittierendes Material über die Belastungszeugen gesammelt hatte, was diese vor Gericht unglaubwürdig machen sollte.

      Ich will Acosta nicht verteidigen, aber unter diesen Umständen einen Prozess zu gewinnen, ist in den USA, wo bei den Geschworenen Emotionen oft wichtiger sind als juristische Fakten, nicht garantiert. Der Spiegel hätte, wenn er objektiv informieren wollte, diese Dinge zumindest erwähnen müssen.

      Hinzu kommt, dass ein paar Tage später bekannt wurde, dass Epstein bei diesem Prozess mindestens zwei Zeugen mit 350.000 Dollar bestochen haben soll.

      Acosta hatte als Staatsanwalt keine leichte Aufgabe. Ob er deshalb den für Epstein hervorragenden Deal abschließen