Strahlende Bahn, und umnachtete rings die Städt’ und die Fluren!
Sieh’, und alsbald fuhr, wie im Sommer der prasselnde Hagel
Dicht aus dem Luftraum stürzt, und die Aehrengefilde vernichtet,
Blitz auf Blitz’, im Donnergetümmel, auf jene herunter —
Nimmer rastend, bis sie nicht allein zerstöret im Schutte
Lagen mit allem Volk, das sie bewohnete, sondern
Unterirdische Glut, genährt von Schwefel und Erdharz,
Aus der berstenden Erde herauf, gleich Fluthen getrieben,
Sich auf die Felder ergoß, und rings Verderben zu schau’n war!
Abraham stand, an den Stamm der Eiche gelehnt, vor Erstaunen
Starr, und an jeglicher Nerv’ erbebend vor Angst und Entsetzen;
Hob die Hände zum Himmel empor, und wollte noch einmal
Fleh’n um Erbarmen — umsonst, ihm erstarb der Laut auf den Lippen.
Als er hinab auf den Jammer starrete, wogte der Flamme
Bläulicher Widerschein, erzeugt von des brennenden Schwefels
Odemerstickendem Qualm, auf seinen erblasseten Wangen.
Heiße Thränen umhüllten sie schon: denn Lot’s und der Seinen
Schrecklicher Tod schwebt’ ihm vor den Augen; nicht war ihm die Rettung
Seines Verwandten bekannt, er wähnt’ ihn verloren im Gluthmeer.
Jetzt verstummte der Sturm; die Wolken entschwanden; der Donner
Schwieg. Vom bläulichen Aether herab sah wieder die Sonne
Strahlenden Blick’s; doch ach, sie erhellt’ auf Sodomas Fluren
Und Gomorras nur qualerregende Schau der Zerstörung!
Dort, wo sonst die goldenen Halm’ im Hauche des Lüftchens
Wogten im Feld, die Gärten, mit Edens Reizen geschmücket,
Voll fruchttragender Bäum’ und gewürzreichduftender Blumen
Schimmerten, und auf der Weid’ unzählige Heerden, dem Eigner
Inner den Mauern der Städte zur Lust, sich letzten, bedeckte
Jetzt ein schwärzlicher See die Gefild’, um welchen sich rings her,
Völlig verödet und kahl, die versengeten Ufer erhoben.
Nie durchschwimmt die muntere Schar von gleitenden Fischen
Sein Gewässer: ein todtes Meer[18] genennet der Nachwelt
Noch, wo, bebend, der Wanderer einst die Spuren der Strafen
Gottes: am seichteren Strand aufragende Mauern und Pfeiler
Jener versunkenen Stadt’, umhüllt von harzigem Salzschlamm,
Schaut; im dürren Gefild von kränklichen Zweigen die Frucht bricht,
Die in der Hand alsbald in Staub und Asche zerstiebet,
Und nicht weilet daselbst in der weitumherrschenden Stille:
Denn er fühlt sich ergriffen von Angst und heimlichem Schauder,
Denkend der schrecklichen Schuld und der schweren Gerichte des Himmels.
Schon gedachte der Greis der Heimkehr, als er, verwundert,
Einen ergrauten Mann im Gefolg zwo blühender Mädchen,
Gegen sich kommen sah auf dem Seitenpfade der Felshöh’n.
„Wie,“ so begann er, und rieb sich noch mit den Fingern die Augen,
Klarer zu schau’n, da jen’ ihm naheten, „Lot — und die Töchter
Lot’s, errettet vom Herrn? O, Preis ihm auf immer und ewig!“
Sagt’ es, und ließ sich dann, vor Freude zitternd, im Sandstaub
Nieder, sie dort zu erwarten, bereit, mit Gruß und Umarmung.
Doch nun setzten auch sie, mit zögernden Schritten genahet,
Sich vor ihm hin, und Lot, ergriffen von schrecklichem Herzleid,
Streuete Staub auf sein grauendes Haupt, und weinte; die Töchter
Weinten mit ihm, ihr Aug’ im erhobenen Schleier verbergend.
Aber nach dauerndem Schweigen begann jetzt Abraham also:
„Jammer und Noth ist das Los des Sterblichen hier auf des Lebens
Dornenpfad’. Wohl ihm, so er schuldlos duldet — und dennoch
Muß er obsiegen dem Schmerz mit gottergebenem Herzen:
Dann ist der Trost ihm gewiß, und sicher des Ewigen Beifall.
Zwar ereilte vor uns die sündigen Städtebewohner
Dort entsetzliche Straf’; doch laßt uns gebeugt in dem Staub hier
Ehren die hohen Gerichte des Herrn, und rein uns bewahren
Von Vergehung und Schuld, daß uns nicht ein Gleiches geschehe.
Seine Macht errettete dich mit den Töchtern; nur seh’ ich
Deine Gattinn noch nicht: wird sie mit den Eidamen folgen?“
Furchtbarer schwieg nun Lot; doch endlich kündet’ er, schluchzend
Erst, dann, steigenden Grimm’s, dem Abraham Alles und Jedes,
Was sich mit ihm begab vor Sodoma’s grauser Zerstörung
Wie er die Fremden (die Bothen des Herrn: sie erschienen als Engel
Später ihm erst) gastfreundlich auf, in sein räumiges Haus nahm;
Wie die unendliche Schmach an ihnen das Volk zu verüben
Droht’, und er muthig sie schirmt’ in der Nacht, bis selbes geblendet
Heimzog; wie sie ihn mahnten, dem Gottesgericht zu entfliehen,
Schnell mit der Gattinn vereint, mit den Töchtern und ihren Verlobten,
Und ihn d’rauf, als dies’, ungläubig, verhöhnten die Mahnung,
Faßten am Arm, und die Gattinn zugleich mit den weinenden Töchtern,
Führten hinaus auf das Feld, und dort urplötzlich verschwanden.
„Doch, eh’ solches gescheh’n,“ so sprach er nach einigem Zögern,
„Warnten sie uns zwei Mal mit tieferschütterndem Laut noch,
Daß wir, fliehend, die Blicke nicht mehr zurück nach den Mauern
Wenden, an welchen der Herr, mit all den frechen Bewohnern
Sich zu rächen beschloß, schon jetzt, ob schändlichem Frevel.
Glücklich erreichten wir bald, Zoars, des sicheren Städtchens,
Marken auf eiliger Flucht: ach, da gedachte die Mutter
Meiner Kinder der Eidame noch, und des Goldes und Silbers
Das sie zu retten vergaß, und wandte die Schritte zur Stadt hin!
Plötzlich fuhr im brausenden Sturm ein Donnergewitter
Von dem Himmel herab: der Erd’ entströmte des Schwefels
Feuriger Brodem, vermengt der trübaufschäumenden Salzfluth;
Ueberall