Jesus. Timothy Keller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Timothy Keller
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Религиозные тексты
Год издания: 0
isbn: 9783765570889
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Lehrer war, glaube ich gerne, aber dass er Gott ist – nein.“ Das schafft aber ein Problem, denn die Lehre von Jesus gründet auf seiner Identität – auf dem, was er von sich selber behauptet, zu sein. Ihnen gefällt, was er über den Sabbat sagt? Es basiert darauf, dass er der Herr des Sabbats ist. Er ist die Quelle des Sabbats. Er ist der, der die Welt erschuf und dann am siebten Tage ruhte. Der Historiker und Theologe N.T. Wright drückt es so aus: „Wie kann man leben mit dem erschreckenden Gedanken, dass der Hurrikan Mensch geworden ist, das Feuer Fleisch, ja dass das Leben selber Leben wurde und unter uns wandelte? Der christliche Glaube bedeutet entweder dieses oder er bedeutet nichts. Er ist entweder die bis ins Mark gehende Enthüllung der tiefsten Realität der Welt oder ein Betrug, ein Unfug, eine Schmierenkomödie. Die meisten von uns schaffen es weder, das eine zu sagen, noch das andere und verurteilen sich so zu einem Leben in der Scheinwelt dazwischen.“26

      Wright hat recht. Ich glaube, letztendlich kann man jemanden, der solche Ansprüche erhebt wie Jesus, nicht einfach „ganz nett“ finden. Entweder er ist ein elender Lügner oder ein Verrückter, mit dem man nichts zu tun haben sollte – oder er ist der, der er zu sein behauptet, und dann muss mein ganzes Leben sich um ihn drehen und ich muss mich mit allem, was ich habe, ihm zu Füßen legen und sagen: „Herr, befiehl, ich folge dir.“ Oder befinden Sie sich in der „Scheinwelt dazwischen“, wie Wright sie nennt, in der man als ehrlicher Mensch nicht leben kann? Beten Sie zu Jesus, wenn Sie in Not sind, und vergessen ihn anschließend wieder, weil Sie zu beschäftigt sind? Entweder kann er Sie nicht hören, weil er nicht der ist, als der er sich bezeichnet – oder aber er ist der, der er zu sein vorgibt, und dann muss er der Fixpunkt Ihrer Weltkugel werden, das Zentrum, um das Ihr ganzes Leben sich dreht.

      Das Ende der Religion

      Am Ende dieser Auseinandersetzung über den Sabbat, die Jesus mit den Pharisäern führt, kommt ein bemerkenswerter Satz, mit dem Markus eines der Hauptthemen im Neuen Testament anspricht: „Da verließen die Pharisäer die Synagoge und trafen sich mit den Freun den und Anhängern des Königs Herodes. Sie berieten miteinander, wie sie Jesus töten könnten“ (Markus 3,6).

      Herodes war der schlimmste der korrupten Könige, die damals über Israel herrschten; er stand für die römische Besatzungsmacht und ihr politisches System. Die Römer setzten in den von ihnen eroberten Ländern eigene Herrscher ein. Und wohin sie kamen, brachten sie die griechische Kultur mit – die griechische Philosophie, die griechische Einstellung zur Sexualität und zum Körper, das griechische Wahrheitsverständnis. Die eroberten Völker wie die Israeliten empfanden dies oft als Angriff auf ihre Identität. Es kam zu kulturellen Widerstandsbewegungen – in Israel waren es unter anderem die Pharisäer, die die strikte Befolgung der hebräischen heiligen Schriften predigten und sich mit aller Kraft vor der Ansteckung durch das Heidentum zu schützen versuchten. Während die Anhänger des Herodes sozusagen mit der Zeit gingen, setzten sich die Pharisäer für die alte Tradition und ihre Werte ein; sie sahen ihre Gesellschaft akut von Pluralismus, von Unmoral und Heidentum bedroht und riefen zur Rückkehr zu den alten Werten auf. Schon seit Langem waren sie und die Anhänger des Herodes einander spinnefeind gewesen – doch jetzt werden sie sich plötzlich einig: Jesus muss weg. Und es sind sogar die Pharisäer, die Frommen, die die Initiative ergreifen.

      Das ist der Grund, warum ich glaube, dass sich in diesem Satz in Markus 3,6 eines der großen Themen des Neuen Testaments findet. Vom Evangelium von Jesus Christus fühlen sich die Religiösen und die Nichtreligiösen gleichermaßen angegriffen. Es lässt sich weder mit Moralismus noch mit Relativismus verbinden.

      Der „Tradition-und-Werte“-Fraktion, die von den Pharisäern verkörpert wird, geht es um moralische Konformität. Es geht darum, ein tadelloses Leben zu führen. Auf der anderen Seite steht die „progressive“ Fraktion, verkörpert von den Herodianern. Hier geht es darum, zu sich selbst zu finden; jeder muss selber entscheiden, was richtig für ihn ist. Die Bibel sagt, dass beide Haltungen den Menschen zu seinem eigenen Erlöser und Herrn machen. Beide stehen der Botschaft von Jesus feindlich gegenüber. Doch nicht nur das; beide führen in die Selbstgerechtigkeit. Der Moralist sagt: „Die guten Menschen sind in, und die Bösen sind out – und die Guten, das sind wir.“ Worauf der Relativist erwidert: „Nein, die Progressiven, Toleranten sind in, und die bigotten Moralprediger sind out – und die Toleranten, das sind wir.“ In der heutigen westlichliberalen Kultur grassiert die Verurteilung der Selbstgerechtigkeit durch Selbstgerechte. Wir Liberalen, Progressiven sind ja so viel besser als die Leute, die sich für etwas Besseres halten ... für die religiösen moralisierenden Typen, die auf andere herabsehen, kann man nur Verachtung übrig haben. Merken Sie die Ironie – der Relativismus und die Selbstverwirklichung führen genauso zu Überheblichkeit und Selbstgerechtigkeit wie religiöser Eifer.

      Das Evangelium sagt nicht: „Die Guten sind in und die Bösen out.“ Auch nicht: „Die Toleranten sind in und die Moralprediger out.“ Das Evangelium sagt, dass die Demütigen in sind und die Stolzen out. Das Evangelium sagt, dass die Menschen, die wissen, dass sie nicht besser, toleranter oder anständiger sind als die anderen, in sind, und dass die, die meinen, dass sie auf der richtigen Seite des moralischen Grabens stehen, sich in allerhöchster Gefahr befinden.

      Jesus selber sagt das in Markus 2,17 den Pharisäern: „Die Gesunden brauchen keinen Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, um Menschen in die Gemeinschaft mit Gott zu rufen, die ohne ihn leben – und nicht solche, die sich sowieso an seine Gebote halten.“ Wenn Jesus sagt, dass er nicht für die gekommen ist, die sowieso seine Gebote halten, dann meint er damit nicht, dass es Menschen gibt, die ihn nicht brauchen. Der Schlüssel zu dem, was er meint, ist, dass er sich selbst mit einem Arzt vergleicht. Wir gehen nur dann zum Arzt, wenn wir Gesundheitsprobleme haben, mit denen wir alleine nicht fertigwerden. Ein Arzt soll mir nicht nur ein paar Ratschläge geben, er soll mich behandeln. Es reicht nicht, dass er mir sagt: „Jawohl, Sie sind krank!“ Ich brauche Medizin.

      Die „Gerechten“, von denen Jesus hier redet, sind Menschen, die im geistlichen Sinne „nicht zum Arzt gehen“. Sie bilden sich ein, sich selbst heilen zu können, indem sie ein moralisch einwandfreies Leben führen. Sie bilden sich ein, keinen Seelenarzt zu brauchen, der in ihr Leiden eingreift und das tut, was sie selber nicht tun können. Jesus sagt hier, dass er nur denen hilft, die wissen, dass sie sich moralisch und geistlich nicht selber helfen können.

      Weil der Herr des Sabbats gesagt hat: „Es ist vollbracht“, können wir uns von den Mühen der Religion ausruhen – für immer.

      In einer seiner Predigten gab der bekannte englische Pastor Dick Lucas ein fiktives Gespräch zwischen einer Christin im alten Rom und ihrer Nachbarin wieder. Die Nachbarin sagt: „Ich hab gehört, du bist religiös geworden. Das find’ ich toll. Religion ist ja wirklich ganz wichtig. Wo ist denn euer Tempel?“

      „Wir haben keinen Tempel“, entgegnet die Christin. „Unser Tempel ist Jesus.“

      „Keinen Tempel? Wo tun denn dann eure Priester ihren Dienst?“ „Wir haben keine menschlichen Priester, die Mittler zwischen Gott und uns sind. Unser Priester ist Jesus.“

      „Keine Priester? Ja, wo bringt ihr dann eure Opfer dar, um euren Gott gnädig zu stimmen?“

      „Wir brauchen kein Opfer“, sagt die Christin. „Jesus ist unser Opfer.“

      „Mein Gott, was ist denn das für eine Religion?“

      Die Antwort: gar keine.

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