Marylin. Arthur Rundt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Arthur Rundt
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783903005495
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      ARTHUR RUNDT

      MARYLIN

      ROMAN

      Herausgegeben und mit einem Nachwort

      versehen von Primus-Heinz Kucher

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       Inhalt

       Kapitel I

       Kapitel II

       Kapitel III

       Kapitel IV

       Kapitel V

       Kapitel VI

       Kapitel VII

       Kapitel VIII

       Kapitel IX

       Kapitel X

       Kapitel IX

       Nachwort des Herausgebers

       Anmerkungen

       Biografie

       I.

      Marylin hatte in Chicago eine Fünfundzwanzig-Dollar-Stellung.

      Sie fuhr jeden Morgen mit dem gleichen Hochbahnzug in ihr Office, vom Nordwesten der Stadt bis zur Station an der Ecke der Wabash und Madison Street.

      Aber was half es Philip, daß er täglich diese selbe Linie benutzte, daß er täglich sechs Stationen vor Madison Street gerade diesen bestimmten Zug erwartete und ihn zugleich mit Marylin verließ?

      Die Züge, die nach dem Geschäftsviertel fahren, sind ja um diese Zeit so voll, daß man froh sein muß, überhaupt mitzukommen. Es so einzurichten, daß man in einem gewissen Waggon fahren, vielleicht in der Nähe einer gewissen Person stehen kann, das ist ganz unmöglich.

      Marylin hatte meist einen Sitzplatz. Also kam sie wohl von weit her, aus einem Stadtteil, in dem die Züge noch nicht so voll waren.

      Philip begnügte sich damit, einen Platz bei der Wagentür zu erwischen, als einer der ersten herauszuspringen und Marylin in der Menge aufzuspüren. Dann ging er ein paar Straßenblocks die Madison Street entlang hinter ihr her.

      Er wußte: An der Dearborn Street bog sie nach links ab und verschwand wenige Schritte weiter im Haustor eines Wolkenkratzers.

      Es war ein tägliches Glücksspiel darum, einmal auf irgendeine Art – er hatte keine Vorstellung davon, auf welche – ein paar Worte zu dem Mädchen zu sprechen. Einmal meinte er, mußte die Chance doch kommen.

      Philip kannte Marylin in zwei Kleidern. Das eine, das sie öfter trug, war ärmellos; so hatte er sie auch das erstemal gesehen. Die dünnen Arme, von denen man auf eine Fünfzehnjährige hätte schließen können, hatten seinen Blick auf sich gezogen. Und wenn er ihr durchs Menschengewimmel der Straße folgte, sah er kaum mehr vor sich als diese zarten Kinderarme, die aus den behutsam wiegenden Schultern hin- und herpendelten.

      Marylin ging in der allgemeinen Hast langsamen Schrittes bis an ihr Haustor, wie jemand, der sicher ist, nicht zu spät zu kommen. Ihre ungezwungen aufrechte Haltung steigerte diesen Eindruck von Ruhe.

      Nach drei Wochen begegnete Philip dem Mädchen eines Nachmittags auf dem Heimwege, und nun verdoppelte er die Chance seines Spieles, indem er sie von jetzt an auch am Schluß der Arbeitszeit erwartete, und zwar oben an der Station, bei den Zügen, die von Madison Street nach dem Nordwesten führten.

      Dann, als er sich auf der Heimfahrt schon ein paarmal einen Platz im selben Wagen erkämpft hatte, stieg er einmal an seiner sechsten Haltestelle nicht aus. Er fuhr, ohne einen bestimmten Entschluß gefaßt zu haben und ohne genau zu wissen, warum er es tat, so weit mit, bis Marylin den Zug verließ, dann folgte er ihr auf die Straße hinab.

      Aber unten blieb er stehen und blickte ihr nach.

      Sie ging auch hier den gleichen langsamen Schritt, sich in den Schultern wiegend; die Nähe des Ausruhens am Ende des Tages beschleunigte ihren Gang ebensowenig wie der Beginn der Arbeit am Morgen.

      Plötzlich ging Philip, als habe er sich auf etwas Unrechtem ertappt, quer über die Straße zum Aufgang für die stadteinwärts fahrenden Züge und lief dort die Treppe hinauf.

      Aber dann verlangsamte er seinen Schritt und blieb mitten auf der Treppe stehen. Ihm war unversehens klar geworden, daß er gar keinen Grund hatte, davonzulaufen. Es hätte nichts ausgemacht, wenn das Mädchen sich umgewendet und ihn gesehen hätte. Denn sie wußte ja nichts von ihm.

      Da steht also auf der steilen Treppe, die zur Plattform dieser Hochbahnstation führt, ein junger Mensch, bekommt einen roten Kopf und macht ein verdutztes Gesicht.

      Der Hut ist ihm ein wenig nach hinten gerutscht, er hält die Hände in den Hosentaschen; er hat sich seitwärts ans Geländer gelehnt, der rechte Fuß steht um eine Stufe höher als der linke. Er ist rot geworden wie ein Schulbub, ein erwachsener Mensch von sechsundzwanzig Jahren.

      Um diese Zeit fährt nur selten jemand aus den Außenbezirken ins Innere der Stadt. Ein Vorübergehender hätte wohl meinen können: Diesem jungen Mann wäre plötzlich eingefallen, daß er zu Hause etwas hat liegen lassen, und nun denkt er nach, ob er noch einmal zurück muß.

      Es ist alles sehr schnell gegangen, das Hinauflaufen, das Stehenbleiben, das Stutzigwerden. Aber in diesem kurzen Zeitraum hat sich allerhand durch sein Gehirn gedrängt: Erinnerungen, Überlegungen und dann ein Entschluß.

      Kitty … Ja, wie war das damals mit Kitty, im letzten Jahr auf dem College? Er war immerfort mit ihr zusammen, zu Tanzgesellschaften, bei Sonntagsausflügen, oft auch in der Woche ohne besonderen Anlaß. Er war ihrer auf eine bestimmte Art ganz sicher. Nur – hatte er nicht daran gedacht, es ihr zu sagen. Er war oft mit ihr zusammen, aber sie wußte so wenig von seinen Gedanken und Absichten, daß sie ihm eines Tages um den Hals fiel, um ihm mitzuteilen, daß sie sich mit einem anderen verlobt hatte.

      Das ist jetzt bald fünf Jahre her, fünf Jahre, in denen er ein Mann geworden ist. Und trotzdem ist er im Begriff, sich nun noch dümmer zu benehmen als damals.

      Denn, sagt er sich, dieses Mädchen, das dort die Straße hinabgeht, weiß ja nichts von dir. Sie hat keine Ahnung davon, was du seit einem Monat täglich um ihretwillen treibst!

      Und du rechnest mit diesem Mädchen als etwas endgültigem. Du bist entschlossen, sie nicht aus den Augen zu verlieren. Du glaubst an etwas Gemeinsames zwischen ihr und dir.

      Daran hat diese Minute hier an der Treppe zur Hochbahnstation nichts geändert.

      Aber so etwas wie damals mit Kitty – nein, so etwas soll nicht wieder geschehen. Nein!

      Bis hierhin war er gelangt, als er sich, wie jemand, der einen Sprung machen will, straffte und die Treppe weiter hinaufging.

      Alles zusammen, die