Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
Скачать книгу
aus dem Schlamm ziehen.

      Immer mehr zog sich der Himmel zu, und unaufhaltsam fiel der Regen.

      Der Missourier hatte zwar seinen weiten Regenumhang um die Schultern geschnürt, aber das Wasser fand doch den Weg auf Brust und Rücken.

      Nach zwei Stunden war der Reiter völlig durchnäßt. Traurig hing die aufgequollene Hutkrempe vorn herunter und ergoß immer wieder einen Regenbach aufs Sattelhorn.

      Der Mann blinzelte unter der Hutkrempe hervor durch die Filterwand aus Wasser und Dunstschwaden, die längst einen grauweißen Nebel über das Land gebreitet hatte.

      Nirgends gab es einen Unterschlupf, keinen Baum, nicht einmal einen Strauch.

      Wyatt ritt unbewegt nach Westen. Der Abend kam, und übergangslos war die Nacht da.

      Unbeirrbar trottete der Falbe vorwärts. Auf dem Wagengleis, das der Reiter kaum noch sehen konnte.

      Nach Mitternacht endlich ließ der trommelnde Regen etwas nach.

      Mit zusammengebissenen Zähnen, hartem Gesicht und um die Zügelleine gekrallter Faust hielt der Reiter weiter nach Westen zu.

      *

      Als der Regen begann, ritt Jim Borett in die Hauptstraße von Sterling-Town ein.

      Es war eine kleine Stadt.

      In der Mainstreet hatten sich schon große Lachen gebildet, durch die schreiend ein paar kleine Jungen stoben.

      Die Menschen auf den Stepwalks huschten dicht an die hölzernen Häusergiebel gedrängt dahin.

      Und bald lag die Mainstreet wie leergefegt da.

      Ein großes Schild mit der Aufschrift »Saloon«, ragte von einem windschiefen Holzbau in die Straße hinein. Unter dem Vorbaudach saß auf einem Schaukelstuhl ein schlanker junger Mensch und blickte zu dem Reiter hinüber. Er hatte ein energisches Gesicht mit Falkenaugen, gebogener Nase, scharfem Mund und vorspringendem Kinn.

      Er trug eine braune Lederjoppe, ein rotes Hemd und enge blaue Lee-Riders-Hosen. Über den hochhackigen Absätzen saßen große silberne Sternradsporen, die er abwechselnd geräuschvoll über die Bohlen des Vorbaus zog.

      Borett hielt seinen Gaul vor dem Saloon an, stieg ab und betrat den Vorbau. Der Mann neben der Tür schaukelte weiter und ratschte seine Sporen über das Holz.

      Jim warf ihm einen kurzen Blick zu und grüßte. Dann machte er zwei Schritte auf ihn zu.

      »Wissen Sie hier Bescheid, Mister?«

      Der Mann öffnete den Mund und bleckte eine Reihe gelber Pferdezähne.

      »Was soll’s denn?«

      »Kennen Sie einen Mann in der Stadt, der Cass Baxter heißt?«

      Der andere schüttelte den Kopf.

      Borett quetschte einen Fluch durch die Zähne.

      »Na, dann die nächste Stadt!« murmelte er vor sich hin. »So geht’s weiter und weiter.«

      Der Sternsporenmann nahm sich eine lange dünne Virginia aus der Tasche, schob sie zwischen die gelben Zähne und blickte in den monoton rauschenden Regen hinaus.

      Plötzlich hörte Jim ihn sagen: »Was wollen Sie von ihm?«

      Borett lachte hart auf. »Ich habe mit ihm eine Rechnung zu begleichen.«

      Der Mann nahm den Kopf herum und sah den Fremden aus engen Augen an.

      »Aha«, sagte er.

      Dann stand er plötzlich auf, und als sich bei dieser Bewegung die Jacke vorn etwas öffnete, sah Jim auf der linken Hemdseite des Mannes einen silbernen Fünfzack.

      Siedenheiß schoß es ihm durch die Brust. Wild hämmerte es in seinen Schläfen. Er wandte sich ab und ging auf die Tür des Saloons zu, als er den Mann hinter sich sagen hörte: »Kommen Sie mit rüber.«

      Jim blickte über die Straße und sah drüben über der Tür eines weißgekalkten kleinen Steinhauses das Schild »Sheriff-Office«.

      Er warf einen schnellen Blick in die Falkenaugen des schlanken Mannes, der vor ihm stand.

      Der Sheriff setzte sich in Bewegung. Mit langsamen, typischen Reiterschritten überquerte er die Straße.

      Jim folgte ihm. Er wußte selbst nicht, weshalb er es tat. Er ging einfach mit. Obwohl er ganz plötzlich davon überzeugt war, daß er ausgespielt hatte. Zweifellos würde dieser scharfäugige Sheriff längst über den Postmorser seinen Steckbrief bekommen haben. Und daß es einen Steckbrief von Jim Borett gab, war ihm klar. Wenn auch kein Zeuge bei den Schüssen zugegen gewesen war, wenn auch niemand den Mörder kannte –, Jim Borett wußte unten in Wichita einen Mann, der nicht sehr lange brauchen würde, bis er den Mörder kannte und sich dann wie ein Wolf auf seine Fährte setzen würde. Dieser Mann war Wyatt Earp. Der gleiche Mann, mit dem er mehr als neunzig Meilen durch die Savanne geritten war. Den er wirklich bewundert und gehaßt und wieder gehaßt und bewundert hatte.

      Der Sheriff hatte inzwischen das Office erreicht, schob die Tür auf und wartete, bis Borett eingetreten war.

      Jim stand mitten im Raum und starrte auf den breiten Schreibtisch.

      Da ging der Sheriff an ihm vorbei auf einen Schrank zu und nahm eine Akte heraus.

      In diesem Augenblick stach es plötzlich wie ein Blitz durch das Hirn des Mannes: Noch bin ich frei! Noch stecke ich nicht drüben in dem steinernen Loch hinter dem Gitter! Niemand hat mich in die Stadt reiten sehen. Nur dieser verdammte Sternträger!

      Der Sheriff hatte inzwischen die Akte auf den Tisch gelegt. Er stand nur einen Yard vor Borett an der Stirnseite des Tisches.

      Und dann schlug der Mörder zu. Mit dem schweren Knauf seines Colts.

      Der harte Schlag traf den Hinterkopf des Sheriffs so fürchterlich, daß der Mann sofort zur Seite fiel. Er stürzte gegen Jim, krallte sich an dessen Jacke fest, und riß im Fallen einen Stoffetzen aus dem alten Soldatenrock.

      Dann lag er stumm am Boden.

      Borett riß die Akte an sich, verließ das Office und ging dann langsam und ruhig über die Straße. Er zog sich in seinen Sattel und ritt durch den rauschenden Regen davon.

      Erst nach mehreren Meilen hielt er an, zerrte die Papiere aus der Jacke, riß sie auseinander und starrte auf die mit sauberen Buchstaben untereinander geschriebenen Namen. Dann entglitten die Papiere seinen Händen. Mit stieren Blicken sah er vor sich hin und blickte gegen die Wand aus Dunst und Regen. Er hatte dem Sheriff von Sterling-Town für den Raub der Einwohnerliste den Schädel zertrümmert.

      Der Mann hatte ihm also nur einen Gefallen tun, für ihn die Namensliste durchsehen wollen. Das mit dem Steckbrief war also ein Hirngespinst gewesen…

      Mit gesenktem Kopf und eiskalten Gliedern ritt der Mann weiter.

      *

      Als sein Verfolger in Sterling-Town einritt, regnete es immer noch.

      Ein Rappe zog einen kleinen Wagen, auf dem ein Sarg stand. Trotz des Regens folgten dem Sarg fast hundert Menschen.

      Wyatt hielt an, um den traurigen Zug vorüber zu lassen.

      Ein uralter Mann, der über ein Vorbaugeländer lehnte und seine gelben Finger ineinander verkrallt hatte, blickte den vor Nässe triefenden Reiter an und sagte:

      »Da bringen Sie ihn weg. Er war der beste Sheriff, den die Stadt je gehabt hat…«

      Der Missourier stieg vom Pferd, band den Falben unter einem weit vorspringenden Vordach an und schwang sich zu dem Alten über das Geländer.

      Der schneuzte sich geräuschvoll die Nase.

      »Ich ging gern mit zum Friedhof. Aber ich kann nicht mehr laufen. Sie haben mir bei Gettysburg das rechte Bein weggeschossen.«

      Wyatt blickte dem stumm durch den Regen dahin trottenden Trauerzug nach.

      Als