Flucht. Benjamin Withmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Benjamin Withmer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783945133941
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denn keine Mäntel?«, will Howard wissen.

      Bad News studiert immer noch die Waffen. »Das ist alles?«

      »Das ist alles«, sagt Howard.

      »Niggertitten.«

      »Was zur Hölle hast du gesagt?«

      »Ist nur ein Ausdruck.« Bad News nimmt die .38er hoch. »Geladen?«

      Howard nickt.

      »Schwingt eure Ärsche raus«, schreit Bad News in Richtung Küchentür.

      Murray kommt aus der Küche.

      Bad News richtet den Revolver auf ihn. »Wo, verdammt, sind die Mäntel?«

      Murray starrt auf den Revolver. Seine Hände zittern. »Im Garderobenschrank.«

      »Wo ist der, du Wichser?« Bad News spannt den Hahn. »Nein, noch besser, warum bringst du mir die nicht?«

      Murray tippelt weg, Bad News dreht die Pistole um. »Ich glaube, damit können wir nicht einmal einen Kampf gegen ein bewaffnetes Kaninchen gewinnen«, sagt er.

      »Scheißkerl«, sagt Howard.

      »Es gibt immer noch die Gefängnisfarm da drüben«, sagt Warrington.

      »Scheißkerl«, sagt Howard noch einmal.

      Murray kommt mit zwei Mänteln zurück.

      »Einen nehme ich.« Bad News nimmt Murray den obersten Mantel ab.

      »Gib ihm den anderen.« Howard nickt Richtung Warrington. »Mopar und ich haben die von den Wärtern.«

      Warrington probiert den Mantel an. Die Ärmel sind viel zu kurz. »Was ist mit dem Auto?«

      »Du warst bei den Waffen erfolgreicher,« sagt Mopar.

      »Kein Kampf und keine Flucht«, sagt Bad News. »Wenn das keine Scheiße ist.«

      »Klingt beinahe als ob der Unfall keine gute Idee war«, sagt Howard.

      »Musst du jetzt wieder darauf herumreiten«, sagt Bad News.

      »Nein. Hat keinen Sinn. Du verfluchter Scheißkerl.«

      »Da hast du recht«, sagt Bad News. »Man kann nicht mehr ändern, was schon passiert ist. Das ist gelaufen, ein für alle Mal. Wenn das jedem klar wäre, hätten wir eine bessere Welt. Aber um das zu lernen, habe ich LSD gebraucht. Das kann ich nicht von jedem erwarten, dass er das kapiert.«

      Howards Gesicht arrangiert sich zu so etwas wie einer Totenmaske.

      »Es gibt immer noch die Gefängnisfarm«, sagt Warrington.

      »Du wiederholst dich«, sagt Howard.

      »Aber nur, weil es sie immer noch gibt.«

      Bad News nickt Richtung Küche. »Ich bin nicht gern unhöflich. Wie heißen sie verdammt noch mal gleich? Ich hab’s vergessen.«

      »Alice und Murray«, sagt Mopar.

      »Alice und Murray, schwingt eure Ärsche rüber«, ruft Bad News.

      Murray kommt wieder herein, Alice hinter ihm. Was immer Murray zu ihr gesagt hat, scheint sie nicht eingeschüchtert zu haben.

      »Wo geht’s zur Gefängnisfarm?«, sagt Bad News.

      »Geht ihr?«, fragt Alice.

      Bad News nimmt den Revolver hoch und feuert. Die Kugel fährt keine Armlänge am Kopf von Alice vorbei und schlägt ein Loch in die Kuckucksuhr. Als Mopars Ohren sich vom Knall erholt haben, braucht es einen Moment, bis ihm klar wird, dass das Schwirren in der Luft von den Uhrfedern kommt.

      »Wenn du die noch mal hier drinnen abfeuerst, bekommst du richtig Ärger mit mir«, sagt Howard.

      »Den kannst du mit dir selber haben«, sagt Bad News. »Ich mach’ mich hier weg, und Warrington kommt mit. Du auch, Mopar?«

      Bei jedem anderen außer Bad News wäre seine Antwort ja. Bad News hat recht, dass sie zur Gefängnisfarm müssen. Da gibt es Waffen und Autos und alles, was sie brauchen. Aber da ist eben auch Bad News. Und sobald du mit ihm gemeinsame Sache machst, hat die Welt eine Neigung, außer Kontrolle zu geraten.

      Mopar kennt Howard nicht gut. Er kennt niemand von den Schwarzen gut. Sie machen ihn argwöhnisch, sie versetzen ihn in höchste Alarmbereitschaft.

      Aber niemand von ihnen ist wie Bad News.

      »Ich bleibe«, sagt Mopar.

       13

       – Bad News –

      Es ist Bad News, der an die Haustür der Gefängnisfarm klopft. Er denkt, sein brauner Anzug lässt ihn seriöser aussehen als Warrington, auch wenn dieser ein Bankiersgesicht hat. Auch bei den Olivers hat er seine Sache gar nicht schlecht gemacht, findet er. Sogar der Autounfall hat sich als Segen erwiesen. Jetzt sind sie dabei, sich ein paar richtige Waffen und ein neues Auto zu besorgen. Alles, was sie brauchen.

      Bad News denkt an all sein Glück, und während er darauf wartet, dass jemand auf sein Klopfen antwortet, fängt er wieder an, die Melodie von vorhin zu pfeifen. Von den Doors gibt es nichts, was er nicht mag. Du setzt dein Vertrauen auf das Universum, und wirst nie enttäuscht werden. Bad News kann immer noch nicht verstehen, warum Mopar sich entschieden hat, bei Alice und Murray zu bleiben. Ganz zu schweigen von diesem dummen Nigger Howard. Dieser Affenficker ist eh ein halber Bulle, so gerne wie er Befehle gibt.

      Es ist eine alte Frau, die an die Tür kommt und sich die Hände an ihrer Schürze abtrocknet. Sie ist dick, vom Hals bis zu den Knöcheln, hat strähniges Haar und ein Gesicht, vor dem man Reißaus nimmt. »Ja?«

      »Hallo, Ma’am«, sagt Bad News. »Ist Inspektor Bowman da?«

      »Er ist draußen auf der Farm und kümmert sich darum, dass alles für den Schneesturm gesichert ist.«

      »Sind Sie seine Frau?«

      »Ich bin Mrs. Bowman.«

      »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir hereinkommen und drinnen auf ihn warten?«

      »Worum geht es?«

      »Gefängnisangelegenheiten.«

      »Ich hab Sie noch nie gesehen.«

      Bad News seufzt und zieht den .38er aus dem Hosenbund. Mit Frauen und mit Niggern hat man es nicht leicht. »Rein.«

      Sie weicht zurück, und Bad News und Warrington drängen in den Salon.

      »Sie haben das Radio wohl nicht angehabt?«, sagt Bad News.

      »Da kam noch nie etwas, was für mich von Nutzen gewesen wäre«, sagt sie.

      »Die Leute reden immer solchen Blödsinn. Verdammte Idioten. Wäre es für Sie jetzt etwa nicht von Vorteil, wenn Sie gewusst hätten, dass wir kommen? Wo sind die Waffen?«

      »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mich setze?«

      »Die Waffen.«

      Sie setzt sich in einen Sessel neben einem kleinen künstlichen Weihnachtsbaum mit Lichterkette. Die Art Baum, die Leute ohne Kinder haben. »Danke«, sagt sie, und wedelt mit der Hand. »Durch die Küche in die Schmutzschleuse. Wir haben sie dort griffbereit für so etwas wie jetzt.«

      »Pass auf, dass sie nicht aufsteht«, sagt Bad News zu Warrington. Gerne möchte er etwas über die Sinnlosigkeit sagen, Waffen griffbereit zu haben, wenn man nicht auf das Radio achtet, aber er ist sich nicht mehr sicher, mit wem er darüber streiten sollte. Er geht durch die Küche in die Schmutzschleuse.

      Drei .30-30er Winchester-Repetierer in einem Wandgestell, darunter Schachteln mit Munition auf einer Leiste. »Mist«, sagt Bad News. Er hat auf etwas mit mehr Schmackes gehofft. Auf eine Thompson M1A1 Maschinenpistole zum Beispiel. Aber er greift sich dennoch zwei der Gewehre und