Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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      »Vor drei Tagen«, versetzte der Arzt. »Und nun legen Sie sich schleunigst wieder hin. Sonst soll sich der Kuckuck um Sie kümmern.«

      Wyatt legte sich auf das Bett zurück und starrte gegen die Decke.

      »Wer ist Miß Lonegan?« fragte er leise.

      »Sie kam vor einer Woche mit ihrem Vater hier an. Der Mann war ein ganz dicker Viehhändler aus Omaha. War wohl in Geschäften unterwegs. Jetzt liegt er leider dort draußen auf dem Friedhof.«

      »Herzschlag?« fragte Wyatt.

      »Herzschuß«, erwiderte der Arzt trocken. »Der Mann spielte unten im Saloon und war dumm genug, sich mit einem abgerissenen Gambler einzulassen. Es war übrigens eine höllische Sache. Und der alte Lonegan zog zuerst. Aber der andere war schneller.«

      Wyatt fragte schnell: »Wie sah er aus?«

      »Hm, er war mittelgroß, ziemlich dick, hatte einen kahlen Schädel und…«

      »Ich meine den anderen.«

      »Ach, wie ein Gambler eben so aussieht. Aschblond und ziemlich abgerissen. Halt, da fällt mir ein, daß er eine uralte Uniformjacke trug.«

      Wyatt richtete sich auf. »Jim Borett!«

      »Ja, so nannte er sich. Kennen Sie ihn etwa?«

      »Yeah. Ich bin hinter ihm her. Er hat unten bei Wichita einen Mann erschossen.«

      Der Arzt nickte nachdenklich.

      »Ja, so sah er auch aus. In der Frühe des nächsten Morgens war er dann verschwunden. Und seitdem sitzt die bedauernswerte Frau hier und rennt jeden Tag stundenlang auf den Friedhof hinaus. Es geht nicht in ihren Kopf hinein, daß der Vater tot ist und daß sie ohne ihn nach Hause fahren muß.«

      Wyatt richtete sich auf und blickte den Arzt an.

      »Hören Sie, Doc, wie lange muß ich noch liegen?«

      »Das kommt darauf an. Das Ärgste haben Sie überstanden. Eine Woche müssen Sie jedenfalls noch bleiben. Machen Sie sich nichts draus, den Mann finden Sie schon noch.«

      »Sicher, fragt sich nur, ob es dann nicht schon zu spät ist.«

      Der Arzt ging zum Fenster, zog die Vorhänge zurück und ließ die frische Morgenluft ins Zimmer.

      »Hat einen ganz schönen Wirbel in der Stadt gegeben, als die Leute erfuhren, wer Sie sind. Drüben in Nelsons Bording-House hat sich einer erhängt. Er glaubte, Sie wären hinter ihm her. Und drunten in der Kansas-Kneipe fehlen seit Ihrer Ankunft zwei Stammgäste, die auch mehr Dreck auf dem Gewissen hatten, als ich Haare auf dem Kopf habe. Gibt doch eine Menge Leute, die ziemlich viel auf dem Kerbholz zu haben scheinen.«

      Wyatt schüttelte lächelnd den Kopf.

      Der Arzt sah nach dem Verband und erklärte, daß er am Abend noch einmal wiederkommen wolle.

      »Vergessen Sie vor allen Dingen nicht, daß Ihre Gesundheit wichtiger ist als alles andere, Mister Earp. Wenn Sie erst wieder reiten können, werden Sie Ihren Mann schon finden. Die Leute in der Stadt erzählen sich ja wahre Wunderdinge von Ihnen…«

      Es war still in dem Zimmer. Zwei Fliegen summten um die große Kerosinlampe, und von der Straße herauf drang hin und wieder das Geräusch von Stimmen, von Hufschlag oder von einem rollenden Wagen.

      Gegen Mittag brachte eine rundliche Frau mit grünen Kulleraugen ein kräftiges Mahl.

      Sie erzählte dem Kranken, daß sie die Tochter des Wirtes sei, daß sie später einmal das Haus erbe und eine Menge Verehrer in der Stadt habe.

      Der Tag verging nur langsam.

      Und als der Arzt am Abend seinen kurzen Besuch beendete, hätte Wyatt gern noch nach Miß Lonegan gefragt, aber er unterließ es.

      Still lag er auf dem Bett und blickte gegen die Decke. Seine Gedanken waren bei dem Mann, der nun schon einen Vorsprung von fast neun Tagen hatte. Aber alles Grübeln half nichts, es mußte durchgestanden werden. Die Schußverletzung war zu schlimm gewesen. Vielleicht wäre es wirklich besser gewesen, wenn er noch einige Tage in Ellingwood geblieben wäre.

      Als der Abend in die Stadt kam und seine weichen Schatten in dem Raum senkte, waren wieder Schritte auf dem Korridor.

      Aber sie gingen nicht vorüber wie sonst, sie verstummten vor der Tür. Ein leises Pochen drang an das Ohr des Mannes.

      »Ja?«

      Die Tür wurde geöffnet, und mit leichtem Schritt trat eine Frau ein. Es war Judy Lonegan. Sie blieb neben dem Bett stehen und blickte den Mann an. Ein stilles Lächeln stand in ihren Augen.

      »Es geht Ihnen besser, sehe ich.«

      »Ich glaube, ja.« Wyatt stützte sich auf den linken Ellbogen. »Ich möchte mich bei Ihnen bedanken, Miß Lonegan.«

      Die Frau winkte ab. »Das war doch selbstverständlich.« Nichts von dem großen Schmerz, den ihr der Tod des Vaters bereitete, war ihr anzumerken.

      Es war eine Weile still zwischen den beiden.

      Da sagte der Mann: »Wann werden Sie heimfahren?«

      Die Frau warf den Kopf mit einem Ruck hoch.

      »Heimfahren?« wiederholte sie rauh. »Ich werde hierbleiben, Mister Earp. An dem Tag, an dem Sie kamen, wollte ich die Overland nach Abilene nehmen. Aber als mir dann Mister Heath, der Hoteleigner sagte, wer Sie sind, bin ich geblieben.«

      Wyatt blickte die Frau an.

      Ihr Gesicht war plötzlich hart geworden. Ein dunkler Glanz stand in ihren Augen.

      »Ich konnte Ihnen einen Gefallen tun«, sagte sie, »und wenn Sie gesund sind, werde ich Sie um einen Gefallen bitten.«

      »Ich weiß«, versetzte der Missourier.

      Die Frau stieß den Kopf vor. »Was wissen Sie?«

      »Jim Borett hat Ihren Vater erschossen.«

      Judy Lonegan stand auf und trat nahe an das Bett des Mannes heran. Der Blick ihrer kühlen Augen ruhte in seinem Gesicht.

      »Ja, Mister Earp. Er hat ihn ermordet! Ich habe hinter den beiden gestanden und das Spiel beobachtet. Borett hatte eine Kreuzkarte im Ärmel. Er war es, der betrog. Die Leute sagen, mein Vater habe zum Colt gegriffen. Das stimmt nicht. Er hat nach der Stuhllehne gegriffen. Den Colt trug er nur, weil Männer in diesem Land eben eine Schußwaffe tragen müssen. Nie in seinem Leben hat er auch nur einen einzigen Schuß abgegeben. Borett hat ihn niedergeschossen wie einen Verbrecher. Ich werde nicht heimkehren, bevor der Mann nicht getötet worden ist. Meine Mutter ist vor sieben Jahren gestorben. Vater war mein Leben und meine Welt. Ich bin heimatlos durch seinen Tod geworden. Nur weil ein erbärmlicher Falschspieler dreihundert lumpige Bucks ergaunern wollte, mußte mein Vater sterben!«

      Wyatt legte sich zurück.

      »Jim Borett hat bei Wichita einen Rancher erschossen. Ich bin auf seiner Fährte.«

      »Es ist gut«, sagte die Frau, blickte eindringlich in das bleiche eingefallene Gesicht des Mannes und ging dann schließlich mit ganz festen Schritten hinaus.

      Diesmal mußte Wyatt sich noch volle fünf Tage gedulden, bis er wieder in den Sattel steigen konnte.

      Als er durch den Hof in die Mainstreet ritt, sah er oben an einem der Fenster des Hotels das starre Gesicht der Frau, deren unbeugsame Hoffnung ihn auf dem Ritt begleiten würde. Ob der Mann, dem er folgte, ihren Vater wirklich ermordet hatte? Wer hätte das sagen können. Die Leute behaupteten, Lonegan habe zuerst zum Colt gegriffen…

      Zwei Tage lang hatte der Missourier im Norden vor der Stadt versucht, die Spur des Mörders aufzufinden. Aber Jim Boretts Fährte schien verweht zu sein.

      Wyatt wandte sich nach Süden. Als er den Walnut-Creek erreichte, ritt er an seinem Ufer entlang nach Westen. Er wußte nicht, daß er jetzt auf der richtigen Spur war. Aber noch trennten ihn fast sechzig Meilen