Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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als Anja das Arbeitszimmer des Bergpfarrers verließ, war er sicher, sie überzeugt zu haben. Sebastian freute sich darüber, daß die zwei jungen Menschen sich gefunden hatten. Anja brauchte einen starken Halt, um das Erlebte zu verkraften, und Florian war der Mann, der ihr diesen Halt geben konnte.

      Als sie das Pfarrhaus verließ, kam der Fotograf gerade den Kiesweg herauf. Er winkte ihr zu.

      »Guten Morgen«, begrüßte er sie und gab ihr einen Kuß. »Hast du gut geschlafen?«

      »Zuerst war’s net leicht«, gab sie zu. »Ich hab’ an so viele Dinge denken müssen.«

      Florian hatte ihre Hand genommen. Sie gingen zur Straße hinunter.

      »Ich weiß, daß du Zweifel hast«, sagte er. »Dieser Mann hat sich schuftig gegen dich benommen, und es ist nur logisch, wenn du vorsichtig bist.«

      Er blieb stehen und schaute sie an.

      »Aber ich bin net so«, versicherte er.

      Anja sah seine Augen, in denen soviel Liebe lag. Nein, diese Augen konnten nicht lügen. Und sie wollte ihm ja glauben, ihm und Pfarrer Trenker.

      Und vor allem wollte sie nicht an ihrem Glück vorbeigehen. Ein Glück, von dem sie nicht geglaubt hatte, daß es ihr noch jemals wieder begegnen würde.

      Anja schlang ihre Arme um seinen Hals und küßte ihn zärtlich.

      »Was unternehmen wir denn jetzt?« fragte Florian.

      »Vielleicht einfach nur irgendwohin spazierengehen«, antwortete sie.

      Florian nickte.

      »Ich weiß auch schon wohin«, erklärte er. »Mit den Fotos bin ich fertig, und eigentlich sollte jetzt der Urlaub anfangen. Aber ich hab’ da heut’ morgen was erfahren…«

      Während des Frühstücks hatte er sich mit Ria Stubler unterhalten. Die Pensionswirtin erzählte ihm von dem alten Jagdschloß Hubertusbrunn, im Ainringer Wald.

      »Das gehört unserem Herrn Pfarrer«, sagte sie.

      Der Fotograf war stutzig geworden.

      Dem Geistlichen gehörte ein Jagdschloß?

      Ria hatte geschmunzelt und ihm nach und nach die Zusammenhänge erklärt.

      Nach dem Tode des letzten Besitzers, Baron Maybach, war Hubertusbrunn jahrelang verwaist gewesen. Wie das Dörnröschenschloß lag es, unter Hecken versteckt, einsam und verlassen im Wald. Als Markus Bruckner, der umtriebige Bürgermeister des Ortes sich für den Besitz zu interessieren begann und daraus ein Spielcasino machen wollte, trat Pfarrer Trenker auf den Plan. Und just zu diesem Zeitpunkt stellte sich heraus, daß es doch einen Erben gab – besser gesagt eine Erbin. Die junge Frau lebte und arbeitete, ohne ihre wahre Herkunft zu ahnen, mit ihrer früheren Amme, die sie für die Mutter hielt, auf einem Bauernhof. Sie verliebte sich in den Sohn ihres Arbeitgebers, doch der Bauer hatte etwas gegen diese Verbindung. Erst der Bergpfarrer konnte Frieden stiften und dafür sorgen, daß das junge Paar heiraten durfte. Zum Dank schenkte das Madl ihm das Schloß im Wald, und Sebastian Trenker konnte sich einen lang gehegten Traum erfüllen – eine Begegnungsstätte für junge Menschen.

      »Das hört sich ja sehr romantisch an«, sagte Anja, als Florian ihr davon erzählte.

      Er nickte.

      »Und ich hab’ mir gedacht, daß so ein romantischer Ort genau das Richtige wäre für uns.«

      Der Fotograf hob die Hände.

      »Aber so ganz uneigennützlich ist mein Vorschlag doch net«, gab er zu. »Ich möcht’ mir das Schloß ansehen, ob es vielleicht lohnt, in den Bildband mit aufgenommen zu werden.«

      »Dann sollten wir uns gleich auf den Weg machen«, meinte Anja und hakte sich bei ihm unter.

      Sie fuhren mit seinem Auto in den Wald und stellten es auf einem kleinen Parkplatz ab. Ein Schild wies den Weg zum Schloß. Als sie schließlich davor standen, entrang sich ihnen ein bewundernder Laut.

      »Das ist ja fast wirklich wie im Märchen«, sage Anja.

      Florian nickte.

      »Ich werd’ Pfarrer Trenker fragen, ob ich hier auch fotografieren darf. Das ist einmalig!«

      *

      Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als es an Anjas Tür klopfte.

      »Frau Weilander«, hörte sie Sophie Tapperts Stimme. »Es ist Zeit, aufzustehen.«

      »Danke«, rief sie zurück. »Ich bin gleich soweit.«

      Anja war schon vor einer halben Stunde aufgewacht und hatte sich bereits angezogen. Die Wandersachen hatten sie am Vorabend herausgesucht, und jetzt trug sie eine dicke Cordhose, Pullover und Wanderstiefel. Eine Kapuzenjacke lag auf dem Sessel bereit. Ebenso ein Hut, gegen die Strahlen der Sonne.

      Als sie die Treppe herunterkam, stand Pfarrer Trenker in der Küche.

      »Trinken S’ ruhig einen Schluck Kaffee«, sagte er. »Und Frau Tappert hat Ihnen ein Brot gemacht. Es dauert, bis wir unterwegs frühstücken.«

      Dankbar nahm Anja das Brot und den Kaffee.

      Am Abend war sie früh schlafen gegangen; auch wenn sie sich fit fühlte, die Tour würde doch anstrengend werden, hatte der Geistliche gesagt.

      Nachdem sie vom Jagdschloß zurück waren, hatten Anja und Florian im Wirtshaus gegessen. Später waren sie in der Umgebung des Dorfes spaziert, hatten sich viele Dinge erzählt und unzählige Küsse getauscht.

      Zum Abendessen hatte Sebastian Trenker den jungen Mann ins Pfarrhaus eingeladen, und sie hatten über das Jagdschloß gesprochen.

      »Ich hätt’ Ihnen schon noch davon erzählt«, sagte der Geistliche. »Im Moment sind auch keine Jugendgruppen dort, soviel ich weiß. Ich werd’ dem Verwalter und seiner Frau Bescheid geben, daß Sie in den nächsten Tagen dort fotografieren werden.«

      Sie verbrachten den Abend in gemütlicher Runde und beschlossen, rechtzeitig ins Bett zu gehen. Jetzt fühlte sich Anja ausgeschlafen und freute sich auf die Bergtour.

      Nachdem sie den Kaffee getrunken hatten, verließen sie das Pfarrhaus und gingen den Kiesweg hinunter. Bis zur Pension Stubler waren es nur ein paar Minuten, und Florian kam ihnen schon entgegen.

      »Guten Morgen«, rief er und schwenkte unternehmungslustig seinen Hut.

      Anja erwiderte seinen Kuß, und Sebastian reichte einen der zwei Rucksäcke an den Fotografen weiter.

      »Bringen S’ nur keinen Proviant mit«, hatte er am Abend noch gesagt. »Die Frau Tappert packt immer reichlich ein.«

      Sie verließen das Dorf und marschierten zum Höllenbruch.

      »Das hört sich schlimmer an, als es ist«, hatte der Bergpfarrer geschmunzelt, als er anhand einer Karte die Route erklärte.

      Von dem kleinen Gehölz ging es weiter, den Bergwald hinauf, durch die Hohe Riest.

      »Hier haben sich in grauer Vorzeit angeblich Räuberbanden herumgetrieben«, erzählte Sebastian seinen Begleitern. »Heut’ treffen sich hier gern’ Liebespaare, wenn sie mal allein’ sein wollen.«

      Allmählich blieb der Wald hinter ihnen, und sie stiegen einen Pfad zu einer steilen Wiese hinauf. In der Luft lag ein betäubender Duft von Blumen und wilden Kräutern. Irgendwo in der Ferne hörte man das Bimmeln von Kuhglocken.

      Immer steiler ging es hinauf. Büsche und Felsen wurden umrundet, einem ausgetretenen Pfad gefolgt, und dann kamen sie zu einer Stelle, an der Schilder die Wege zu den verschiedenen Almen wiesen. Inzwischen war die Sonne aufgegangen, und die Wanderer merkten, wie sie ins Schwitzen kamen. Sebastian gab das Zeichen, die Jacken auszuziehen und sich umzuhängen. Lediglich die Hüte mußten auf den Köpfen bleiben. Nach gut drei Stunden erreichten sie eine Stelle, von wo aus sie einen herrlichen Blick ins Tal hatten.

      »Zeit zum Frühstücken«, meinte der Geistliche und schnallte den