Der Geisterjäger Staffel 3 – Gruselroman. Andrew Hathaway. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andrew Hathaway
Издательство: Bookwire
Серия: Der Geisterjäger Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740937133
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eigentlich so aussehen mußte wie der Geisterdetektiv. Dennoch hielt sie ihn für einen verschrobenen Spinner, der durch seine Tätigkeit die Verbindung zur Wirklichkeit verloren hatte.

      Wie sehr sie sich in diesem Punkt irrte, sollte sie erst merken, als es schon zu spät war.

      Es war zwar Samstag, aber Angelina hatte keinen freien Tag. Gerade jetzt standen wichtige Modeaufnahmen für die Herbstkollektion ins Haus. Sie arbeitete fast vierundzwanzig Stunden rund um die Uhr. Dieses Familientreffen am Vorabend hatte sie ohnedies viel Zeit gekostet.

      Sie stimmte sich mit Johnny ab. Johnny Hart war ihr Lieblingsfotograf. Die beiden waren ein perfektes Team.

      Um fünf Uhr nachmittags trafen sie sich an den Londoner Docks. Abseits des mondänen Teils der Stadt führten sie mondäne Mode vor.

      »Du wirst sehen, das wird ein Knüller!« behauptete Johnny, während er die Belichtung maß. »Auf den schmutzigen, halb verfallenen Docks stehst du, blendend schön, modern, frisch. Und du führst keine Kleider vor, sondern du bist einfach da. Stell dir vor, du stehst hier und wartest auf Schiffe. Herrliche Schiffe, die dich in ferne Länder bringen.«

      Während der Fotograf seine Apparate aufbaute, Filme einlegte und seinen Helfern die letzten Anweisungen durch Handzeichen gab, redete er ununterbrochen auf das Fotomodell ein, damit sie in die richtige Stimmung kam.

      Angelina Egmonton schloß die Augen und stellte sich alles Schöne vor, das Johnny ihr ausmalte. Sie vergaß ihre Umgebung, löste sich von der tristen Wirklichkeit und schwebte innerlich in einer anderen Dimension – Palmen, blaues Meer, wolkenloser Himmel, weißer Strand und was Johnny ihr noch alles mit seiner beschwörenden Stimme einredete.

      Die Assistenten nickten einander anerkennend zu. Johnny Hart war begeistert. Heute klappte es ausnehmend gut, besser als sonst. Er fotografierte pausenlos, wechselte die Kameras, die Filme, die Einstellungen.

      »Das werden die besten Fotos seit Jahren«, murmelte Johnny und griff soeben nach dem nächsten Fotoapparat, als eine seiner Helferinnen zusammenzuckte.

      »Was ist denn das?« murmelte sie fassungslos.

      Nun sah auch Hart die schemenhafte Gestalt, die sich auf dem Pier näherte. Eine Frau, altmodich gekleidet, bleiches Gesicht, straff zurückgekämmte Haare, entrückter Ausdruck.

      Er kümmerte sich nicht weiter um die Fremde. »Haltet sie mir vom Leib«, sagte er nur und fotografierte weiter. Noch immer gaukelte er seinem Starmodell die schönsten Dinge vor.

      Johnny Hart sah alles durch seine Kamera, auch die bleiche Frau, die blitzartig neben dem Fotomodell auftauchte. Er hielt den Finger auf dem Auslöser, der Motor des Fotoapparates surrte, zog den Film durch. Ein Bild nach dem anderen wurde belichtet, zwei in der Sekunde.

      Sie hielten haargenau in allen Einzelheiten fest, wie sich die Hände der Fremden um Angelina Egmontons Hals legten, wie Angelina die Augen aufriß, viel zu spät begriff, zusammenbrach.

      Das ganze Team stand wie gelähmt da. Zu ungeheuerlich war dieser Mord vor den Augen so vieler Zeugen.

      Erst als Angelina Egmonton bereits tot war, lösten sich die Menschen aus ihrer Erstarrung. Johnny Hart ließ den Fotoapparat sinken.

      »Haltet sie auf!« brüllte er.

      Sie nahmen die Verfolgung auf, hetzten aber vergeblich hinter der bleichen Frau her. Sie berührte beim Gehen kaum den Boden und schwebte auf einen schwarzen Lieferwagen zu, der hinter einem der Dockgebäude auf sie wartete. Wieder fotografierte Hart.

      Die entsetzten Zeugen des Mordes sahen noch, wie die Mörderin in den Wagen glitt. Die Türen schlossen sich von allein. Mit einem Ruck setzte sich der Lieferwagen in Bewegung und war verschwunden, ehe jemand auf den Gedanken kam, mit einem Auto die Verfolgung aufzunehmen.

      Als der Anruf von einer Telefonzelle aus bei der Polizei eintraf, war es längst zu spät. Der Lieferwagen mit der Mörderin war im Verkehrsgewühl der Londoner City untergetaucht.

      *

      Rick Masters fuhr zu Hazel Kent. Ihr Büro war im Hochhaus der Kent-Werke in der City untergebracht. Rick stellte seinen Wagen in die Tiefgarage und fuhr in die Chefetage hinauf.

      Mrs. Penning, Hazels Sekretärin, hielt ihn zurück. »Mrs. Kent hat gerade eine wichtige Besprechung«, sagte sie lächelnd. »Wenn Sie solange warten wollen.«

      Daran war Rick gewöhnt. Hazel mußte sich bei ihm darauf einstellen, daß ihn seine Arbeit rund um die Uhr verfolgte. Dafür mußte er akzeptieren, daß sie oft keine Zeit für ihn hatte, weil die Leitung eines so großen Konzerns ganzen Einsatz forderte. Wahrscheinlich verstanden sie einander deshalb so gut, weil sie ähnliche Probleme hatten.

      Als Hazel endlich aus ihrem Büro trat, wirkte sie ziemlich erschöpft. Sie begrüßte Rick und Dracula. »Ich bin heute ohne Wagen ins Büro gekommen«, sagte sie, als sie im Aufzug nach unten fuhren. »Du kannst mich nach Hause bringen. Oder hast du etwas vor?«

      Rick schüttelte den Kopf. »Ich wollte die nur erzählen, was sich inzwischen getan hat«, meinte er.

      In Stichworten gab er ihr einen Überblick, während sie die Tiefgarage verließen und sich in den dichten Abendverkehr einfädelten. Es war Rush-hour. Da es eine Privatfahrt war, durfte Rick weder Blaulicht noch Sirene einsetzen. Sie hatten genügend Zeit, um über den Fall zu sprechen.

      »Die Idee, die gefährdeten Personen überwachen zu lassen, ist gut«, meinte Hazel, als sie alles gehört hatte. »Wahrscheinlich die einzige Möglichkeit.«

      »Aber nur eine hauchdünne Chance«, erwiderte Rick niedergeschlagen. »Ich warte nämlich auf eine Schreckensnachricht.«

      »Du siehst zu schwarz«, setzte Hazel an und wollte noch etwas hinzufügen, doch Rick hob hastig die Hand.

      Wenn er einen aktuellen Fall verfolgte, ließ er das Funkgerät in seinem Wagen ständig eingeschaltet. Der Lautsprecher spuckte laufend die Meldungen aus.

      Rick hatte einen sechsten Sinn für Durchsagen entwickelt, die ihn etwas angingen. Er drehte die Lautstärke auf volle Kraft, daß sich die Passanten auf den Bürgersteigen erstaunt umdrehten.

      In atemloser Spannung hörten sie die Anweisungen an drei Streifenwagen, sofort zu den Docks zu fahren. Dort hatte sich ein Mord ereignet.

      Rick zuckte zusammen, als von einer Frau mit straff zurückgekämmten Haaren und bleichem Gesicht die Rede war.

      Mit einer blitzschnellen Bewegung steckte er das Blaulicht in die Halterung neben der Windschutzscheibe. Hazel kannte sich so gut in seinem Wagen aus, daß sie die Sirene einschaltete.

      Rick wendete auf der Stelle und raste auf die Themse zu. Trotz Blaulicht und Sirene kam er nur langsam voran, weil die anderen Wagen einfach keinen Platz zum Ausweichen hatten. Dennoch erreichte er nur knapp hinter den Streifenwagen die Docks.

      Schon von Ferne sah er die Blaulichter auf den Dächern der Einsatzfahrzeuge. Soeben bog ein Krankenwagen auf den Pier, auf dem der Mord passiert war.

      Neben einem Lastwagen standen einige Personen herum, hilflos, verloren. Rick sah die Kameraausrüstung und die fahrbaren Kleiderständer und zog die richtigen Schlüsse.

      »Angelina Egmonton«, sagte er zähneknirschend. »Jede Wette, daß sie das Opfer ist.« Inzwischen hatte er sich über die Gefährdeten informiert.

      Er fuhr seinen Morgan hinter die Streifenwagen und sprang heraus. Hazel folgte ihm hastig. Als er sich nach seinem Hund umsah, entdeckte er Dracula unter dem Beifahrersitz. Der Hund fühlte das Nachwirken böser, schwarzmagischer Kräfte.

      Die Polizisten hielten den Geisterdetektiv und seine Begleiterin nicht auf. Sie kannten die beiden.

      Rick näherte sich vorsichtig der Leiche auf dem Pier und achtete darauf, keine Spuren zu zerstören, obwohl er schon jetzt überzeugt war, daß die Spurensicherung nichts bringen würde.

      Er biß die Zähne zusammen, als er das Gesicht der Toten sah. »Angelina Egmonton«, murmelte er. »Sie ist es tatsächlich.«