Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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als sie in den Flieger nach Mallorca gestiegen ist.«

      Sie zog das Näschen kraus.

      »Und jetzt bin ich der glücklichste Mensch der Welt!«

      Vor der Pension blieben sie noch eine Weile stehen. Es war so unheimlich schwer, sich jetzt schon gute Nacht zu sagen, auch wenn ihre Zimmer gleich nebeneinander lagen. Aber schließlich mußte es sein. Es war ein langer Tag gewesen, und ihre Körper forderten den ihnen zustehenden Schlaf ein.

      »Also, dann schlaf schön«, wünschte Thomas und gab ihr einen Kuß. »Wir sehen uns morgen ja beim Frühstück.«

      Sie erwiderte seinen Kuß, dann gingen sie die Treppe hinauf und umarmten sich noch einmal innig.

      Vom Ende des Flures her drangen laute Schnarchgeräusche zu ihnen.

      Bianca deutete auf die Tür und schmunzelte: »Papa!«

      *

      Iris Heilmann starrte ungeduldig vor sich hin.

      Wie lange würde sie noch warten müssen, bis Thomas endlich da war?

      Nachdem er sich gestern überhaupt nicht gemeldet hatte – nicht einmal angerufen und sich nach ihrem Befinden erkundigt –, was sie zumindest erwartet hatte, verlor sie jetzt langsam die Geduld.

      Die junge Frau war so von sich eingenommen, daß sie tatsächlich geglaubt hatte, Thomas würde mit fliegenden Fahnen zu ihr eilen, sobald er ihre Nachricht erhalten hatte. Daß das nicht geschehen war, gab ihrem Selbstwertgefühl einen gehörigen Knacks. Sie verstand einfach nicht, daß er sich offenbar nicht so geschmeichelt fühlte, von ihr als Verlobter bezeichnet zu werden, daß er nichts Eiligeres zu tun hatte, als ihrem Ruf zu folgen.

      Eine ganz und gar ungewöhnliche Erfahrung für Iris Heilmann.

      Und dabei verspürte sie ein Gefühl, das sie bisher nur sehr selten empfunden hatte. Sie fühlte sich zu dem jungen Journalisten hingezogen, wie sie sich schon lange nicht mehr nach einem Mann hingezogen gefühlt hatte. Wenn sie die Augen schloß, sah sie sein Gesicht und verzehrte sich mit jeder Faser ihres Körpers nach ihm.

      Keinem anderen Mann wäre sie so einfach hinterhergefahren. Das stand fest. Bisher waren es immer die Männer gewesen, die ihr nachgelaufen waren.

      Und während die Sehnsucht nach Thomas Brandmayr immer größer wurde, verdammte sie das blöde Bett, in dem sie lag.

      Immerhin, Professor Haderer hatte angedeutet, daß sie bald schon entlassen werden könne. Wenigstens ein Lichtblick.

      Jetzt jedoch wartete sie ungeduldig.

      Da Thomas sich nicht meldete, hatte sie gleich nach dem Frühstück noch einmal in der Pension Stubler angerufen. Die Wirtin versicherte ihr, Thomas die Nachricht übermittelt zu haben. Mehr noch, er sei bereits unterwegs zum Krankenhaus.

      Iris langte nach dem Schminktäschchen auf dem Tisch neben ihrem Bett.

      Himmel, ich sehe ja fürchterlich aus, dachte sie, als sie ihr Gesicht in dem kleinen Spiegel betrachtete. Wenigstens würden keine Narben zurückbleiben, wenn der Wundschorf abfiel. Hatte zumindest der Professor gesagt, und Iris wollte ihm nur zu gerne glauben. Schließlich war ihr hübsches Gesicht das erste, worauf die Männer schauten.

      Rasch nahm sie die Puderdose, Lippenstift und etwas Rouge und schminkte sich. Die Haare, die sonst wie eine Löwenmähne wirkten, waren struppig und verfilzt. Sie mußten unbedingt gewaschen werden. Iris ging mit der Bürste durch. Das mußte reichen.

      Sie war gerade fertig geworden, als es an der Tür klopfte.

      »Herein«, rief sie erwartungsvoll und richtete sich im Bett auf.

      Thomas trat ein und blieb abwartend stehen. Eigentlich wußte er gar nicht, was er überhaupt hier sollte. Bevor er in der Nacht eingeschlafen war, hatte er überlegt, ob er Iris’ Anruf nicht einfach ignorieren sollte.

      Was hatte er mit ihr zu schaffen?

      Allein die Tatsache, daß sie ein paar Worte miteinander gewechselt hatten, bedeutete doch gar nichts.

      Als er zum Frühstück hinunterging, stand sein Entschluß fest, nicht ins Krankenhaus zu fahren. Sollte sie sich noch mal melden, würde er ihr am Telefon erklären, daß er sich weitere Anrufe verbitte. Doch da hatte Bianca schon ihren Eltern davon erzählt, daß Thomas in die Stadt fahren müsse, und sie deshalb den Vormittag mit ihnen verbringen würde.

      »Hoffentlich ist’s nix Schlimmes«, meinte Franz Lennard. »Das kann ganz schnell eine teure Angelegenheit werden, so ein Motorschaden.«

      Thomas hatte genickt und sich nach dem Frühstück doch auf den Weg gemacht.

      »Da bist du ja«, strahlte Iris ihm entgegen. »Schön, daß du gekommen bist.«

      Sie klopfte mit der flachen Hand auf die Bettdecke.

      »Komm her«, sagte sie und lächelte vielversprechend. »Ich beiß’ dich schon nicht.«

      Zögernd trat er an das Bett.

      »Kannst du mir mal erklären, was das alles soll?« fragte der Journalist.

      Iris rückte ein Stück beiseite und erwartete, daß er sich zu ihr auf das Bett setzte. Thomas jedoch zog sich einen Stuhl heran, auf dem er Platz nahm. Die junge Frau lächelte immer noch.

      »Was machst du hier?« wollte er wissen.

      »Ich hatte einen Autounfall«, antwortete sie. »Hat man dir das nicht ausgerichtet?«

      »Davon red’ ich net«, schüttelte Thomas den Kopf. »Ich will wissen, wieso du überhaupt nach St. Johann gekommen bist, und wer dir meine Adresse hier gegeben hat. Was für ein Spiel spielst du, Iris?«

      Sie sah ihn durchdringend an.

      »Kein Spiel, Thomas«, antwortete sie. »Wir hatten eine Verabredung, und weil du mich versetzt hast, wollte ich sie einfach nachholen.«

      Ihr Blick wurde noch ernster.

      »Ich bin nicht die Frau, die man so ohne weiteres warten läßt.«

      »Himmel, ich hab’ keine Ahnung, was du überhaupt von mir willst«, rief er.

      Ihre Hand griff nach seinem Arm.

      »Du bist wirklich schwer von Begriff«, sagte sie lachend. »Thomas, ich liebe dich! Hast du das nicht schon an dem Abend gemerkt, als wir uns kennengelernt haben? Was glaubst du wohl, warum ich hergekommen bin? Um ein Glas Wein mit dir zu trinken?«

      Ihr altes Selbstbewußtsein war zurückgekehrt.

      »Ich habe es nicht nötig, einem Mann nachzulaufen«, fuhr sie fort. »Es sei denn, es ist ein Mann, für den es sich lohnt.«

      Thomas verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln.

      »Ach, und du glaubst, so ein Mann wäre ich?«

      »Ja, Thomas«, sagte sie ernst. »Ich weiß es. Als du an dem Abend nicht zu unserer Verabredung gekommen bist, habe ich versucht, dich zu vergessen. Thomas Brandmayr, Journalist, abgehakt und erledigt. Aber ich konnte es nicht. Mit jeder Stunde wurde die Sehnsucht größer. Also habe ich mir deine Urlaubsanschrift besorgt – es gibt da jemanden in der Redaktion, der mir noch einen Gefallen schuldig war – und bin hierhergefahren, um dir zu sagen, was ich für dich empfinde.«

      Er schüttelte ungläubig den Kopf. Das war die verrückteste Geschichte, die er je gehört hatte. Kein Mensch würde ihm das abnehmen, wollte er es jemandem erzählen.

      Und genau das hatte ich vor, dachte er.

      Schon auf der Herfahrt hatte er sich vorgenommen, mit Bianca darüber zu sprechen, wenn er zurück war. Gewiß würde sie ihm seine Notlüge verzeihen, die er nur gebraucht hatte, um ihr nicht wehzutun. Doch jetzt war es völlig unmöglich. Kein Wort würde sie ihm glauben, im Gegenteil. Bianca würde ganz zu Recht vermuten, er habe sie hintergangen.

      Thomas wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, als die Tür geöffnet wurde