Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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erklärte Sebastian Trenker. »Frau Weilander hatte einen schweren Autounfall und erholt sich jetzt hier ein bissel.«

      Normalerweise hätte er so etwas einem Fremden gegenüber nie erzählt. Aber dieser Florian Mahler gefiel ihm…, besonders die Art, wie er Anja angesehen hatte!

      Er blickte den Besucher an.

      »Was kann ich für Sie tun?«

      Der Fotograf lächelte.

      »Zwei Anliegen hab’ ich«, antwortete er. »Zum einen möcht’ ich Sie um Erlaubnis bitten, in der Kirche fotografieren zu dürfen. Natürlich nur, wenn keine Messe oder Publikumsverkehr ist.«

      »Kommen S’ doch erstmal herein«, lud der Seelsorger ihn ein. »Meine Haushälterin hat Kaffee gekocht. Sie trinken doch sicher eine Tasse mit?«

      »Gern’«, nickte Florian. »Ich hatte ohnehin vor, ein Café aufzusuchen. Allerdings wollte ich erst mit Ihnen sprechen.«

      »Nun, so schlagen S’ zwei Fliegen mit einer Klappe«, schmunzelte der Bergpfarrer und ließ ihn eintreten.

      Sophie Tappert hatte schon gehört, daß ein Besucher gekommen war und brachte ein zweites Gedeck auf die Terrasse. Dort stand schon ein prächtiger Apfelkuchen auf dem Gartentisch.

      »Setzen S’ sich«, deutete Sebastian und nahm ihm gegenüber Platz.

      Die Haushälterin schenkte Kaffee ein und verteilte den Kuchen, dann zog sie sich wieder zurück.

      »Ihre Bitte, in der Kirche fotografieren zu dürfen, läßt mich vermuten, daß es sich net um die üblichen Urlauberfotos handelt«, begann der Bergpfarrer das Gespräch.

      »Nein, ganz und gar net«, schüttelte Florian den Kopf und erzählte von dem geplanten Buchprojekt.

      Sebastian hörte interessiert zu. Natürlich würde er keine Einwände haben. Er freute sich immer, wenn Besucher in seine Kirche kamen, und durch die Veröffentlichung der Bilder würde das Gotteshaus von St. Johann bestimmt einen großen Bekanntheitsgrad bekommen. Vielleicht würden dadurch noch mehr Menschen angeregt, einmal hier ihren Urlaub zu verbringen.

      »Freilich dürfen S’ fotografieren«, sagte er, nachdem Florian geendet hatte. »Ich denk’, einen geeigneten Termin werden wir schon finden. Aber sagen S’, Herr Mahler, wie sind S’ denn ausgerechnet auf unsere Kirche gekommen? War es ein Zufall?«

      »Sagen S’ doch einfach Florian«, bat der junge Mann. »Der Pfarrer, der mich gefirmt hat, nennt mich heut’ auch immer noch beim Vornamen.«

      »Gern’«, lächelte Sebastian und stellte fest, daß Florian ihm immer besser gefiel.

      »Tja, vielleicht war’s wirklich ein Zufall«, meinte der Fotograf. »Oder Vorhersehung. Mein Kollege war am Samstagabend mit seiner Freundin in der Oper, und jetzt komm’ ich auf den zweiten Punkt zu sprechen, der mich zu ihnen geführt hat. In der Pause trafen sie einen gemeinsamen Bekannten, der Ihnen durch mich Grüße ausrichten läßt…«

      Florian hatte ein geheimnisvolles Gesicht gemacht. Sebastian überlegte indes. Es gab zahlreiche Leute, die er in München kannte. Allerdings nur wenige, die direkt etwas mit St. Johann zu tun hatten. Maria Devei, vielleicht, die bekannte Sängerin, die aus dem Alpendorf stammte, oder ihr Mann Richard. Der bekannte Kunstmaler Robert Demand und seine Frau oder Professor Bernhard…«

      »Ich will Sie net länger auf die Folter spannen«, sagte der junge Mann. »Professor Bernhard hat vor einiger Zeit Clarissa behandelt. Als sie in der Pause ins Gespräch kamen, wurde auch über den Fotoband geredet, und der Professor meinte gleich, daß das schönste Buch nix tauge, wenn Ihre Kirche net darin vertreten sei.«

      Noch einmal mußte Sebastian lachen.

      Der gute Ulrich Bernhard, das sah ihm ähnlich.

      »Da sieht man mal wieder, wie klein die Welt doch ist«, sagte er. »Professor Bernhard war der Doktorvater unseres Dorfarztes. Er schwärmt sehr für unsere Kirche. Ich kann mir gut vorstellen, wie sehr er darauf gedrungen hat, sie in den Bildband mit aufzunehmen.«

      »Und es war wirklich ein sehr guter Tip«, meinte Florian. »Ich könnt’ mir auch sehr gut eines der Fotos für den Schutzumschlag vorstellen. Aber erstmal müssen sie ja gemacht werden.«

      »Wie gesagt, meine Erlaubnis haben Sie«, bekräftigte der Geistliche noch einmal und schenkte Kaffee nach.

      Zwischendurch hatten sie sich den Kuchen schmecken lassen, und Florian hatte sich ganz begeistert davon gezeigt.

      »Ein toller Apfelkuchen«, sagte er. »Glauben S’, Ihre Haushälterin würd’ mir das Rezept verraten?«

      »Bestimmt«, nickte Sebastian. »Ihre Frau wird sicher auch begeistert sein.«

      Diesen Satz hatte er nicht ohne Hintergedanken gesagt. Und zu seiner Freude, die er jedoch verbarg, schüttelte Florian den Kopf.

      »Ich bin net verheiratet«, antwortete er. »Net einmal verbandelt. Ich versorg’ mich selbst, und im Kuchenbacken macht mir so leicht keiner was vor – Ihre Haushälterin natürlich ausgenommen.«

      »Wie viele Tage haben S’ denn für die Fotos veranschlagt?« erkundigte sich der Bergpfarrer.

      »Einen, höchstens zwei«, meinte der Fotograf. »Schließlich will ich ja noch etwas von meinem Urlaub haben.«

      Der gute Hirte von St. Johann hatte diese Frage gestellt, um herauszufinden, wie lange Florian bleiben würde. Daß er nicht schon morgen wieder abreiste, freute ihn natürlich sehr.

      »Ach, Sie sind auch auf Urlaub hier? Das ist doch sehr schön. Hätten S’ net einmal Lust, mit auf Bergtour zu gehen? Sportlich schauen S’ doch aus, und ich versprech’ Ihnen, daß Sie da viele Motive finden, die sich ein Fotograf nur wünschen kann.«

      »Ich hab’ schon von Ihrer Leidenschaft gehört«, schmunzelte Florian. »Meine Zimmerwirtin hat mir davon erzählt.«

      »Lassen S’ mich raten – Sie wohnen in der Pension Stubler.«

      »Stimmt! Und ich hatte wirklich vor, in meinem Urlaub eine Bergtour zu machen. Wandersachen hab’ ich extra eingepackt.«

      »Das ist doch prima. Dann machen S’ erstmal Ihre Fotos und dann verabreden wir was«, schlug Sebastian vor und überlegte schon, welche Tour er machen würde.

      Sie sollte nicht zu schwer sein, damit Anja sie mitgehen konnte…

      *

      Anja war immer noch ganz durcheinander, als sie das Wartezimmer in der Praxis Wiesinger betrat. Der Zusammenstoß mit dem jungen Mann hatte sie ganz aus dem Gleichgewicht gebracht…

      »Nehmen S’ noch einen Moment Platz«, hatte die freundliche Arzthelferin sie gebeten.

      Natürlich, dachte Anja und setzte sich in das leere Wartezimmer. Ich habe ja alle Zeit der Welt. Mich drängt nichts.

      Die Zeitschriften hatte sie gleich wieder aus der Hand gelegt, statt dessen schaute sie durch das Fenster hinaus und überlegte, was das für eine merkwürdige Fügung gewesen war, die sie hierher geführt hatte.

      Eigentlich hatte sie es dem Plakat zu verdanken. Wenn ihr das nicht aufgefallen wäre, dann säße sie jetzt nicht hier.

      Nachdem Pfarrer Trenker gestern das Gepäck aus dem Hotel geholt hatte, richtete sie sich in dem Gästezimmer ein. Der Anblick des frisch überzogenen Bettes weckte in ihr die Lust, sich hineinzulegen und die Augen zu schließen. Ohne daß sie es wirklich wollte, schlief sich tatsächlich ein. Es war schon später Nachmittag, als sie wieder erwachte und sich irritiert umschaute. Erst allmählich erinnerte sie sich.

      Schon die Nacht im Hotel war entspannt verlaufen, doch diese zwei Stunden fester Schlaf waren das Schönste, was ihr seit langer Zeit widerfahren war. Zum einen mochte dafür die Tatsache verantwortlich sein, daß es sich nicht um ein Bett in einem Krankenzimmer handelte, zum anderen die Gewißheit, daß sie hierbleiben konnte, ohne zu befürchten, das Zimmer schon bald wieder räumen zu müssen.