Wenn im Wal die Puppen tanzen. Wiebke Otto. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Wiebke Otto
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783866872011
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       PUPPENSPIEL-KNOWHOW

       VON „RADIESCHENFIEBER“ MATTHIAS JUNGERMANN

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       Übung macht den Puppenmeister

      Kinder als Publikum sind nicht zu unterschätzen! Mal sitzen sie gebannt und mit offenen Mündern da. Und das, obwohl vielleicht Inhalt und Handhabung der Puppen nicht besonders gut sind. Irgendetwas am Medium „Puppe“ begeistert sie zutiefst. Und ein anderes Mal tut Kindermund unverblümt Wahrheit kund. Und so steht plötzlich jemand in der ersten Reihe auf und kräht: „Langweilig!“ Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich das Publikum – und Kinder noch viel stärker: zwischen „Entrücktsein“ vom Spiel und unbarmherziger Kritik. Es ist immer eine Herausforderung, Kinder abzuholen, in die Geschichte zu entführen und zu begeistern. Funkelnde, dankbare Augen sind jedoch der Lohn für alle Mühe!

      Doch nicht nur Kinder wollen begeistert werden. Auch Jugendliche und Erwachsene lieben es, wenn man ihnen Geschichten erzählt. Wenn es in einem Stück nicht nur um Blümchen, Luftballons und Marienkäfer geht, sondern Motorroller, Klausuren und Knebelverträge darin vorkommen, kann Puppenspiel auch für Ältere ein Spaß sein. So mancher Erwachsener spürt insgeheim das Kind in sich und lässt sich gern von Stücken für Kinder entführen. Hierzu ist aber unabdingbar, dass Puppen technisch gut gespielt werden. Ein Erwachsener verliert schnell die Lust am Zuschauen, wenn es im Spiel Dinge gibt, die ihn irritieren. Zum Beispiel, wenn die Mundbewegungen der Puppe nicht zu dem passen, was sie angeblich sagt.

      Puppenspiel ist daher anspruchsvoller, als man denkt: Das Spielen einer Puppe ist wie das Spielen eines Musikinstrumentes. Ich muss mich der Handhabung des Instrumentes erst Schritt für Schritt nähern, erkunden wie man es hält und wie man es bedienen muss, um darauf Töne zu erzeugen. Wenn ich einen Ton produziere, wird es nicht gleich ein schöner sauberer sein. Aber immerhin ein Ton! Doch je häufiger ich das Instrument zur Hand nehme und darauf übe, desto schöner wird mein Ton.

      Puppenspiel übt sich ebenfalls, indem man die Puppe möglichst oft zur Hand nimmt. Wenn sie nur hübsch auf dem Regal sitzt, wird das Spiel mit ihr nicht besser. Und auch, wer alles nur im Kopf durchgeht oder am Schreibtisch sitzend aufschreibt, bekommt kein Gefühl für die Handhabung der Puppe – und wird keine Einheit mit ihr. Spielerin/Spieler und Puppe sollten deshalb möglichst viel gemeinsam „erleben“. Die Puppe muss sich dabei auf der Hand befinden und „mitproben“ – so kann sich auch die Hand an die Puppe gewöhnen, die auf ihr sitzt. Und nur so lernt die Spielerin / der Spieler die Puppe als „Instrument“ kennen und übt ein, sich damit auszudrücken.

      Also runter damit vom Regal, Zeit mit der Puppe verbringen und erst dann ab vors Publikum! Niemand würde sich ohne Übung mit einer Geige vor ein Publikum stellen und ihm etwas „vorgeigen“. Mit einer Puppe hingegen machen das die Leute! „So ein bisschen Puppenspiel – das kann doch nicht so schwer sein. Ist doch sicher alles ganz easy!“ Beim Puppenspiel gibt es aber vieles zu beachten. Trotzdem können wir entspannt sein! Denn in diesem Buch geht es um eine Puppenart, die relativ einfach zu erlernen ist. Gleichzeitig hat sie einen enormen Effekt und Erfolg beim Publikum. Seit Jim Henson in Sesamstraße und The Muppet Show im TV mit seinen Puppen auftauchte, ist diese Puppenart aus den Kinderprogrammen nicht mehr wegzudenken: die Klappmaulpuppe. Los geht’s: zur Puppe greifen, sie mit Neugier und Spaß beobachten, kennenlernen und die folgenden Tipps und Tricks ausprobieren!

       Das Einmaleins beherrschen

       Sprechen

      Ihr Name deutet es bereits deftig-charmant an: Die wichtigste Bewegung der Klappmaulpuppe ist ihre Mundbewegung. Nicht umsonst ist ihr Mund überdurchschnittlich groß. Dieses klappende Maul geht beim Sprechen auf und zu – am besten in einer Weise, die wir kennen und einordnen können: Denn die Wörter, die das Publikum hört, verknüpft es nur dann mit der Puppe, wenn die Artikulation der Wörter glaubhaft zu den Bewegungen ihres Klappmauls passt. Jeder hat von Kindheitstagen an anderen beim Sprechen zugeschaut und Bewegung und Stimme zu „lesen“ gelernt. Alles, was wir über das Sprechen wissen, haben wir bei anderen beobachtet, von den Lippen abgelesen und dann selbst umgesetzt. Nun gilt es, dies noch einmal wahrzunehmen und dann bei der Puppe umzusetzen. Nachahmung führt zum Erfolg!

      Übung: Schaue die Puppe beim Wörtersprechen an. Hierbei merkst du intuitiv, was richtig ist und natürlich aussieht. Durch Beobachtung und Korrektur kannst du der Puppe glaubhafte Sprechbewegungen geben. Die Koordination von „Hirn“ mit „Hand“ wird trainiert und miteinander verbunden. Man wundert sich manchmal, was die eigene Hand macht – oder eben nicht macht, obwohl man es doch will!

      Es gibt drei Grundregeln für gutes Sprechen einer Klappmaulpuppe:

       Pro Silbe einmal aufmachen

      Hierfür muss man jedes Wort in seine Silben aufteilen und dann den Mund der Puppe pro Silbe einmal öffnen. Das Wort „Haus“ hat nur eine Silbe, also gibt es nur eine Öffnung des Mundes. „Tür-öff-ner“ hingegen hat drei Silben, also wird der Mund dreimal dazu geöffnet. Wer diesen ersten Tipp umsetzt, hat schon viel gewonnen!

      Übung: Sprich mit deiner Puppe mehrsilbige Wörter. Fange mit einem einsilbigen Wort an: „Ohr“. Setze die Übung mit Wörtern fort, die jeweils eine Silbe mehr haben als das vorherige Wort: „Ohr-ring“, „schwer-hö-rig“, „Son-nen-bril-le“, „Füh-rer-schein-prü-fung“, „Hals-na-sen-oh-ren-arzt“ usw. Schaue dabei auf den Mund der Puppe und kontrolliere jede Silbe.

      Wer diese erste Regel zum Sprechen verfeinern möchte, kann zusätzlich Folgendes beachten: Bei allen Silben, die den Buchstaben „A“ beinhalten, öffnet sich der Mund der Puppe etwas weiter als bei allen anderen Vokalen.

      Übung: Um die größere „A-Öffnung“ zu üben, sprich mit deiner Puppe diese Wörter und öffne bei den Silben unterschiedlich weit: „A-bend-MAHL“, „A-bend-brot“, „MA-ler-werk-STATT“, „KRAN-ken-WA-gen“, „Ge-burts-TAGS-ein-LA-dung“, „Gut-ten TAG“.

      Bei den Übungen sollte der Puppenmund bewusst geöffnet und geschlossen werden, um die Silben mitzählen zu können. Bei längeren Wörtern klingt dies künstlich, weil es eine unnatürliche Sprechweise ist. Schneller sprechen allein hilft allerdings nicht: Die Puppe kann dabei zu „klappern“ anfangen und unschön mit dem Kopf wackeln. Es hilft, ihren Mund nach jeder Silbe nur halb zu schließen und bei der nächsten Silbe einen neuen Impuls zur Öffnung zu geben. Erst wenn das Wort oder der Satz beendet ist, schließt sich der Mund wieder komplett.

      Durch das Bewusstmachen der einzelnen Silben verbindet die Spielerin / der Spieler in der Übung die Sprache mit der Handbewegung. Doch darf die Puppe sich später im Spiel nicht wie ein Roboter anhören, der jede Silbe einzeln spricht (es sei denn, sie ist ein Roboter). Ein Satz sollte immer eine flüssige, natürliche Sprachmelodie haben, der man gern zuhört. Je natürlicher die Puppe spricht, desto besser. Natürlich ist, wie wir uns jeden Tag miteinander unterhalten – unnatürlich dagegen ist, wie man in der Grundschule oder vor dem Weihnachtsbaum auswendig gelernte Gedichte herunterleiert.