Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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eines der roten Männer leise erzittern. Es war ein alter Mann. Sein Haar war weiß und sein Gesicht finster und hart; trotz der gräßlichen Bemalung sah man, daß es von unzähligen Falten zerrissen war. Das tiefbraune, funkelnde Auge haftete auf dem weißen Mann.

      Stille.

      Wyatt hütete sich eine Bewegung zu machen oder ein Wort zu sagen. Er wußte, daß die Roten es haßten, wenn man Eile zeigte und Unrast oder gar Angst verriet.

      Minuten strichen dahin. Endlich öffnete der Mann mit den drei Federn die Lippen. Zwei weiße Zahnreihen blitzen aus dem grelldunklen Farbgemisch seines Gesichts. Es war ein Gesicht, wie aus einem Holzklotz geschnitzt.

      »Hier ist das Land der Osagen«, brachte der Rote in den gutturalen Kehllauten seiner Rasse hervor.

      »Ich weiß«, versetzte der Missourier kühl.

      »Was sucht der weiße Mann hier?«

      »Ich folge einem Mann, der in der Stadt Wichita einen anderen Mann getötet hat.«

      Die Miene des Indianer-Chiefs blieb unbewegt.

      Wieder herrschte minutenlang Stille.

      Wyatt fühlte einen unangenehm stechenden Schmerz im Rücken. Aber um nichts in der Welt wäre er jetzt abgestiegen.

      Da hob der Häuptling plötzlich die Hand.

      Mit hellen Schreien stoben die Indianer auseinander und bildeten in weniger als einer Minute einen Kreis um den weißen Mann.

      Jetzt stieg Wyatt ab, ließ sich im Gras nieder und blickte den Häuptling gleichgültig an, der seinen Platz vor ihm nicht verlassen hatte.

      »Weshalb setzt sich das Blaßgesicht?« fragte der Rote.

      »Weil ich müde bin«, gab der Missourier zurück.

      »Steh auf«, befahl der Osage.

      »Weshalb?«

      »Weil ich mit dir sprechen will.«

      »Das kannst du auch so.«

      »Ich spreche nicht mit einem Blaßgesicht, das am Boden sitzt.«

      »Dann mußt du es lassen.«

      Ungerührt nahm Wyatt eine Zigarre aus seiner Tasche, riß ein Zündholz an und paffte große himmelblaue Tabakwolken vor sich hin.

      Der Rote blickte ihn schweigend an.

      Wyatt wußte, daß seine Lage höllisch war. Er war sich durchaus im klaren, daß eine Handbewegung des Häuptlings die sechs Osagen auf seinen Hals hetzen konnte.

      Aber er blieb gelassen und ruhig, blickte durch die Rauchwolken zu dem Häuptling hinüber und wartete ab. Er hatte sich so hingesetzt, daß die beiden Coltgriffe ziehbreit nach oben standen.

      So leicht sollte es den Rothäuten nicht werden!

      Er war ein Fatalist, der Deputy-Marshal aus Wichita. Aber außer seiner Kälte besaß er noch etwas, das er in die Waagschale zu werfen hatte. Seine Klugheit und seine Menschlichkeit.

      Kalten Herzens ließ er noch eine weitere Minute verstreichen und sagte dann in pathetischem Ton, wobei er eine weit ausholende Geste machte:

      »Es ist ein großes, schönes Land, das Reich der Osagen. Ich bin weit vom Osten hergekommen, um es sehen zu können. Drüben, hinter dem großen Fluß, haben mir die weißen Männer von diesem Land erzählt. Aber ich wäre vielleicht nie hierher gekommen, wenn ich nicht dem weißen Mann folgen müßte, der ein Mörder ist. Ich habe mich gefreut, euer schönes Land zu sehen. Und wenn ich wieder zurückkomme in meine Heimat, werde ich den Männern erzählen, daß ich nicht nur das schöne Land der Osagen gesehen, sondern auch die tapferen roten Männer selbst kennengelernt habe.«

      Der Häuptling blickte ihn starr an. Dann sagte er halblaut:

      »Du sprichst schöne Worte, weißer Mann. Was willst du mir damit sagen?«

      Der Missourier versetzte kalt:

      »Ich wollte dir sagen, daß ich mich gefreut habe, dem Häuptling der Osagen begegnet zu sein.«

      Da zuckte es plötzlich im Gesicht des Indianers. Langsam stieg er vom Pferd und kam mit gemessenen Schritten auf den Weißen zu.

      Wyatt erhob sich und erwartete ihn.

      Drei Yards vor ihm blieb der Rote stehen. Er senkte seinen Blick in die Augen des weißen Mannes.

      »Ich bin das Rote Pferd. Seit sechsmal zehn Sommern ziehe ich durch dieses Land und habe manchen weißen Mann gesehen. Es gab auch einige unter ihnen, die schöne Worte fanden. Dir will ich sagen, daß du gute Augen hast und daß ich darin lesen kann.«

      Wyatt hatte gemerkt, daß es ihm gelungen war, den Häuptling freundlich zu stimmen. Das nutzte er sofort aus.

      »Ich folge seit einer Reihe von Tagen einem weißen Mann, der eine alte Soldatenjacke trägt und ein braunes Pferd reitet.«

      Der Osagen-Chief sah Wyatt fest an.

      »Meine Späher haben diesen Mann gesehen. Er ritt jenseits dieser Hügel nach Westen.«

      »Weshalb habt ihr ihn ziehen lassen?«

      Da kroch ein unsäglich verächtliches Lächeln über das faltige Gesicht des alten Indianers.

      »Meine Krieger haben nur einmal mit den Blauröcken gekämpft. Wir sind nicht dumm genug, es noch einmal zu versuchen.«

      Wyatt nahm eine neue Zigarre aus der Tasche und reichte sie dem Roten.

      Der nahm sie, biß zum Entsetzen des Missouriers ein Stück davon ab und kaute darauf herum.

      Es hatte wenig Sinn, dem Indianer zu erklären, daß der Krieg längst vorüber war und daß ein Mann in einer blauen Jacke heute kaum noch zur Armee gehöre.

      Da Wyatt nichts überstürzen wollte, ließ er den Osagen ruhig kauen und fragte erst nach einer Weile:

      »Wo haben deine Späher den Mann gesehen?«

      »Einen halben Tagesritt von hier im Westen. Da wo die Hügel zu Ende sind und in weites, ebenes Land auslaufen.«

      Wyatt nickte. »Ich danke dir. Wenn du es erlaubst, werde ich jetzt weiterreiten.«

      Der Osage nickte. »Reite weiter, ich werde Manitu bitten, daß er dir hilft, den Mann zu finden.«

      Mit ruhigen Bewegungen stieg der Marshal auf sein Pferd. Er hob grüßend die Hand und ritt langsam durch den stummen Reiterkreis über den Hügel nach Westen davon. Froh, dieses heikle Abenteuer gut überstanden zu haben, machte er an diesem Abend schon sehr zeitig Rast.

      Als er am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich gestärkt und sehr erholt. Schon nach anderthalb Reitstunden sah er, daß sich die Hügelkette ihrem Ende zuneigte und, wie es der Indianer gesagt hatte, in eine Ebene auslief, die sich bis zum Horizont, von kniehohen gelben Gräsern bedeckt, nach Westen zog.

      Der Reiter ließ den Falben in einen leichten Trab fallen und entdeckte noch am Vormittag eine schwachbefahrene Wagenspur, die vom Fluß herkam und schnurgerade nach Westen führte. Die Straße erleichterte den Ritt, und der Reiter hatte Hoffnung, dem Mann, dem er folgte, an diesem Tag ein Stück näher zu kommen.

      Aber das Unglück, das den Missourier auf diesem Ritt begleitete, wollte ihn noch nicht verlassen. Ein neues Hindernis zog sich heran. Ein neues Hindernis, das den Ritt des Marshals gewaltig erschweren sollte, stand kurz bevor. Gegen Mittag zogen von Osten Wolken heran, bedeckten den Himmel in Windeseile und hingen bald dräuend, tiefgrau und regenschwer über der Prärie.

      Und dann brach es plötzlich, wie es nur in diesen Landstrichen geschieht, über den einsamen Reiter herein. Erst waren es nur dicke schwere Tropfen, die wie kleine Steine auf die breite Hutkrempe des Reiters fielen, dann kamen die Tropfen strichweise und trafen wie dünne Stockschläge das Gesicht des Mannes. Und nur wenige Minuten später öffnete der Himmel seine Schleusen und schickte einen wahren Trommelregen auf die Erde.

      Gierig