Die zweifelhafte Miss DeLancey. Carolyn Miller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Carolyn Miller
Издательство: Bookwire
Серия: Regency-Romantik
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783775174862
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Kennst du sie?«

      »Der Name sagt mir etwas«, meinte er. Möglich, dass er ihr irgendwann mal begegnet war, vor langer Zeit, als er noch ein anderer Mann in einer anderen Welt war.

      »Vielleicht hast du ja bald die Möglichkeit, es nachzuprüfen. Ich habe sie für Freitag eingeladen.«

      »Diesen Freitag?«

      »Ja.« Sie hob eine Braue. »Sag jetzt nicht, dass du nicht da bist.«

      Er lehnte sich zurück, sein Lächeln wurde echt. »Ganz richtig, ich werde nicht da sein.«

      »Aber Benjie! Sie macht so einen netten Eindruck und hat so ein liebes Lächeln.«

      »Wie auch immer, ich möchte sie nicht kennenlernen.«

      Mattie zog einen Schmollmund. »Wie kannst du nur so ungehobelt sein?«

      »Du hast ihr doch hoffentlich nicht gesagt, ich wäre da.«

      »Natürlich nicht.«

      »Dann sehe ich überhaupt kein Problem. Und überhaupt solltest du dich mit deinen Kuppeleiversuchen lieber auf George konzentrieren. Er braucht weiß Gott jemand, der bereit ist, über seine Arroganz hinwegzusehen.«

      Sie lachte, allerdings nur zögernd. »Du musst irgendwann heiraten, Benjie.«

      »Eines Tages, Mattie. Vergiss nicht, ich lasse mich nicht zwingen.«

      Sie griff nach seinem Arm und drückte ihn sanft. »Ich will doch nur, dass du glücklich bist.«

      »Ich bin glücklich.«

      Sie zog die Brauen hoch.

      Er sah hinüber zu Tessa, die ein ebenso zweifelndes Gesicht wie Mattie machte. Sein Gewissen regte sich. Er war seit seiner Rückkehr nie mehr so glücklich gewesen wie vor jener schicksalhaften letzten Fahrt. Aber er war zufrieden, meistens jedenfalls. Und war Zufriedenheit nicht fast gleichbedeutend mit Glücklichsein?

      Matilda seufzte. »Du kannst protestieren, so viel du willst. Mich überzeugst du nicht.«

      »Das liegt ganz bei dir.«

      »Aber einer Sache bin ich mir sicher.« Sie warf den blonden Kopf zurück. »Ich bin sicher, dass du Miss DeLancey bald begegnen wirst.«

      Damit stand sie auf und ging hinaus. Er blieb zurück und wunderte sich über ihre Entschlossenheit. Und da er wusste, dass sie meistens recht hatte, wurde ihm ein bisschen unbehaglich zumute.

       [ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Ornament

      Am nächsten Tag kam eine an Clara adressierte Nachricht mit einer Einladung zum Tee im Pfarrhaus am kommenden Freitag. Im Pfarrhaus? War Mrs McPherson etwa die Frau eines Geistlichen? Darauf wäre sie im Leben nicht gekommen. Waren denn Geistliche und ihre Frauen nicht durchweg unglaublich bieder und altmodisch? Wer hätte gedacht, dass eine Pfarrersfrau so vorlaut und freundlich sein konnte – und so frivol, dass sie sich sogar für Romane interessierte?

      Mutter runzelte die Stirn. »Du wirst hingehen müssen, wenn die Frau des Pfarrers dich eingeladen hat. Aber ich kann es trotzdem nicht gutheißen. Wo hast du sie denn kennengelernt?«

      »Bei Donaldson, Mutter.«

      »Hm. Vielleicht solltest du nicht mehr an solche Orte gehen, wenn du dort von Gott und der Welt belästigt wirst. Wo war denn Meg?«

      »Besorgungen machen, glaube ich.«

      »Nun ja«, Mutter tippte auf die Einladung, »ich kann nicht mitkommen. Ich habe für den Tag bereits Lady Osterleys Einladung zum Essen angenommen. Willst du mich wirklich nicht begleiten? Reginald müsste auch dort sein.«

      Noch ein Grund, nicht mitzugehen. Der einzige Mensch, der noch mehr Begabung für todlangweilige Gespräche hatte als Lady Osterley, war ihr Sohn. »Vielen Dank, Mutter, aber ich finde, ich muss Mrs McPhersons Einladung annehmen.«

      Mutter seufzte. »Ja, du solltest wohl hingehen. Aber nur dieses eine Mal. Ein Besuch müsste genügen, um dich von jeder weiteren Verpflichtung zu entbinden.«

      »Danke, Mutter.«

      »Trotzdem muss ich mich wundern. Aus welcher Familie stammt sie überhaupt?« Ihre Mutter runzelte schon wieder die Stirn. »McPherson? Ich kenne keine McPhersons, du?«

      Clara jetzt schon. Doch sie behielt es für sich und murmelte nur: »Ich glaube, ihr Mädchenname ist Kemsley.«

      Vater blickte nachdenklich von seiner Zeitung auf. »Kemsley? Woher kenne ich diesen Namen?«

      Noch eine Frage, die sie nicht beantworten konnte.

      Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. »Ich möchte nicht, dass du dich mit indiskutablen Leuten einlässt. Sie gehören doch zu unserer Schicht, oder? Du bist schließlich die Tochter eines Viscounts. Wir machen uns nicht mit jedem gemein, der uns kennenlernen möchte.«

      Wie konnte sie ihm das unerklärliche Ziehen in ihrem Herzen erklären? »Sie sind ganz bestimmt sehr achtbar.« Das war vielleicht ein wenig übertrieben. »Mrs McPherson war überaus freundlich und Miss Kemsley scheint ein liebes, schüchternes Mädchen zu sein.«

      »Aber wer hat euch bekannt gemacht?«, fragte Mutter mit hochgezogenen Brauen. »Ich verstehe das überhaupt nicht.«

      »Wie du schon sagtest, Mutter, wenn sie die Frau eines Geistlichen ist, wäre es unhöflich abzusagen.« Sie stand entschlossen auf, zwang sich zu lächeln. »Ich werde ihr schreiben und für Freitag zusagen.«

      Und bevor noch jemand etwas sagen konnte, floh sie.

      Freitag

      »Miss DeLancey, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie ich mich freue, dass Sie gekommen sind!«

      Clara lächelte und murmelte eine höfliche Antwort. Der Tag hatte sich jetzt schon als Überraschung erwiesen. Das alte Pfarrhaus, obschon von bescheidener Größe und Ausstattung, bot eine großartige Aussicht aufs Meer und die Kreidefelsen. Sie konnte von hier aus beinahe ihr Haus in der Royal Crescent auf der anderen Seite von Brighton sehen. Als Erstes hatte sie Mr McPherson kennengelernt, den Vikar der Sankt-Nicholas-Kirche, der mit seiner verhaltenen Sanftheit einen starken Gegensatz zu seiner lebhaften Frau bot. Er hatte sich jedoch schon bald entschuldigt und etwas von einem Krankenbesuch gemurmelt. Miss Kemsley war zwar schüchtern, hatte aber sehr freundlich geantwortet, als Clara sie nach ihrer Meinung über den ausgeliehenen Roman gefragt hatte. Sie hatte gemeint, er sei doch nicht so erschreckend gewesen, wie ihr Bruder ihn anfangs hingestellt habe.

      Clara hatte genickt. »Man kann dem Urteil eines anderen Menschen in diesen Dingen nicht immer trauen, nicht wahr? Wenn jemand ein Werk über alle Maßen lobt, ist man oft enttäuscht, und eine negative Ansicht ist oft ein beinahe sicherer Hinweis, dass der Roman sehr interessant ist. Man muss einander schon sehr ähnlich sein, um sich auf ein Urteil verlassen zu können.«

      »Oh, aber ich vertraue Benjie«, sagte Miss Kemsley, »auch wenn er so viel mutiger ist als ich.«

      Ihre schwesterliche Liebe zu dem jüngeren Bruder war sehr rührend. Claras Lächeln erlosch. Schade, dass sie ihren eigenen Bruder nicht mehr so hoch schätzen konnte.

      Das Gespräch floss überraschend leicht dahin, obwohl Clara damit gerechnet hatte, dass es sich sehr schnell dem Thema des Kirchenbesuchs zuwenden würde. Doch geistliche Themen waren überhaupt nicht berührt worden. Sie sprachen über Romane, Mode und die Attraktionen Londons verglichen mit denen von Brighton; harmlose Gespräche, die überall hätten stattfinden können.

      »Sie haben eine herrliche Aussicht«, sagte sie und blickte durch die großen Fenster