I.
Bau und Nuzzen der Brüste.
Sous un cou blanc, qui fait honte à l’albâtre,
Sont deux tetons séparés, faits au tour,
Allans, venans, arrondis par l’amour,
Leur boutonnet a la couleur des roses.
VOLTAIRE.
§. 1.
Einleitung.
Vermehrung und Fortpflanzung des Menschen, dieser höchste Zwek der Natur, hängt von der Vereinigung beider Geschlechter ab, von dem Manne und dem Weibe. Unter ihnen ist das leztere, als der edlere und vorzüglichere Theil, dazu bestimmt, daß aus seinen Eierstökken ein neuer Mensch zu seiner Wirklichkeit hervorgerufen werden, in der Gebärmutter bis zu der vierzigsten Woche wachsen, und nach dieser Zeit durch die Geburt unter die Zahl der übrigen Weltbürger gesezt werden soll.
Was in dem Innern eines Geschöpfes vorgehe, wann es sich der mächtigsten aller Regungen überlassen hat, und nun von einem zweiten befruchtet einem dritten das Leben giebt, — diese Frage hat allgemein und zu allen Zeiten die heiße Neugierde des Menschen gereizt, und in den Versuchen, dieses große Problem zu lösen, ist kein Zugang unbetreten geblieben, wenn man nur irgend wähnen konnte, daß er zu einem Aufschluß hierüber führen werde. Und doch dürfen wir uns keineswegs rühmen, jene Geheimnisse entschleiert zu haben. Einstweilen kommen die meisten Naturforscher darinnen überein, daß in dem vorher rohen ungebildeten Zeugungsstoff der organisirten Körper, nachdem er zu seiner Reife und an den Ort seiner Bestimmung gelangt ist, ein besonderer, dann lebenslang thätiger Trieb rege wird, ihre bestimmte Gestalt anfangs anzunehmen, dann immer zu erhalten, und wenn sie ja etwa verstümmelt worden, wo möglich wieder herzustellen. BLUMENBACH, der diese Theorie lehrte, nennt jene Lebenskraft den Bildungstrieb, und es läßt sich eben so wenig sein Daseyn, als seine Wirksamkeit in der belebten Schöpfung verkennen.
§. 2.
Mannichfaltig und in dem höchsten Grade zwekmäßig sind alle jene Theile, welche das weibliche Geschlecht von dem männlichen unterscheiden, und welche mehr oder weniger auf das Zeugungsgeschäfte Bezug haben. Eines der wichtigsten Glieder in der Reihe von Körpern, welche dem Frauenzimmer ausschließungsweise zugehören, besezzen die Brüste (mammae), jene beiden drüsigten Körper, in welchen die Milch, die erste Nahrung des neugebohrnen Kindes, zubereitet wird.
§. 3.
Lage der Brüste.
An dem mittlern und erhabensten Theil der vordern Fläche der Brust, gleich über dem großen Brustmuskel einer jeden Seite, findet man bei dem schönen Geschlechte, nach Erreichung der mannbaren Jahre bis in das Alter, zwei halbrunde Erhabenheiten, auf jeder Seite eine, welche etwas hart anzufühlen und beweglich sind. Ihr äußerster Umfang erstrekt sich der Länge nach von der Gegend des untern Randes der zweiten bis ohngefähr zur fünften wahren Rippe, der Queere nach aber nehmen sie den ganzen Raum zwischen dem Armgelenk und dem Brustbein ein. Bei Kindern beiderlei Geschlechts findet man selbst nicht den geringsten Unterschied in den Brüsten; bei erwachsenen Mannspersonen bleiben sie klein und flach, und bei dem erwachsenen Mädchen nehmen sie die Form eines größern oder kleinern Abschnitts einer Kugel an; mehrentheils sind sie halbrund. Im unverdorbenen, jungfräulichen Zustande äußern sie das Gefühl von Völle, Elastizität und Festigkeit.
§. 4.
Zahl der Brüste.
Alle lebendig gebährende Thiere, mit warmem Blute und mit Wirbelbeinen versehen, haben Brüste. Ihre Anzahl ist verschieden; nur der Mensch und wenige Thiere haben zwei, die meisten deren vier, zehen bis zwölf. Bei einigen Thieren liegen sie an der Brust, bei andern an dem Bauch und in der Inguinalgegend oder an beiden zugleich. Bei Männern finden wir eben so viel als bei Weibern; sie sind weniger erhaben, breiter und niedergedrükt, mit kleinern Drüsen versehen. Dem Weibe bestimmte die Natur die Brüste an den Thorax: daher sind seine Schlüsselbeine weniger gebogen, und seine obersten Rippen erhabener und breiter. Gemächlichkeit und Schönheit sind bei der Lage der weiblichen Brüste vereinigt. Die Nothwendigkeit erforderte deren zwei, weil nicht nur Zwillinge zuweilen gesäugt werden mußten, sondern damit auch bei Krankheiten und Verderbnissen der Brüste wenigstens eine noch gesund und brauchbar bliebe. Wenn das Kind beständig auf einer Seite nur gesäugt werden sollte, so waren bei den biegsamen Kopfknochen desselben mancherlei Ungestaltheiten zu befürchten. Ich selbst erinnere mich eines Beispiels, wo zufällig ein Knabe von seiner zärtlichen Mutter nur aus einer Brust zu trinken bekam. Er trug einen schiefen Hinterkopf davon.
§. 5.
Der Hof.
Als halbkugelrunde Körper haben die Brüste zwei verschiedene Flächen, deren die vorwärts gekehrte rund erhaben, und in der Mitte mit einer Warze, welche ein Hof oder Ringel umgiebt, versehen ist; dahingegen die hintere flach und selbst etwas ausgehöhlt ist, und auf dem großen Brustmuskel anliegt, mit welchem sie auch vermittelst des Zellgewebes verwachsen ist. Der Hof, Kreis oder Ringel (areola) ist in der Jugend bei der Jungfer rosenroth, mit zunehmenden Jahren wird er gelbbräunlich von Farbe. Wenn wir indessen hierinnen nicht selten eine Verschiedenheit bemerken, so beruht dieselbe auf der verschiedenen Farbe der Haare und der Konstituzion des Frauenzimmers. Die Substanz des Hofes ist weich, zellulös und mit einer sehr dünnen Haut umgeben. In der ganzen Fläche derselben sind eine große Menge kleiner Drüsen von dem einfachsten Bau zerstreut anzutreffen, welche eine Fettigkeit hergeben, die zur Verhütung und Linderung derer vom starken und langen Säugen der Kinder an der Warze leicht entstehenden Schmerzen sehr dienlich ist.
§. 6.
Die Warze.
Mitten in diesem bräunlichen Ringel befindet sich die Brustwarze (papilla). Man theilt sie in das Grundstük und die Spizze. Mit jenem erhebt sie sich etwas breit, diese ist etwas aufwärts gerichtet. Beide Warzen liegen nicht völlig in der Mitte beider Brüste, sondern etwas mehr nach außen zu, so daß die der rechten rechts, und die der linken links zu stehen kommt. Die Haut, welche die ganze erhabene Fläche der Brüste überzieht, und auch den flächern Warzenkreis bedekt, zieht sich in dessen Mitte um die vollrunde Erhabenheit der Warze zusammen, runzelt gleichsam in ein dichteres Gewebe ein, und bekommt eine andre Farbe. Man trifft auch in der Warze solche einfachen Fettdrüsen an, welche mit denen des Hofs einerlei Nuzzen haben. Die innere Höhle der Warzen