Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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eigensinnig den Kopf.

      »Nix da. Schließlich bin ich hergekommen, um zu arbeiten, net um zu faulenzen.«

      Allerdings fiel ihm das Aufstehen dann doch schwer. Am Abend zuvor war es sehr spät geworden. Aber das war ja auch nicht verwunderlich. Vater und Sohn hatten sich viel zu erzählen. Sechs Jahre waren eine lange Zeit, in der allerhand geschehen war. Nachdem zuerst Josef und dann Hanna schlafen gegangen waren, blieben Christian und sein Vater noch auf. Der Bauer hatte Fotoalben hervorgeholt, und sie schauten sich die alten Bilder an.

      »Die Hanna hat mir erzählt, daß du mit einer Frau zusammenlebst…«, meinte Vinzenz Corbian. »Wie heißt sie denn doch gleich?«

      Der Schauspieler sah auf und schmunzelte.

      »Du meinst Andrea Jorgensen.«

      Sein Vater nickte.

      »Ihr müßt net alles glauben, was in der Zeitung steht«, sagte er. »Es stimmt, Andrea und ich sind befreundet. Aber wir leben net zusammen.«

      »Ans Heiraten hast’ nie gedacht?«

      »Um Himmels willen, nein«, lachte Christian. »Dazu bin ich doch noch viel zu jung.«

      »Mit sechsundzwanzig?« fragte sein Vater. »Pah, da waren deine Mutter und ich schon drei Jahre verheiratet.«

      »Ach, damals waren’s ja auch and’re Zeiten.«

      Der Bauer schenkte noch einmal aus der Obstlerflasche, die auf dem Tisch stand, ein.

      »Das ist aber dann der letzte«, meinte sein Sohn. »Sonst find’ ich morgen früh wirklich net aus dem Bett. Und du machst bestimmt auch keinen guten Eindruck, wenn du mit einer Schnapsfahne zum Doktor kommst.«

      Vinzenz Corbian lachte.

      »Hoffentlich nehmen’s mir kein Blut ab.«

      Er kippte den Schnaps hinunter und wischte sich über die Lippen.

      »Sag’ mal, hast eigentlich in all den Jahren mal was von der Burgl gehört?« wollte er dann wissen. »Ihr wart euch doch mal gut.«

      Christian hatte das Glas in der Hand und drehte es hin und her.

      »Nein«, antwortete er, seltsam bewegt, »net ein Wort. Aber ich hab’ mich ja auch nie bei ihr gemeldet, nachdem ich fort bin.«

      Sein Vater nickte verstehend.

      »Sie ist immer noch net unter der Haube«, sagte er. »Ich glaub’, so ganz hat sie dich nie vergessen können, und jetzt, wo du ein berühmter Schauspieler bist, da traut sie sich wahrscheinlich net, an dich heranzutreten.«

      »Ich hab’ sie heut’ mittag getroffen«, erzählte Christian.

      »Tatsächlich?«

      »Ja, aber irgendwie war’s merkwürdig, als wir uns so gegenüberstanden. Eigentlich wußten wir gar net, worüber wir reden sollten.«

      Den ganzen Abend hatte er über diese Begegnung nachgedacht und sich gefragt, ob er sich Burgl gegenüber hätte anders verhalten müssen. Vielleicht hätte er sie in die Arme nehmen sollen, aber das konnte er doch nicht so einfach tun. Sie hatte ihm in keinster Weise signalisiert, daß sie nichts dagegen gehabt hätte.

      Wahrscheinlich ist sie mir immer noch bös’, daß ich damals so sang- und klanglos verschwunden bin, dachte er schließlich und nahm sich vor, bei Gelegenheit Burgl um ein Gespräch zu bitten, bei dem er ihr seine Beweggründe von damals erklären wollte.

      Nach einem letzten Glas war er schließlich in sein Zimmer gegangen und hatte sich schlafen gelegt. Jetzt, als er wieder aufstand, dröhnte sein Kopf, und die Augen wollten überhaupt nicht aufgehen.

      Ein starker Kaffee wäre jetzt genau das Richtige gewesen, aber auf dem Corbianshof galt, genau wie auf allen anderen Bauernhöfen, die Regel: Erst das Vieh, dann der Mensch.

      Zusammen mit seinem Vater und dem Knecht machte sich Christian daran, die Kühe zu melken, sie zu füttern und den Stall auszumisten. Die Behälter mit der frischen Milch wurden an die Straße gebracht, wo sie von dem Fahrer des Milchtankwagens umgefüllt würden. Danach mußten sie zurückgefahren und gereinigt werden.

      Die Sonne war schon aufgegangen, als die Männer in die Küche kamen, wo es nach Kaffee und gebratenen Eiern roch. Ein Duft, der Christian das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ.

      Nach einem ausgiebigen Frühstück fuhr er dann mit dem Knecht auf das Feld. Bis zum Mittag waren sie dort beschäftigt, aber die Arbeit machte so viel Spaß, daß der junge Schauspieler gar nicht bemerkte, wie schnell die Zeit verflog.

      »Heut’ nachmittag können wir in den Wald fahren«, meinte Josef Machner auf dem Rückweg zum Hof. »In der nächsten Woche sollen ein paar Bäume gefällt werden. Wir schau’n sie uns an und markieren die Stämme.«

      Christian war einverstanden, und freute sich schon darauf.

      Auch wenn er am Abend den ersten Tag auf dem Hof in seinen Knochen spürte, war er mit dem Verlauf doch zufrieden. Sein Vater hatte sich am Vormittag in die Praxis von Dr. Wiesinger begeben, der den Rücken gründlich untersuchte. Der Arzt drückte seine Hoffnung aus, daß der Schmerz bald nicht mehr so häufig auftreten würde.

      Abends saß man wieder zusammen, und der Bauernsohn erzählte von den vielen Kollegen und Kolleginnen, die er im Laufe seiner Karriere kennengelernt hatte. Doch als er dann endlich in sein Bett fiel, schloß er gleich die Augen und schlief auf der Stelle ein.

      *

      Hans Oberhofer blickte verwundert auf seine Tochter, die in der Küche stand und Geschirr abtrocknete. Der Bauer saß am Tisch und las in der Zeitung, als ein plötzlicher Knall ihn hochschrecken ließ. Burgl hatte einen Teller fallen lassen und starrte verstört auf die Scherben.

      Dann brach sie plötzlich in Tränen aus.

      »Madel, was ist denn los?« fragte der Vater. »Wein’ doch net wegen dem blöden Teller.«

      Seine Frau steckte den Kopf zur Tür herein und sah die Bescherung. Burgl hatte sich gebückt, um die Scherben aufzuheben.

      »Was ist denn passiert?« fragte sie.

      Die Bauerstochter schluchzte auf.

      »Laß mal, Kind«, sagte ihre Mutter. »Ich mach das schon.«

      Burgl nickte, wischte sich über das Gesicht und ging hinaus.

      »Was ist denn mit ihr los? Hast du eine Ahnung?« fragte Hans Oberhofer seine Frau. »Seit gestern kommt mir die Burgl irgendwie merkwürdig vor.«

      Maria nickte. Sie hatte nicht nur eine Ahnung, sie wußte genau, was in ihrer Tochter vorging.

      »Es ist wegen dem Christian«, antwortete sie.

      Nachdem Burgl am Vortag schon ein Gesicht gemacht hatte wie sieben Tage Regenwetter, nahm die Mutter sie beiseite und fragte, was los sei. Schluchzend berichtete Burgl ihr von der Begegnung mit Christian Corbian, die so ganz anders verlaufen war, als sie es sich immer vorgestellt hatte.

      »Fast hätte ich den Eindruck, es wär’ ihm peinlich gewesen, mich zu treffen«, hatte sie gesagt.

      Als ihr Mann jetzt nachfragte, erzählte Maria Oberhofer davon.

      »Himmeldonnerwetter noch mal!« schimpfte der Bauer. »Daß das Madel den Burschen auch net vergessen kann. Aber wie denn auch? Man braucht ja bloß in Burgls Zimmer geh’n, und da glotzt er einen von der Wand an. Am liebsten würd’ ich den ganzen Mist herunterreißen und alles tapezieren.«

      »Untersteh’ dich«, sagte seine Frau. »Die Burgl würd’s dir nie verzeih’n.«

      »Aber irgendwie muß sie doch von ihm loskommen«, beharrte Hans Oberhofer. »Die Burgl ist eine gestandene Frau, kein Backfisch mehr, der einen Star anhimmelt. Das ist doch net mehr normal in diesem Alter. Andere sind da längst verheiratet und haben Kinder.«

      »Der Florian ist auch noch net verheiratet«, wandte Maria ein. »Und bei