Der Geisterjäger Staffel 3 – Gruselroman. Andrew Hathaway. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andrew Hathaway
Издательство: Bookwire
Серия: Der Geisterjäger Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740937133
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wartete jeden Moment auf das Erscheinen der zum Tode verurteilten Mörderin.

      Sie kam jedoch nicht. An ihrer Stelle tauchten alle anderen Personen auf, die damals an der Hinrichtung teilgenommen hatten.

      Rick stutzte. Was hatte das zu bedeuten? Wieso fehlte die Hauptperson? Auch wenn es nur eine Vision war, so mußte sie sich doch an den historischen Ablauf halten.

      Erschrocken blickte er zu den anderen Personen, die sich bisher in dem Salon aufgehalten hatten und nun völlig verstört auf dem grauen Gefängnishof standen. Rick stockte der Atem.

      Während Harold F. Lauderdale, sein Sohn Richard und seine Frau Ann noch immer ihre normale Kleidung trugen, war mit seiner Tochter Jean eine erschreckende Veränderung vor sich gegangen.

      Anstelle des Tennisdreß hatte sie jetzt das graue, schmucklose Kleid der Delinquentin an. Ihr Hals war frei, ihre Haare streng nach hinten gekämmt.

      Auch wenn sie noch nicht in letzter Konsequenz erkannte, was mit ihr passieren sollte, so verzerrte doch bereits tödliches Entsetzen Jean Lauderdales Gesicht. Sie wollte zurückweichen, als aus dem Nichts heraus zwei kräftige Henkersknechte erschienen und sie an den Armen packten. Sie drängten die Wehrlose zum Galgen hinauf.

      Jean Lauderdale war unfähig, auch nur einen einzigen Schrei auszustoßen. Der Schock lähmte sie. Ihre Verwandten jedoch schrien gellend auf.

      Die Absicht des Magiers war klar. Er bediente sich jetzt nicht mehr des Geistes der Hingerichteten, sondern versetzte mit Hilfe seiner magischen Fähigkeiten seine Opfer in die Vergangenheit. Er hatte Jean Lauderdale dasselbe Schicksal zugedacht, wie es vor zweihundert Jahren Lady Jocelyne ereilt hatte.

      Schon nahmen die Mitglieder des Gerichts und die Zeugen Aufstellung. Schon trat der Henker auf den Plan, um das Urteil zu vollstrecken, als sich Rick Masters aus seiner Erstarrung riß.

      Er mußte schnellstens etwas unternehmen, wenn er nicht tatenlos zusehen wollte, wie Jean Lauderdale an dem Galgen der Geister starb. Denn er war sicher, daß der Magier die Hinrichtung nicht von sich aus stoppen würde.

      Während Harold F. Lauderdale, seine Frau und sein Sohn vollständig gelähmt waren, konnte sich Rick wenigstens etwas bewegen. Wahrscheinlich kam das von der Silberkugel, die er bei sich trug.

      Dennoch mußte er gegen einen großen inneren Widerstand ankämpfen, als er die Hand in die Tasche schob. Der Magier wollte unter allen Umständen verhindern, daß Rick seine magische Waffe zog.

      Ächzend holte der Geisterdetektiv die Kugel hervor. Kaum berührten seine Finger das kühle Silber, als der Bann von ihm abfiel. Zwar befand er sich noch immer auf dem Gefängnishof, hatte sich also nicht aus der Vergangenheit gelöst, aber nun konnte er sich frei bewegen.

      Er sprang auf Jean Lauderdale zu, die reglos unter dem Galgen stand und bereits die Schlinge um den Hals trug.

      Mit einem mächtigen Satz flog Rick auf das Galgengerüst hinauf. Er hatte keine Zeit mehr, die Schlinge zu lösen. Er konnte auch nichts erklären. Es gab keinen Kontakt zu den Personen, die vor zweihundert Jahren gelebt hatten.

      Er konnte nur in den Gang des Geschehens eingreifen, indem er die Silberkugel gegen den Strick preßte.

      Sofort züngelten Flammen auf und fraßen sich in die Handfläche hinein, zerstörten den Strick und befreiten Jean, die mit einem leisen Ächzen zusammenbrach.

      Rick schlang seinen Arm um sie und zerrte sie auf den Erdboden herunter.

      Sie stürzten beide. Rick rollte sich so herum, daß Jean Lauderdale auf ihn fiel und sich nicht verletzte. Er kam auf dem Rücken zu liegen und sah von Grauen geschüttelt zu dem Galgen hinauf.

      In diesem Moment öffnete sich die Falltür mit einem lauten Schnappen. Der in der Mitte durchgebrannte Strick schwang hin und her.

      Jetzt wäre Jean Lauderdale rettungslos verloren gewesen.

      Der Spuk schwand genauso schnell, wie er gekommen war. Rick Masters fand sich auf dem kostbaren Teppich des Salons wieder. Jean Lauderdale lag hemmungslos schluchzend neben ihm. Die übrigen Familienmitglieder saßen zwar wie vor Beginn der schauerlichen Vision in den Sesseln, doch das Grauen über das eben Erlebte stand ihnen im Gesicht geschrieben.

      Rick Masters stand langsam auf. Endlich hatte er dem Magier wieder ein Opfer entrissen, aber er fragte sich mit Bangen, ob ihm das auch in Zukunft jedesmal rechtzeitig gelingen würde.

      *

      »Mein Gott, Jean!« Mrs. Lauderdale sprang auf und warf sich neben ihrer Tochter zu Boden. Sie zog Jean in die Arme und schluchzte hemmungslos.

      Mr. Lauderdale machte sich in einer ellenlangen Verwünschung Luft. Richard stürzte an einen Schrank, holte mit zitternden Händen eine Flasche Whisky heraus und setzte sie an die Lippen.

      Rick Masters ging zu ihm und nahm ihm die Flasche aus der Hand. »Das ist keine Lösung«, sagte er leise. »Stellen Sie sich den Problemen, dann sind sie gleich nur mehr halb so schwer.«

      »Sie haben gut reden«, rief Richard Lauderdale heiser. »Für Sie ist so etwas alltäglich.«

      »Was nicht bedeutet, daß es mich nicht mitnimmt.« Rick schüttelte sich bei der Erinnerung an die häßlichen Szenen. »Außerdem dürfen Sie nicht vergessen, daß die Verantwortung auf meinen Schultern lastet. Und es ist eine große Last.«

      »Genug geredet!« Harold F. Lauderdale fand zu seiner gewohnten ­Energie zurück. »Was gedenken Sie zu unternehmen, Mr. Masters?«

      Dem Geisterdetektiv paßte dieses forsche Vorgehen seines Auftraggebers nicht. Er konnte den Mann zwar verstehen, drehte es sich doch immerhin um das Leben seiner Angehörigen, aber mit Hast und Eile erreichte man in solch schwierigen Fällen nichts.

      »Ich verfolge konkrete Spuren.« Rick nahm Zuflucht zu einer Ausrede. »Ich kann aber jetzt noch nicht dar­über sprechen.«

      »Und warum nicht?« fragte Harold F. Lauderdale mißtrauisch. »Das ist doch Unsinn! Sie mißtrauen uns?«

      »Sie verstehen mich völlig falsch.« Rick winkte hastig ab. »So ist es natürlich nicht, aber unser Gegner besitzt die Fähigkeit, alles zu hören, was wir hier sprechen.«

      Das war zwar nur eine Vermutung, aber nach der Machtdemonstration vorhin widersprach niemand mehr. Sie alle fürchteten den unbekannten Mörder, der ihr Leben bedrohte.

      »Welcher Ihrer Angehörigen ist Ihrer Meinung nach am meisten gefährdet?« erkundigte sich Rick Masters, als keine weiteren Fragen mehr kamen. »Zum Beispiel, weil er und sie am meisten Geld besitzt?«

      »Keine Ahnung«, behauptete Harold F. Lauderdale.

      Rick sah die anderen an. Jean Lauderdale hatte sich einigermaßen erholt, doch auch sie schüttelte nur den Kopf.

      Er ließ sich von Richard Lauderdale eine Liste ihrer Verwandten mit Telefonnummern und Adressen erstellen. Damit ausgerüstet fuhr er zu Scotland Yard.

      Chefinspektor Hempshaw hörte sich schweigend Ricks Schilderung der Beinahe-Hinrichtung während der Vision an. Daß Hempshaw nicht widersprach, kam schon einem Eingeständnis gleich, daß er alles glaubte. Ansonsten wollte er Beweise sehen. Diesmal akzeptierte er Ricks Bericht ohne Beweise.

      »Was soll ich mit dieser Liste?« fragte er zuletzt, als Rick ihm das Blatt über den Schreibtisch schob.

      »Fotokopieren, damit Sie ebenfalls die Adressen und Namen kennen und die Leute schützen«, erwiderte der Geisterdetektiv. »Ihre Leute können zwar nicht gegen den Mördergeist kämpfen, aber sie können mich im Notfall verständigen.«

      *

      Angelina Egmonton war im ganzen Land bekannt. Woche für Woche lächelte ihr Gesicht von irgendeiner Titelseite, sah man sie mit allen möglichen neuen Kleidern, Schmuck und Pelzen oder auch hüllenlos in den Magazinen.

      Angelina Egmonton war ein Top-Fotomodell und eine Angehörige des Lauderdale-Clans. Das wurde ihr zum Verhängnis.

      Angelina war dreiundzwanzig