Wenn im Wal die Puppen tanzen. Wiebke Otto. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Wiebke Otto
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783866872011
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      Es kann humorvoll sein, absichtlich unstimmige Gesten zu machen: Zum Gähnen berührt die Hand die Schulter einer anderen Person, zum Jubeln wird sie vor den Mund gehalten, zum Fürchten werden die Arme in die Luft gerissen, zum Niesen fällt man um. Solche Gesten sollten gut dosiert werden – sie können eine Geschichte bereichern, aber auch sprengen. Genau das ist es aber, was man an Puppen liebt: Sie können solche Dinge einfach machen, lustig, quirlig und unverschämt sein, sich aufspielen, sich für etwas begeistern und extrem in ihren Reaktionen sein. Und man freut sich daran, dass sie dabei voller Leben stecken! Sie sollten daher nicht nur als Mittel zum Textvortragen verstanden werden, sondern als Botschafter für Lebendigkeit.

      Übung: Mache mit deiner Puppe diese verschiedenen Bewegungen nacheinander: laufen, stehenbleiben, gucken, sich am Kopf kratzen, „Nanu?“ sagen, sich umschauen, sich an die Nase fassen, „Möööp“ sagen, die Hand von der Nase nehmen, ins Publikum blicken, lachen, sich umdrehen, wieder losgehen. Wiederhole die Abfolge und setze dabei Akzente. Spiele einige Bewegungen schneller, andere langsamer. Probiere aus, wie lange die Bewegungen spannend bleiben. Wie lange sollte sich die Puppe kratzen? Wie lange sollte sie etwas anschauen, ehe sie „Nanu?“ sagt? Wohin kann sich die Puppe überall umschauen?

       Zur Bühne, bitte!

       Bühnenbau

      Wenn etwas vorgetragen wird, braucht es eine Bühne. Klappmaulpuppen lassen sich besonders gut an einer höheren Bühne spielen, die die Spielerin / den Spieler komplett verdeckt. Alle Personen im Publikum sollten möglichst eine ähnlich gute Sicht auf die Bühne haben. Deshalb bietet es sich an, die erste Reihe nicht unmittelbar vor der Bühne, sondern in ausreichendem Abstand dazu zu platzieren.

      Mit Mikrofon- oder Blitzstativen (Hintergrundsysteme von Fotostudios) und einer Dachlatte lässt sich schnell eine einfache Bühne mit Spielleiste konstruieren. Ein einfarbiger, möglichst dunkler und blickdichter Stoff wird als Vorhang über die Dachlatte geworfen, die die Spielleiste bildet. Die Spielleiste sollte maximal so hoch sein wie man selbst. Sie kann aber auch etwas tiefer sein: Denn in der Regel sitzt das Publikum niedriger und schaut nach oben. Außerdem steht die Spielerin / der Spieler etwa 30 bis 40 Zentimeter vom Vorhang entfernt und dürfte deshalb gut versteckt sein. Ist die Spielleiste etwa 10 Zentimeter breit, können dort auch Requisiten abgestellt werden. Der Schauplatz kann jetzt noch durch Beleuchtung herausgehoben werden.

       Spielleiste

      Die Spielerin / der Spieler steht hinter dem Vorhang und streckt den Puppenarm nach oben über die Spielleiste. Durch diese Haltung des Armes bekommt die Puppe einen aufrechten Körper, kann sich gut im Bühnenraum bewegen und ist auch für ein größeres Publikum noch gut sichtbar. Für das Publikum ist es enorm wichtig, möglichst viel von der Puppe über der Spielleiste zu sehen: Sie sollte stets bis zum Bauchnabel sichtbar sein. Die Spielleiste wirkt dabei wie eine Mauer, die die Sicht in die untere Hälfte der Puppenwelt verdeckt: den imaginären Boden, auf dem die Puppe läuft, das Skateboard rollt und ein Regenwurm kriecht. Ungünstig ist, wenn die Puppe an Höhe verliert und so die Illusion dieses Bodens zerstört wird. Sie muss stets auf einer Höhe bleiben – es sei denn, sie schwimmt gerade in einem Pool, setzt sich hin, versinkt im Treibsand, steigt in einen Gully …

      Die gestreckte Armhaltung ist zunächst ungewohnt und ermüdend. Keine gute Idee ist es aber, die Puppe während kleiner Pausen auf der Spielleiste abzulegen. Ein leichtes Training von Arm und Schulter hilft, länger in dieser Haltung auszuharren. Dazu kann die folgende Übung genutzt werden.

      Übung: Strecke deinen Arm senkrecht nach oben, lasse die Hand locker ins Gelenk nach vorne fallen und verharre 10 bis 20 Sekunden. Spürst du das Gewicht deines Armes in deiner Schulter? Wiederhole die Übung und versuche, den Arm jedes Mal etwas länger oben zu halten. Sobald dein Arm lahm wird, helfen Schulterbewegungen: kreisen, heben und senken. So wird es möglich, den Arm jeweils ein paar Sekunden länger oben zu halten.

       Auf- und Abgänge

      Die Puppe erscheint nicht einfach auf der Bühne, indem sie nach oben geschoben wird. Auf- und Abgänge sollten vielmehr gestaltet werden und eine gewisse Zeit andauern. Für das Publikum ist es spannend, die Puppe „ankommen“ zu sehen. Während diese langsam sichtbar wird, kann das Publikum die Puppe entdecken und auf die Szene hinfiebern. Durch gezielte Auf- und Abgänge wird die Puppenwelt auf der Bühne etabliert und das Geschehen für das Publikum nachvollziehbarer.

      Dafür können verschiedene Gänge benutzt werden. Die wohl gebräuchlichste Variante ist das „Aus-der-Entfernung-Kommen“. Hierbei startet die Puppe weit vom Vorhang entfernt, kurz unterhalb der Spielleiste, und wird mit jedem Schritt nach vorne zum Vorhang etwas höher gesetzt – bis sie vollständig sichtbar ist. Auch beim „In-die Entfernung-Gehen“ sollte man die Puppe lange beim Weggehen beobachten können. Derartig geführte Auf- und Abgänge wirken auch entschiedener, als wenn man die Puppe einfach nur am Vorhang „aufpoppen“ lässt.

      Bei Auf- und Abgängen sind den Ideen keine Grenzen gesetzt: Die Puppe kann zum Beispiel über eine imaginäre Treppe oder einen imaginären Fahrstuhl erscheinen und abgehen. Spielt eine Szene zum Beispiel im Kaufhaus, kann die Puppe eine Rolltreppe benutzen. Dazu braucht es keine zusätzlichen Requisiten – es reicht aus, die entsprechenden Bewegungen zu imitieren. Kommt die Puppe etwa mit einem Fahrstuhl auf die Bühne, kann das durch ein kleines Ruckeln am Ende der Fahrt simuliert werden. Verlässt sie die Bühne wieder damit, drückt sie auf einen imaginären Knopf, steigt nach einem „Bing“ in den Fahrstuhl und bewegt sich „fahrstuhlmäßig“ nach unten. (Um diese Bewegungen glaubhaft darstellen zu können, sollten die echten Bewegungen zuvor analysiert werden.)

      Damit die Puppe bei Auf- und Abgängen immer am selben Ort Fahrstuhl oder Treppe benutzt, ist es übrigens hilfreich, sich mit Klebeband eine Markierung zu machen.

       Blickhöhe

      Wenn sich zwei gleich große Puppen auf der Bühne anblicken, schauen sie sich stets horizontal an. Ihre Blicklinien sind parallel zum Fußboden, auf dem sie stehen. Wendet sich die Puppe mit horizontaler Blickhöhe jedoch ans Publikum, kann es sein, dass sie zu weit nach oben schaut, weil das Publikum niedriger sitzt. Sie schaut also über die Leute hinweg und kann keinen direkten Blickkontakt aufnehmen. Das hat zur Folge, dass sich das Publikum nicht angesprochen fühlt. Die Spielerin / der Spieler muss entsprechend den Blick der Puppe senken, um damit das Publikum zu erfassen.

      Neben der gestreckten Haltung, die dafür sorgt, dass viel von der Puppe zu sehen ist, ist auch wichtig, noch etwas zusätzliches Spiel im Handgelenk zu haben. Innerhalb des Puppenkopfes liegen die Finger parallel zum Boden und tragen den Oberkopf, der Handrücken steht aber senkrecht. Der höchste Punkt mit ausgestrecktem Arm sollte also nicht wie üblich die letzte Fingerspitze sein, sondern die Fingerrücken und Knöchel der Hand. Mit dem Handgelenk variiert man die Blicke der Puppe.

      Übung: Übe an der Bühne, die Blickhöhe deiner Puppe zu kontrollieren und richtig einzustellen. Schaue mit ihr an die Decke; nach rechts und links; unten vor die Bühne; auf einen Punkt, der sich auf der Bühne befindet usw. Dabei sollte jemand vor der Bühne sitzen, der die Blicke verfolgt und Rückmeldung gibt.

       Kombination von Text und Spiel

      Zur besseren Orientierung können Spieltexte und Abfolge des Stückes an den Vorhang hinter der Bühne geklebt werden. Das gibt der Spielerin / dem Spieler Sicherheit. Sinnvoll ist, jede Rolle andersfarbig zu markieren, um schnell die entsprechenden Textstellen finden zu können. Am besten ist aber, wenn Textblätter lediglich eine Erinnerungsstütze darstellen oder man jeweils nur den Anfangstext eines Einsatzes braucht. Generell sollte man mit dem Ablauf einer Szene vertraut sein und sich eher auf die Puppe konzentrieren. Denn diese sollte in Bewegung bleiben! Es ist nicht leicht, sie stets beweglich und „im Spiel“ zu halten. Doch sobald