Die wichtigsten Dramen. Людвиг Тик. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Людвиг Тик
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027238385
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Ich kann wahrhaftig nicht, ich bin am ganzen Leibe wie zerschlagen.

      LEOPOLD. Deine Zunge lallt, rühr Dich, jetzt gilts. (er geht zu ihm.) Nur etwas, ein weniges nur, lieber Junker, mach mich vor den Leuten nicht zu Schanden, greif Dich mir zu Liebe etwas an.

      CASPAR. Guten Wein habt Ihr hergeschaft, Gott weiß woher, aber Euer Tandmann, Euer Pickelhering ist ein erbärmlicher Kerl, den müstet Ihr ins alte Eisen schmeißen, den Lumpenhund, der ist abgenutzt, und verdient keinen Trunk Wein mehr.

      WINFRED. (steht auf.) Ich komme ja schon. Wollt Ihr nun eine tragische Pantomime, edle Stellung und Schwung der Geberde, ein Bein im rechten Winkel vom Leibe weit weg gestreckt, und dann auf dem andern Fuße umgedreht, im großen Styl?

      CASPAR. Macht, was ihr machen könnt.

      WINFRED. (tanzt.) Nun seht, das ist was für den Kenner.

      CASPAR. Das ist nichts, nichts, wahre Lumperei.

      WINFRED. Für die Deklamation edler Gedichte seid Ihr auch nicht?

      CASPAR. Nichts da, — Katzensprünge, Bocksprünge, das ist unser Geschmack.

      WINFRED. (tanzt und springt.) Seht Freunde, das sind Künste, Gelt? (alle lachen.)

      CASPAR. Recht so! Was er die dünnen Beine kann durch einander werfen!

      WINFRED. (fällt nieder.) O weh! o weh! mein Kopf! mein Arm! Unglück über Unglück!

      LEOPOLD. Komm! hilf dir auf.

      WINFRED. Ade, ich gehe wieder auf mein Zimmer, ich bin für dergleichen nicht gemacht. Ich lege mich wieder zu Bett und will schlafen. (geht hinkend nach dem obern Gemach.)

      CASPAR. Ich kann kaum noch die Augen offen halten, — und die Beine liegen schon seit einer Stunde stockstill unter dem Tische. — Wo ist denn unser Gaukler? — Wahrlich, in die Erde hinein geschlagen, und verschwunden. — Je nun, eben so gut. —

      (schläft ein. Alle übrigen schlafen bereits.)

      Leopold. (singt vor der einen Thür.)

      Wer klopft an die Thür?

       Ich, Liebste, bin hier,

       Wo ist dein Gemach?

       Erkennst du mein Ach?

       Auf, liebst du mich kühn,

       So laß uns entfliehn,

       Schnell schwindet die Zeit

       Und Zögern gereut:

       Die Stunde vergeht,

       Dann ist es zu spät.

      Brigitte zeigt sich an der Thür.

      BRIGITTE. Leopold.

      LEOPOLD. Liebste Brigitte.

      BRIGITTE. Ich habe Euch schon lange an Eurer Stimme erkannt. Was wollt Ihr hier?

      LEOPOLD. Du kannst noch fragen? Folge mir, wenn Du mich liebst. Zwei Pferde stehn draußen gesattelt, alle schlafen, es ist Nacht; Dein Vater kehrt zurück, dort auf dem Tische liegen die Schlüssel der Burg.

      BRIGITTE. Ich sollte meinen alten Vater verlassen?

      LEOPOLD. Er wird nachher unsre Ehe segnen, aber vorerst müssen wir in Sicherheit seyn. Folgst du mir nicht, so lebe wohl, dann seh ich, daß du mich nie geliebt hast.

      BRIGITTE. Ich bin Dein.

      LEOPOLD. Eilen wir, ehe man uns übereilt. (er nimmt die Schlüssel, sie gehen ab; bald darauf hört man den Thürmer blasen.)

      CASPAR. (richtet sich etwas auf.) Was war denn das? — War das nicht der Thürmer? — Aber ich glaube, es hat mir nur geträumt. Was sagt Ihr, Spielmann? — Hanswurst, Ihr habt ganz Recht, ja, Ihr seid ein solider Mann. — Wie? — Richtig, ganz recht, das ist auch meine Meinung. (er legt sich wieder zum Schlafen hin; es bläst von neuem.) Nein, das ist kein Traum, — so lebhaft hat mir noch zeitlebens nichts geträumt. — Darnach muß ich sehen. — Wenn nur die Beine — Wie? Was ist das?

      Hans von Marloff tritt herein.

      Gott im Himmel! was ist denn das? Die Thore der Burg, alle Thüren sind offen! — Und hier! Wie sieht es hier aus! Caspar!

      CASPAR. Ja, Herr!

      HANS. Liegst du auch unter dem tollen Haufen?

      CASPAR. Ja, Herr!

      HANS. Caspar, ich bitte dich, — mach mich nicht toll, — mir schwindelt schon der alte Kopf, — steh auf! ich bitte dich.

      CASPAR. Herr, das wird so geschwinde nicht gehn. (richtet sich mühsam auf.)

      HANS. Laß mich nicht das Aergste fürchten, — Caspar, — meine Tochter —

      CASPAR. Ich habe immer ein Auge auf sie gehabt. Streng! streng!

      HANS. Aber wie kommt Ihr denn dazu —

      CASPAR. Herr, da war ein Spielmann hier, und der hatte einen so köstlichen Wein bei sich, — den Wein bracht er ins Haus, — und er hatte einen kranken Narren bei sich, — und da weiß ich nicht, wie es kam, aber kurz und gut —

      HANS. Es mag für diesmal gut seyn, aber ich muß nach meiner Tochter sehn. (ab.)

      CASPAR. Wo ist denn der Spielmann geblieben? — Ermuntert Euch, Kerl, sag ich, steht auf! (die Knechte erheben sich nach und nach und gehn) Der Spielmann — Caspar, Caspar! mir fängt an der Verstand wieder zu kommen, und ich merke Unrath, — ach! der arme Herr, wenn es wahr seyn sollte! Hans stürzt außer sich herein.

      HANS. Du Schurke! — du schlechter Kerl! Liebst du deinen Herren so? — O meine Tochter!

      CASPAR. Herr, — mäßigt Euch, Herr —

      HANS. Nein, ich will jetzt vor Zorn und Gram sterben! Ich will mich nicht mäßigen, damit ich nur das Unglück, die Schande nicht überlebe. — Meine Tochter, sie ist fort!

      CASPAR. Nimmermehr!

      HANS. Muß mir das begegnen, der ich mein Kind so liebte? — Schaff sie mir wieder, Caspar! — Fort! Geh mir aus den Augen, du Niederträchtiger!

      CASPAR. Herr, so habt Ihr mich noch nie gescholten, — aber ich verdiene, ganz verdien ich das.— O ich Dummkopf! O vergebt mir, mein Herr, faßt euch wieder; — ach nein! Ihr könnt mir nicht vergeben.

      HANS. Caspar, ist das deine Vernunft? Sind das deine Grundsätze, von denen du so viel sprechen konntest? — Wenn nur meine Brigitte da wäre! — Und wie konnte sich mein Kind so vergessen? — Mit dem Spielmann, mit einem Nichtswürdigen ist sie davon gelaufen?

      CASPAR. Es muß so seyn, Herr, denn ich sehe ihn nirgends. — Ach Gott! wie wird mir, da nun mein Verstand wieder kommt! Ich schäme mich vor Euch und vor mir, — ich möchte in Verzweiflung fallen, — o daß ich an dem Unglück Schuld bin! Ja mit dem Kopf möcht ich gegen die Mauer laufen! Und meinen lieben, guten, alten Herrn! O Sapperment!

      HANS. Mäßige dich, Caspar, fasse deine Vernunft zusammen, bleib bei dir.

      CASPAR. Giebt es denn keinen Trost, keine Hülfe?

      HANS. Ach nein! nein! O das wird mich noch wahnsinnig machen. — Es ist zu viel, zu viel, Caspar, wenn ich von neuem daran denke. Es ist mein Tod, ich fühls.

      CASPAR. Lieber gnädiger Herr, bedenkt Euer Alter.

      HANS. Ich mag nichts bedenken, du hast keine Tochter verloren, du hast gut sprechen. Und du bist Schuld daran! Einzig du! Du alter Spitzbube! Säuft sich voll in seinen alten Tagen, läßt sich zum Narren machen, der Esel!

      CASPAR. Soll ich ins Wasser laufen? Soll ich vom Thurm herunter springen? Befehlt doch nur, wie ich mich abstrafen soll, und ich wills ja von Herzen gerne thun, nur daß ich wieder Ruhe habe, daß ich Eure Vorwürfe nicht mehr höre. Nehmt doch auch Vernunft an, Herr, bester Herr, Ihr seyd ja auch schon in den Jahren und habt die Kinderschuhe vertreten. Ach du lieber Himmel!