Tanja Schurkus
Schwester Melisse
Die Klosterfrau von Köln
© 2014 Brunnen Verlag Gießen
Lektorat: Eva-Maria Busch
Umschlagmotiv: Panthermedia; dieKleinert
Umschlaggestaltung: Sabine Schweda
Satz: DTP Brunnen
ISBN 978-3-7655-1804-1
eISBN 978-3-7655-7166-4
Inhalt
DIEU ET LIBERTÉ – GOTT UND FREIHEIT
„Ich bin nur eine arme, alte Klosterfrau“
ZWISCHEN KREUZ UND ADLER
1
Die drei Jungen drängten sich dicht aneinander, jeder fasste den anderen am Ärmel, an der Weste. Sie bestärkten sich so darin, dass sie das Bevorstehende nur gemeinsam tun würden. Die Angst teilten sie ebenso wie den Mut.
Sie nutzten den Schutz der Hausecke an der Olivengasse, ihre Blicke auf das Kasernentor gerichtet. Die Kompanie, die auf dem Neumarkt exerziert hatte, trampelte mit genagelten Stiefeln über das Pflaster, übertönt vom Spiel der Regimentsmusiker. Die Soldaten erhielten den Befehl zu einem Schwenk und passierten das Tor.
„Jetzt!“, feuerte einer der Jungen seine Freunde an.
„Nein, noch nicht!“ Der Älteste hielt die beiden anderen mit einer Geste zurück.
Schaulustige waren am Kasernentor stehen geblieben, manche wippten im Takt der Marschmusik. Zwei Hunde bellten. Nun hatten alle Soldaten dem Platz den Rücken zugedreht.
„Los!“ Die drei stürmten hinter der Hausecke hervor und riefen lauthals im Chor, der selbst die Musik übertönte: „Rote Kragen, nix im Magen! Goldne Tressen, nix zu fressen! Stinkpreußen!“
Und dann warfen sie die Pferdeäpfel, die sie gesammelt hatten. Markus schleuderte den ersten ziellos. Er wollte sich beweisen, dass er es wagte; doch dann sah er, dass Gustav sich einen Moment Zeit ließ, Maß nahm. Der Pferdeapfel, den er warf, traf einen der Marschierenden am Stiefel.
Noch einmal riefen sie: „Rote Kragen, nix im Magen! Goldne Tressen, nix zu fressen! Stinkpreußen!“ Einige Kinder, die der Musik gefolgt waren, fielen in den Spottvers ein, sprangen übermütig hinter den Soldaten herum.
„Ihr Janhagels!“, mahnte einer der Zuschauer, aber es klang gutmütig. Die Kinder sprachen aus, was die Erwachsenen nicht zu sagen wagten.
Gustav hatte sein zweites Geschoss geworfen und das Scheppern eines Metallteils vermeldete seinen Erfolg. Markus wollte ihn noch übertreffen. Also begnügte er sich nicht damit, aus der Entfernung auf gut Glück zu werfen, sondern näherte sich dem Kasernentor. Die Hand, in der er den getrockneten Pferdeapfel hielt, war vor Aufregung eiskalt. Er hatte den Unteroffizier ins Auge gefasst, der den Vorbeimarsch seiner Soldaten begutachtete. Wie nah musste er ihm kommen, um die Hand zu treffen, die am Seitschwert lag?
„Markus, komm!“, riefen die anderen, die ihre Munition schon verschossen hatten.
Seine Holzschuhe schienen plötzlich unförmig