Etymologisches Wörterbuch der deutschen Seemannssprache. Gustav Goedel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gustav Goedel
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Математика
Год издания: 0
isbn: 4064066116279
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es gibt ganze Völkerschaften, die die beiden Buchstaben so durcheinander werfen, ohne daß sie sich dessen überhaupt bewußt sind, ob sie ein k, ob sie ein t sprechen. Wenn in einem alten Hamburger Schauspiel eine Frau Lackin anstatt Latin sagen konnte, dann konnte man sicher auch braten für braken sagen. Und man tat es auch. Im Hochdeutschen hieß das Wort und heißt es braten, im Niederdeutschen braden; doch hielt sich hier nach niederdeutscher Art in der Erinnerung an den Stamm bhrag auch braghen. In dem „Redentiner Osterspiel,‟ so genannt weil es von einem Ungenannten am 20. November 1464 zu Redentin im Kirchspiel Neuburg bei Wismar vollendet wurde, geht Lucifer mit den verschiedenen Handwerkern wegen ihrer Handwerkskniffe und -Betrügereien ins Gericht. Dem Schneider (niederdeutsch scroder oder schrodere, daher der weitverbreitete Familienname Schroeder) fällt er das Urteil:

      „Desseme schrodere dat syn recht

      Unde werpet ene an der helle grunt,

      Dar schal he ligghen so en hunt

      Unde an der ewighen nette braghen

      He heft so mennighen man bedraghen.‟

      Der niederdeutsche Seemann blieb zunächst, sich auf nichts Neues einlassend, bei dem gutturalen Laut, nur daß er statt der Media die Tenuis nahm und nicht Bragh = sondern Brakbank sagte. Als aber im Laufe der Zeit das Hochdeutsche auf seinem Siegeszuge zu mächtig wurde, konnte er sich doch einer Änderung, einer sprachlichen Weiterentwicklung nicht entziehen. Aber lieber als daß er den beliebten Tausch von k und t mitgemacht hätte, machte er kurzen Prozeß, warf den unbequemen Konsonanten vor dem b ganz hinaus und sagte in seiner kurzen, bequemen Art kurzweg Brabank. — Es hat sich indessen auch noch ein Wort Brakbank erhalten, hochdeutsch Brechbank, das aber mit dem unsrigen nichts zu tun hat, wiewohl es auch nicht ganz ohne Beziehung zur Seemannschaft ist, denn so heißt ja die hölzerne Bank zum Brechen des Haufes, auf der die Schäven gebrochen werden, damit sie sich von der Hanffaser lösen. Unser Brabank aber ist keine wirkliche Bank, sondern, wie Sandbank, bildlich, für eine erhöhte Stelle an einer Küste oder einem Ufer angewandt, und zwar war es ein Ort, wo besonders das Dichten und Kalfatern vorgenommen wurde. Ein Schiff kalfatern nannte man bragen: „Item wen ein schipper dichten en bragen leht.‟ Im Lübeckischen alten Zunftrecht heißt es; „Idt schall ock kein werckmann uf der braeckbank to werkende angenahmen werden, idt sy den hie genochsamb vor einen werckmann up der lastadien (Werft) bekandt und darto duchtig‟ (Befähigungsnachweis!). Der Kalfaterer hieß brager. — Nun hieß altnordisch bradha — so früh schon hatte sich der t-Laut verschoben — theeren, verpichen, mit Theer oder Pech überziehen, bradh das mit Ther bestrichene Holz. Wir haben dabei an braten im Sinne von heiß machen, wärmen, erhitzen, durch Hitze zum Schmelzen bringen zu denken, wie man Speck ausbrät. Der Theer muß erst vom Feuer gleichsam gebraten, d. h. flüssig gemacht werden, ehe man mit ihm kalfatern kann. Kalfatern (s. d.) thut, trotzdem es erst ihr Hauptgeschäft war, die Brabank aber jetzt nicht mehr, das wird von Schiffszimmerleuten, die nicht zur Brabank gehören, besorgt. Roeding hatte also die alte Brabank noch im Auge, da er vor 100 Jahren schrieb: „Ein am Ufer befindlicher Platz, der mit Spillen, Gienen und anderem Zubehör versehen ist, um daselbst Schiffe zu kielholen.‟ — Wie Lastadie als Straßenbezeichnung erhalten geblieben ist, so muß es in Danzig eine Straße oder einen Platz des Namens Brabank geben. — Eine auffallende Ähnlichkeit hat das bretonische rabank, es hat aber nichts mit Brabank zu tun, sondern kommt von rap = Reep.

      Bewulen s. Wuling.

      brack, salzig, bitter, trübe, schlammig, verdorben, schlecht, unbrauchbar. Brackwasser ist Süßwasser mit Salzwasser gemischt, also zum Trinken unbrauchbar. Dann übertragen auf andere unbrauchbare Dinge, verdorbene Waren, nicht vorschriftsmäßige Lieferungen oder nicht verwendbare Teile einer solchen; bracken heißt dergleichen Gegenstände als brack bezeichnen, condemniren, ausmustern, verwerfen. Schon Kilianus hat das Wort brack in beiden Bedeutungen: „salsus, aquae marinae saporem quodam modo referens‟ und brack goed, „merces submersae, salo sive aqua marina corruptae.‟ Die Bedeutung ist also ursprünglich: „durch Salzwasser verdorben‟, dann überhaupt verdorben. Und zwar hat der Gedanke an bei einem hereinbrechenden Unglück hereinbrechendes Meerwasser den Ausschlag bei der Benennung gegeben. Das Wort kommt also von brechen; an Schiffbruch und Deichbruch ist zunächst zu denken und dann an die dadurch verursachte Beschädigung. — Das „Bremer Wörterbuch‟ schreibt: „Brack = Salzwasser mit Flußwasser gemengt. „Brakke Grund‟ ein Boden der salziges Wasser gibt.‟ Und daher soll Brake an der untern Weser seinen Namen haben, „weil Wasser, was auf diese Weise vermengt ist, gebrochen pflegt genannt zu werden.‟ Kaum, sondern Brack, Brake ist eine Stelle wo einmal ein Deich gebrochen war. S. a. Wrack. Die Bedeutung kommt nach Sinn und Form unserem „Gebrechen‟, „gebrechlich‟ nahe.

      Bram = Bramstänge, Bramrahe, Bramsegel, Bramtuch, Bramsaling, Bramtoppnanten, Brampardunen, Bramschoten, Bramwanten, Brambulin, Bramfall, Brambraß, Bramleesegel, überhaupt: Bramgut. Alle diese Wörter — in deren Zusammensetzung je das zweite Wort an seiner Stelle nachzusehen — erklären sich aus ihrer Verbindung mit der Bramstänge. Es gilt also das bram in diesem Worte zu erklären. Bekanntlich ist die Bramstänge die Fortsetzung der Marsstänge nach oben. Sie war früher, ehe die Oberbramstänge erfunden war und ist auf Schiffen, die solche nicht führen, der höchste, obere Teil des Mastes. — In Holland sagt man von einem Manne, der bei uns Großhans heißt, der also „den grooten heer uithangt‟, er sei ein „heelen bram,‟ er sei hoch gestochen. Dies bram heißt hoch. Es stammt von der „Hasenheide‟, die hin und her in ganz Europa an Feldrainen, auf Waldlichtungen, auf dürrer Heide wächst und, außer Hasenheide, noch Pfriemenkraut, Brämme, Bräme, Bram heißt, spartium scoparium L. Die uns bekannteste Art ist die mit den grünen, dünnen, schwanken Reisern und den gelben, weithin leuchtenden Schmetterlingsblüthen. Sie heißt vielfach Ginster. In Frankreich genêt (von genista) und hat Verwandte die als Ziersträucher dienen. Ein Reis (plant) dieses genêt pflegte Gottfried von Anjou an seinen Helm zu stecken, woher der berühmte Name Plantagenet. Wir machen Besen aus dem Ginster und nennen es Besenginster, jedoch nur auf hochdeutsch. Das Volk sagt Bräme oder Bram, auch wohl Bremme, („Wirtshaus zur goldenen Bremme‟ bei Saarbrücken kriegerischen Andenkens vom Sommer 1870), Brom in Brombeere ist damit gleicher Abstammung. Althochdeutsch hieß prama, brama, mittelhochdeutsch brame Dornstrauch, stachligter Strauch, Brombeerstrauch. Sehr bezeichnend, denn die Grundbedeutung von Bram ist spitz, scharf, stechend, vorstehend, vorragend, Spitze, Höchstes, Äußerstes. Die Bramstänge heißt also so als Spitze, Höchstes, Äußerstes des Mastes und überhaupt des ganzen Schiffes. Der Name kommt demnach nicht sowohl von der Gestalt einer dünnen, langen, schwanken Ginster = Dornenstrauch- oder Brombeergerte, sondern von dem Hinaufstehen, Hervorragen, Aufwärtsstreben der Reiser. Wäre jenes anzunehmen, dann wäre Bramstänge eine Tautologie. Nicht als ob solche nicht denkbar wäre, es giebt ihrer genug, aber einfacher und klarer ist doch das Bild, wenn wir die Vorstellung „hinaufragen‟ festhalten.

      Bräm, der. Vergl. Bram; dieses heißt nicht nur das Höchste nach oben zu, sondern auch das Äußerste nach außen zu, also nicht bloß Anhöhe, sondern auch Ufer, Küstensaum, Saum eines Gewandes, Rand, Rand einer Mütze, Mützenbräm der Offiziere etc. Da dieser Mützenbräm der Väter mit Pelz besetzt war, so sagt man: Die Mütze war mit Pelz verbrämt, wie man auch von einem verbrämten Kleide spricht, wenn der Saum besetzt ist. (Sogar Augenbraue und Augenwimper kommen von Bram. Mittelhochdeutsch hießen sie augbram und windbram, Rand über dem Auge, Schutz des Augenrandes vor dem Winde.)

      Brandung, die. Die Bewegung der an einer Küste, einem Felsen etc. etc. sich brechenden Meereswogen. Schon im Beówulf kommt brant, bront vor für tosend, schäumend, von Schiff und Flut gebraucht. Es ist bei der Benennung ausgegangen von dem was das Ohr hört, nicht von dem was das Auge sieht, denn Brandung ist mit Brand dasselbe Wort, und man hat dabei an das Geräusch des Brennens, das Brausen, Zischen und Gischen einer Feuersbrunst zu denken. Das Zeitwort dazu heißt branden, vom niederdeutschen brannen = brennen und von Brandung beeinflußt. In Ostfriesland gebraucht das Volk das Wort Brandung selten oder nie, sagt vielmehr See. — Daß das Geräusch den Ausschlag gab, geht aus dem Altnordischen, Angelsächsischen und Altenglischen hervor, wo Brandung brim heißt, von breman, brummen, brausen, lateinisch fremere, griechisch bremein. Indessen kommt schließlich alles auf eines hinaus, denn im Sanscrit heißt bhramas prasselnde Flamme.

      Brander,