Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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schlug die Augen nieder.

      »Ich weiß, daß es falsch war, ohne ein Wort zu geh’n«, nickte er. »Und du mußt mir glauben, daß ich es oft bereut hab’. Aber damals war ich in einer Situation – der Streit mit Vater, seine Schläge. Ich hatte nur noch den Gedanken, ich müsse fort. Du weißt, wie gern ich Schauspieler werden wollte und wie sehr ich es gehaßt hab’, Bauer zu sein. An diesem Abend, du mußt es mir glauben, kam ein Entschluß, fortzugeh’n ganz plötzlich und ohne Überlegung. Ich hab’ rasch ein paar Sachen zusammengepackt und bin heimlich vom Hof. Natürlich hätt’ ich zu dir kommen können. Aber mal ehrlich, hättest du mich gehen lassen?«

      Burgl erwiderte seinen Blick.

      »Ich weiß es net«, antwortete sie nach einer Weile. »Ich weiß nur, daß ich dich mehr geliebt hab’ als alles andere auf der Welt.«

      Sie sagte es so ehrlich und bitter zugleich, daß es ihm einen tiefen Stich versetzte. Und noch etwas erkannte er in diesem Moment, als er an etwas denken mußte, was Pfarrer Trenker ihm gesagt hatte…

      Christian spürte, wie es ihm heiß und kalt über den Rücken lief. Er schaute ihr in die Augen, und seine Hand tastete nach der ihren.

      »Und du hast nie aufgehört, mich zu lieben, net wahr?« fragte er mir rauher Stimme.

      Sie nickte, und Tränen traten ihr in die Augen.

      »Net einen einzigen Tag«, flüsterte sie.

      Christian Corbian holte tief Luft.

      »Als ich hergekommen bin, da hab’ ich gedacht, es wär’ wegen Vater«, sagte er. »Aber jetzt weiß ich, daß es noch einen and’ren Grund gab, dem Ruf in die Heimat zu folgen… Du bist der Grund, Burgl.«

      »Sagst du’s nur, um mich zu trösten, oder ist’s dir wirklich ernst?«

      Er zog sie an sich und nickte.

      »Ja, Burgl, mein heiliger Ernst«, erwiderte er beinahe feierlich. »Tief in meinem Herzen spür’ ich, daß ich dich immer noch liebe. Es ist wie eine Sehnsucht, die jetzt erst ihre Erfüllung findet.«

      Zaghaft tasteten seine Finger über ihr Gesicht, berührten die Stirn, die Nasenspitze, ihren Mund. Und dann beugte er sich zu ihr und küßte sie.

      Wie flüssiges Feuer brannte dieser erste Kuß nach so langer Zeit auf ihren Lippen. Burgl schlang ihre Arme um ihn und strich ihm zärtlich über den Nacken.

      »Du ahnst net, wie lang’ ich auf diesen Augenblick gewartet hab’«, sagte sie und lehnte sich glücklich an ihn.

      Doch im nächsten Moment wurde dieser Zauber zerstört. Ein Auto hatte neben ihnen gehalten, und die Fahrerin war ausgestiegen. Im Schein der Straßenlaterne erkannte Christian ihr Gesicht.

      Es war Andrea Jorgensen.

      *

      »Willst du uns nicht bekannt machen?« fragte die Schauspielerin.

      Sie hatte die Tür zugeworfen und war um den Wagen herumgekommen. Ingrid Petzold blieb sitzen und schaute aus dem Fenster zu ihnen. Ihr Blick, der vor allem Christian galt, drückte Verachtung aus.

      Die Bauerstochter hatte sich unwillkürlich aus seinen Armen gelöst. Natürlich wußte sie, wer die Frau war.

      Und wenn sie hergekommen war, dann konnte das doch nur bedeuten, daß die Zeitungen doch nicht gelogen hatten!

      Burgl straffte sich.

      »Net nötig«, sagte sie. »Guten Abend, Frau Jorgensen.«

      Dann drehte sie sich um und ging davon.

      »Burgl, warte doch!« rief Christian.

      Doch sie hörte nicht und verschwand in der Menge der Gäste, die vor dem Hotel stand.

      Der Schauspieler drehte sich um.

      »Warum bist du hergekommen, Andrea?« fragte er.

      Die bildschöne Frau, Schwarm unzähliger Kinobesucher, atmete tief durch. Ihre Lippen zitterten.

      »Kannst du dir das nicht denken, Christian?« fragte sie zurück. »Weil ich Sehnsucht nach dir hatte. Ich wollte dich wiedersehen und dich mit meinem Besuch hier überraschen.«

      Sie biß sich auf die Lippe.

      »Aber ich bin offenbar im falschen Moment angekommen«, fügte sie mit bitterer Ironie hinzu.

      Er hob hilflos die Arme.

      »Andrea, ich hab’ net gewußt, wie ernst es dir ist«, sagte er. »Erst als du es mir deutlich am Telefon gesagt hast, da hab’ ich’s, glaub’ ich, begriffen. Aber auch wenn ich dir damit weh tu’, muß ich’s dir doch sagen, daß meine Gefühle für dich net so tief geh’n. Du weißt, daß ich dich mag. Ich hab’s genossen, mit dir zusammen zu sein. Aber ich liebe dich net.«

      Die Schauspielerin ließ sich nicht anmerken, wie sehr sie diese Worte trafen. Kerzengerade stand sie vor ihm und erwiderte seinen Blick. Doch in ihrem Innersten kochte es.

      Alles hatte sie sich vorstellen können, nur das nicht. Während der ganzen Fahrt hatte sie sich das Wiedersehen ausgemalt, sich vorgestellt, wie sehr Christian sich freuen würde.

      Und dann traf sie ihn in den Armen einer anderen Frau!

      Aber nicht nur das. Er erklärte ihr unverblümt, daß es keine Liebe sei, die sie verband, daß es nichts zwischen ihnen gäbe außer Freundschaft.

      Andrea wußte nicht, was sie mehr erzürnte, und am liebsten hätte sie ihre Wut laut herausgeschrien. Doch statt dessen drehte sie sich um und ging zu ihrem Auto zurück. Ohne ihn noch einmal anzusehen, stieg sie ein und startete den Motor, der gequält aufheulte, als sie mit quietschenden Reifen losfuhr.

      Christian blieb stehen und sah ihr nach.

      So hätt’s net kommen dürfen, dachte er. Wieder einmal hast du alles falsch gemacht. Damals, als du einfach fort bist, und heut’, als du Andrea einfach hast gehen lassen.

      Ihm war klar, daß sie diese Behandlung nicht verdient hatte. Genau wie Burgl, so hatte auch Andrea das Recht auf eine Erklärung. Doch jetzt war es zu spät.

      Mit hängenden Schultern ging er auf den Saal zurück. Am Tisch, an dem die Bauerstochter gesessen hatte, suchte er vergeblich nach ihr. Auch als er sich umschaute, konnte er sie nirgendwo entdecken. Nach einer Weile kam Franzi mit ihrem Verlobten von der Tanzfläche zurück.

      »Burgl?« antwortete sie auf seine Frage. »Die hat ihre Tasche genommen und ist gegangen. Was war denn eigentlich los? Sie wirkte ganz verstört.«

      »Eine dumme Geschichte«, antwortete er und wandte sich ab.

      Der Corbiansbauer saß immer noch am Honoratiorentisch und unterhielt sich glänzend.

      Christian beugte sich zu seinem Vater.

      »Bleib’ ruhig noch«, sagte er. »Ich hol’ dich nachher ab.«

      »Was gibt’s denn? Immer noch Ärger mit dem Sonnenlechner?«

      Der Schauspieler schüttelte den Kopf.

      »Mach’ dir keine Gedanken.«

      Draußen blieb er stehen. Bestimmt war Burgl nach Hause gegangen. Vielleicht sollte er hinterhergehen und versuchen, ihr alles zu erklären.

      Aber wahrscheinlich würde sie ihm gar nicht zuhören wollen. Sie mußte ja annehmen, daß die Gerüchte über ihn und Andrea doch der Wahrheit entsprachen und würde zutiefst gekränkt sein.

      Vielleicht konnte Pfarrer Trenker ihm raten, was er tun sollte. Zwar war es inzwischen schon später Abend, aber Hochwürden hatte ja gesagt, er könne jederzeit zu ihm kommen.

      Als er am Pfarrhaus ankam, sah er, daß noch Licht brannte. Christian drückt den Klingelknopf und wartete.

      Der Geistliche sah ihn fragend an.

      »Probleme mit dem Vater?« fragte