BOYET.
Ich gehorch' Euch im Augenblick. –
Der Brief ging fehl, von uns ward er keinem zugedacht;
Er ist für Jacquenetta.
PRINZESSIN.
Doch weil er uns gebracht,
Brich nur dem Wachs das Genick; nun lies, ihr alle gebt acht!
BOYET liest. »Beim Himmel, daß Du schön, ist untrugschlüßlich; wahr, daß Du reizend; Wahrhaftigkeit selbst, daß Du lieblich. O Du, schöner denn schön, reizender denn reizend, wahrhaftiger denn Wahrhaftigkeit selber, habe Erbarmung mit Deinem heroischen Vasallen! Der durchlauchtigste und allergroßmächtigste König Kophetua warf ein Auge auf die schelmische und unzweifelhafte Bettlerin Zenelophon: und eben derselbige war es, der da mit Fug konnte ausrufen: veni, vidi, vici; welches, dafern wir's zersetzen in Volkssprache (o niedrige und dunkle Volkssprache!), so viel als videlicet: er kam, sah und überwand. Er kam, eins; sah, zwei; überwand, drei. Wer kam? der König; weshalb kam er? zu sehen; weshalb sah er? zu überwinden; zu wem kam er? zu der Bettlerin; wen sah er? die Bettlerin; wen überwand er? die Bettlerin. Der Erfolg ist Sieg; auf wessen Seite? des Königs; die Gefangennehmung bereichert, auf wessen Seite? der Bettlerin. Die Katastrophe ist eine Vermählungsfeier, auf wessen Seite? des Königs? – Nein, auf beiden in einer, oder einer in beiden Seiten. Ich bin der König, denn so fodert es das Gleichnis; Du die Bettlerin, denn so zeuget Deine Niedrigkeit. Soll ich Deine Liebe erheischen? ich könnte es; soll ich Deine Liebe erzwingen? ich dürfte es; soll ich um Deine Liebe werben? ich will es. Was wirst Du eintauschen für Litzen? Spitzen; für Bürden? Würden; für Dich? – Mich! – Also, entgegenharrend Deiner Replik, profanier' ich meine Lippen an Deinen Fuß, meine Augen an Dein Konterfei, und mein Herz an Dein Allenthalb; Dein in der innigsten Dahingebung der Dienstbeflissenheit Don Adriano de Armado.«
Also brüllt des Nemäerlöwen Schlund
Nach dir, du Lamm, das seiner Mordlust Ziel;
Vor seinem stolzen Fuß sink' auf den Grund,
Und von dem Raubzeug neigt er sich zum Spiel.
Doch sträubst du dich, was wird aus dir, o Seele?
Fraß seiner Wut, Proviant für seine Höhle.
PRINZESSIN.
Wer ist der Wetterhahn, der Federbusch, der Quast?
Hörtet Ihr Beßres je? Wer hat den Brief verfaßt?
BOYET.
Wenn ich mich recht besinne, kenn' ich den harten Stil.
PRINZESSIN.
Ja, nennt ihn so! Selbst Knittel wär' immer nicht zu viel.
BOYET.
Armado ist's, ein Spanier, ein abgeschmackter Held,
Ein Phantast, ein Monarcho, dem König zugesellt
Und seinen Buchgenossen.
PRINZESSIN.
Mein Freund, hör' auf ein Wort!
Wer gab dir jenen Brief?
SCHÄDEL.
Wie ich Euch sagte, Mylord.
PRINZESSIN.
Wem solltest du ihn geben?
SCHÄDEL.
Von ihm an jenes Fräulein.
PRINZESSIN.
Von wem an welches Fräulein? –
SCHÄDEL.
Vom gnäd'gen Herrn Biron bin ich hieher gesandt.
An eine Dam' aus Frankreich, Lady Rosaline genannt.
PRINZESSIN.
Der Brief ward falsch bestellt. Ihr Herren, fort von hier;
Begnüge dich, mein Kind: bald wird der rechte dir.
Die Prinzessin mit ihrem Gefolge geht ab.
BOYET.
O sprich, wer ist der Geschoßne?
ROSALINE.
Sag' ich's Euch frei und offen? –
BOYET.
Ja, Ausbund aller Schönheit.
ROSALINE.
Der Hirsch, den sie getroffen.
Schön abpariert! –
BOYET.
Die Prinzessin schießt nach Hornwild, doch wirst du einst heiraten,
Zehn gegen eins, daß in dem Jahr die Hôrner trefflich geraten.
Pariere den! –
ROSALINE.
So hört, ich bin die Geschoßne.
BOYET.
Und wer ist der Jäger allhier? –
ROSALINE.
Er trägt sein Horn an der Hüfte, und nicht am Kopf wie Ihr.
Pariere den! –
MARIA.
Ihr ruht nicht, bis sie Euch trifft; wahrt Euch die Stirn mit dem Hut!
BOYET.
Sie selber traf man tiefer schon: nicht wahr, da zielt' ich gut?
ROSALINE. Soll ich gegen dich anrücken mit einem alten Reim, der schon ein Mann war, als König Pipin von Frankreich noch als ein kleiner Bube herumlief, was das Treffen anbelangt?
BOYET. Wenn ich mich verschanzen darf mit einem ebenso alten, der ein Weib war, als Königin Ginevra von Britannien noch ein kleines Mädchen, was das Treffen anbelangt?
ROSALINE.
Du kannst nicht treffen, treffen, treffen,
Du kannst nicht treffen, mein guter Hans.
BOYET.
Schon gut, ich kann nicht, kann nicht, kann nicht;
Kann ich's nicht, nun, ein andrer kann's.
Rosaline und Katharine ab.
SCHÄDEL.
Beim Element, recht lustig! – Wie gut die beiden sich hielten!
MARIA.
Die Scheiben trafen sie trefflich, sooft sie zusammenzielten.
BOYET.
Die Scheiben, sagt Ihr, Fräulein? Nun, daß wir nichts vergessen,
Der Scheibe gebührt ein Pflock, um recht den Schuß zu messen.
MARIA.
O weit nach links gefehlt! – Ihr seid jetzt nicht bei der Hand.
SCHÄDEL.
Jawohl, um die Mitte zu treffen, nehmt näher Euren Stand!
BOYET.
Ich nicht bei der Hand? Dann zeigt mir, wie Ihr den Pfeil regiert?
SCHÄDEL.
Gebt acht! Sie gewinnt den Kernschuß, der Pflock wird ruiniert.
MARIA.
Kommt, kommt, Ihr sprecht zu gröblich, den Anstand ganz verletzend!
SCHÄDEL.
Ihr trefft sie weder mit Schuß noch Stich, das Spiel ist nicht ergötzend.
BOYET.
So