Die wichtigsten Dramen. Людвиг Тик. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Людвиг Тик
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027238385
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Sie werden Euch für einen blinden Passagier halten, der grade nicht Weisheit genug bei sich hat, um auf eine bessere Art fortzukommen.

      RATHGEBER. Wir sollten wenigstens die große Landstraße meiden.

      CLAUS. Narrheit geht nie anders. — Narrheit mit Weisheit, das ist die beste Gesellschaft.

      RATHGEBER. Ja, für den Narren, aber der weise Mann kömmt sehr dabei zu kurz.

      CLAUS. Ihr dürft ja nur an mir ein Beispiel nehmen, um immer noch mehr Abscheu vor der Narrheit zu bekommen. — Nun, eßt, eßt und trinkt und laßt es Euch wohl schmecken.

      Ulrich zu den Vorigen.

      ULRICH. Das ist ein verdammter Auftrag, den mir mein Herr gegeben hat, zu lauern, zu spähen, Gerüchte einzuziehen, mit einem Worte zu spionieren, was niemals meines Thuns gewesen ist. Da will er im Gebirge auf mich warten, bis ich ihm Nachricht bringen kann, ob sein Vater auf Marloff noch lebt, wie es in Friedheim steht, und doch soll ich den Orten nicht zu nahe kommen, daß man nichts merkt. Und, weiß der Satan, allenthalben, statt daß ich die Leute ausfrage, fragen sie mich aus, man sieht mirs an der Nase an, daß ich aus der Fremde komme, und ehe ichs mir versehe, sitze ich bis über die Ohren im Erzählen anstatt zuzuhören. Ei sieh, da ist ja Gesellschaft. Guten Tag, Landsleute.

      CLAUS. Schön Dank. Woher des Wegs!

      ULRICH. Weit her, kleines freundliches Männel.

      CLAUS. Das sieht man, Ihr seid von der Sonne verbrannt, kommt vielleicht gar aus dem Orient.

      ULRICH. Richtig, aus dem gelobten Lande, da haben wir die Heiden ein bissel gejagt, daß sies gespürt haben, und mein Herr — (für sich.) Schau, schau, alter Schwätzer, bist wieder auf dem graden Wege alles auszuplaudern.

      CLAUS. Wer ist Euer Herr?

      ULRICH. Das bleibt noch fürs erste ein Geheimniß. — Aber sagt, wißt Ihr, wo Marloff oder Friedheim zu liegt?

      CLAUS. Wir sind hier auch fremd; setzt Euch doch zu uns, und nehmt mit unsrer ländlichen Mahlzeit vorlieb.

      ULRICH. Herzlich gern. Da komm ich ja unversehens in eine besondre Compagnie. Wer seid Ihr denn?

      CLAUS. Wir sind Reisende, die auf der Landstraße fortzukommen suchen, bis sie den Ort ihrer Bestimmung erreicht haben.

      ULRICH. Ach so!

      Winfred zu den Vorigen, in bunter Tracht.

      WINFRED. Das ist ein lustiges Leben. Er hat sich als Meistersänger verkleidet, und ich bin sein Jongleur, und so haben wir schon Kirmsen und Jahrmärkte besucht, Händel gehabt, Spaß gemacht und tausend Narrheiten getrieben. Es wollen sich aber immer noch nicht die rechten Abentheuer finden lassen, die großen, gefährlichen, die Ruhm eintragen. — Hier ist ja doch der Ort, wo ich ihn erwarten sollte. Ja, richtig, bei der Eiche auf diesem Hügel. — Was ist denn das für eine ehrbare Gesellschaft dort? Nichts mag ich lieber, als die Leute schrauben; man glaubt nicht, wie selten der Witz in der Welt ist, die wenigsten merken es nur.

      ULRICH. So ist es. Nun hab ich Euch alles gesagt, denn Ihr seid ehrbare Leute, die den Fremden nicht ausforschen wollen: wer mir nun aber wieder mit einer naseweisen Frage angestochen kommt, der soll es mit mir zu thun haben.

      WINFRED. Guten Tag, Freunde. Wünsche guten Appetit.

      CLAUS. Danken.

      WINFRED. Ha ha ha! Eine possierliche Figur, der kleine pucklichte Zwerg! Und der Alte sieht aus wie die Zeit mit seinem ehrwürdigen Bart, wie Saturn, der eben einige Kinder gefressen hat, oder dem sie Steine untergeschoben haben, die er nur schwer verdauen kann.

      CLAUS. Wer seid Ihr denn, lustiger Camerad?

      WINFRED. Ich bin nicht dein Camerad, wenn ich auch dies buntfarbige Kleid trage; ich diene beim größten Sänger im Deutschen Reich als Jongleur.

      ULRICH. Was ist das für ein Amt?

      WINFRED. Das bedeutet den, der seine Gedichte absingt und deklamirt, und mit den Händen dazu arbeitet, bald die Leute rührt und zum Weinen bringt, dann wieder Lachen erregt, allerhand Sprünge und Tänze versteht, und sich so im Lande von seiner Kunst und durch seinen Herrn ernährt.

      ULRICH. Also ein Hanswurst? Habs gleich gedacht.

      WINFRED. Tölpel, ich will dich lehren, Unterschiede machen.

      ULRICH. Nicht so grob, Hanswurst, du hast erst schon über das kleine Männel gelacht und gespottet, hüte dich, daß du es nicht mit mir zu thun kriegst.

      WINFRED. Wer bist du, Großsprecher denn? Wohl einer von den Paladinen, Roland, oder Reinald von Mantalban, daß du das Maul so aufreißen darfst?

      ULRICH. Halunk du! Also wer ich bin, willst du wissen? Und kennst schon meinen Herren Reinhold, und schimpfst ihn mit Ekelnamen? Gleich mach dich fort!

      WINFRED. (zieht) Hier ist ein Schwerdt, das deinen Trotz verachtet, Bauer du!

      CLAUS. (packt zusammen) Kommt, Gevatter Rathgeber, hier ist nicht gut weilen.

      RATHGEBER. Friede ernährt, Unfriede verzehrt. (beide schnell ab.)

      ULRICH. Vor dir fürcht ich mich nicht. (sie fechten, Winfred fällt.) Siehst? Ich habs dir wohl voraus gesagt, naseweiser Bursche. (ab.)

      WINFRED. (allein) O weh! o weh! da fließt mein theures Blut! das war ein Hieb, als wenn er mir den Kof herunter schlüge. O über das verfluchte Abentheuersuchen! O verflucht sei die Stunde, in der ich ausgegangen bin! O weh, um mein Leben ist es gethan. Ich bin dahin.

      Leopold kömmt.

      LEOPOLD. Hier soll er seyn, ich versäume die Zeit mit Possen, und erfahre eben erst, daß die Alte jetzt nicht zu Hause ist, und das bei uns großes Hochzeitsfest war. — Wer winselt dort? Seid Ihr es, Junker? Was soll das?

      WINFRED. Sterbend trefft Ihr mich an, in eurem Dienste bin ich umgekommen, laßt uns hier zärtlichen Abschied nehmen.

      LEOPOLD. (verbindet ihm mit einem Tuch den Kopf) Die Wunde scheint nicht gefährlich, rafft Euch nur auf, Marloff ist nicht weit, es ist die höchste Zeit, daß wir hinkommen. Nun gerade hätt ich Eure Dienste nöthig.

      WINFRED. Helft mir auf. So, so. Ach, mein lieber Leopold, ich habe allen Muth verloren. Das war ein riesenhafter Kerl, der mich so zugerichtet hat. Sacht! Sacht!

      LEOPOLD. Lehnt Euch auf mich. Kommt, daß wir wo eintreten können und ihr euch erquickt. Verdammter Streich! Was habt Ihr denn gehabt?

      WINFRED. O weh! o sacht! o sacht! — Das Gaukeln, der Uebermuth sind mir schlecht bekommen. Ich will Euch alles erzählen, wenn wir unter Dach und Fach sind. (beide ab.)

       Inhaltsverzeichnis

      (Herberge an der Landstraße.)

       Hans von Marloff, Anton, Simon, Hugo, Agnes, Anne.

      HANS. So weit haben wir Euch mit Gottes Hülfe begleitet, und nun werden wir unter seinem Schutze wohl zurück reiten müssen.

      HUGO. Ich danke Euch für die Ehre, die Ihr mir dadurch erzeigt habt.

      HANS. Daß Euer Bruder Leopold nicht zu Hause war, daß er sogar die Hochzeit seiner Schwester versäumt hat, fällt mir aus mehr als einer Ursach schwer aufs Herz. Meine Tochter ist allein zu Hause; Herr Ritter ich habe böse Ahndungen.

      HUGO. Ahndungen muß man nicht trauen, sie hintergehn uns fast immer.

      SIMON. Du bist vergnügt, Schwester?

      AGNES. Recht sehr, wenn ich Euch nur nicht verlassen dürfte.

      ANTON. Ja, das ist nicht anders im menschlichen Leben, die Zeit bringt die Abwechselungen herbei.

      HANS. Ja wohl.