Etymologisches Wörterbuch der deutschen Seemannssprache. Gustav Goedel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gustav Goedel
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Математика
Год издания: 0
isbn: 4064066116279
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inrigt.‟ Mit bören = tragen von phero, fero, aber nicht weil das Schiff die Lasten trägt, sondern weil es ihm gebührt, regelmäßig zu fahren, nachdem der börtmann oder börtschipper sich einmal dazu verpflichtet und die Sache übernommen hat, oder auch, weil das, was sich gebührt in der Ordnung, in der Reihe ist: (regelmäßige) Reihenfahrt betreibt. Weiterhin bedeutet bört die Reihenfolge nach der sich etwas wechselweise zuträgt „de bört is an mi‟; „'t is nu min bört‟. Brem. Wörterbuch: Börtlüde sind die Schmackschiffer, die wöchentlich von Bremen nach Amsterdam und Hamburg, in einer privilegierten Anzahl, wechselweise fahren müssen.

      Bord, der. Dieses im Munde des Seemannes so häufig gehörte Wort heißt ursprünglich weiternichts wie Brett und stammt mit „bören‟ und der ganzen weitverbreiteten Sippe von der Wurzel bhar, bedeutet also etwas Tragendes. Früh schon entwickelte sich, weil man mit Brettern etwas baute, einen Raum einschloß und begrenzte, die Bedeutung Rand, Rand des Schiffes, Schiffsbord; worauf dann der Teil für das Ganze genommen und Bord für Schiff gesagt wurde, doch nicht ohne daß die beiden ursprünglichen Bedeutungen daneben im Gebrauche geblieben wären. — Ein gemeingermanisches Wort, im gothischen als fötubaurd, Fußbrett, Schemel bezeugt, althochdeutsch bort, Brett, Tafel, Tisch, altnordisch bord, Tafel, Brett, (Edda: bord, Bord des Schiffes, Tisch). Die Bedeutung Tafel, Tisch ist aus der von Rand hervorgegangen, weil man um den Rand des Tisches herumsitzt. Und im Altsächsischen hieß bord nicht nur Tisch, sondern auch Haus, aus Borden, Bördern gebaut, ähnlichem Gedankengang folgend der heute noch anstatt „in meinem Hause‟ sagt: „in meinen vier Wänden, in meinen vier Pfählen.‟ — Für „Schiff‟ wird bord schon früh, im Angelsächsischen, „on borde‟ und im Altfriesischen gebraucht: „and taegh ne weer inoer boerd‟, „und zog ihn wieder binnenbords.‟ — Aus dem althochdeutschen bort, Rand, ist unser neuhochdeutsches Borte hervorgegangen. Es ist auch als bordo ins Italienische, Spanische, Portugiesische gegangen, als bord ins Französische, = Rand, Schiffsrand. Daraus entstand das spanische Zeitwort bordar, einfassen, (mit einem Rande besticken) sticken; das französische (border) broder, woher unser Fremdwort Bordure, mit der fremden Form aber dem einheimischen alten Sinn. Im Altfranzösischen hieß borde Baracke, davon bordele, bordel (ital. bordelle) = Hüttchen, kleine, unansehnliche, schlechte (Bretter-) Bude. — Zu vergleichen ist die Bedeutungsentwicklung von Diele, althochdeutsch dilo, dil, mittelhochdeutsch dile: Brett, bretterne Wandbekleidung, Zimmerdecke, Bretterwand, („gedielter‟) Fußboden, „Diele‟, Schiffsverdeck. Vielleicht ist Bord zeitweilig ebenso wie Diele für Deck, Schiffsverdeck gebraucht worden. In der Zollrolle der Gräfin Margarethe von Flandern vom Jahre 1252 heißt es: „Scuta que bordum habet debet Comiti duos dinarios; si vero bordo carent, debet Comiti unum denarium.‟ Sartorius und Lappenberg bemerken dazu: „Die Schute mit einem (größeren, höheren) Bord ist von größerem Umfange, als die ohne oder mit einem kleinen Bord.‟ Durch diese Erklärung wird aber die Sache nur noch dunkler, denn die Begriffe „größer‟ und „kleiner‟ sind hineingetragen. Es steht da nur von einer Schute die einen Bord hat und von einer die keinen hat. Einen Bord im Sinne von Rand muß aber jedes Schiff haben, auch das kleinste. So darf man vielleicht annehmen, es sei Deck gemeint, so daß ein gedecktes Schiff das Doppelte der Abgabe eines ungedeckten zu zahlen hatte. Diese Vermutung gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man in einer Bremer Urkunde von 1312 und 1315 liest: „Si naui, que dicitur eke, hoc commiserint, centum, si alia vocata bortskip, sexaginta marcis etc. etc. debebunt emendare.‟ Es gab also Schiffe die Bortschiffe hießen; da aber jedes Schiff einen Bord hat, so muß etwas anderes als Bord, Rand, gemeint sein, das den Namen gab, und da liegt Deck am nächsten. Dasselbe gilt für das mittelniederdeutschen Urkunden eigene, noch heute in den west- und ostpreußischen Häfen gebräuchliche bordinge; Brem. Stat. 1489: „nemondt schall myt synen bordinghen of schepenn legghen oan der slacht (Bollwerk), dat wuppengeldt (Krahngeld, Hafenabgabe) sy dann thovoren entrichtet.‟ Oldenburgische Urkunde von 1549: „Ike hadde ene burdinge dat is ein stark schepe als ein punte, dar er siene perde mit auer furde‟. — S. „an Bord‟, „von Bord‟, „über Bord.‟

      borden, ungefähr gleichbedeutend mit entern (s. d.), auch anborden, sich an jemandes Bord mit seinem Borde legen, Schiff an Schiff (Bord an Bord) liegen, namentlich im Nahekampfe einer Seeschlacht. Von einem anderen mittelalterlichen, ebenfalls in der Zeit der Hansa viel gebrauchten borderen, welches Zweikampf, Turnier, bedeutet (und von Buhurt kommt) wohl zu unterscheiden. Je niedriger ein Schiff ist, desto mehr ist es im Kampfe gegen ein hochbordiges im Nachteil. In einem Hansa-Receß von 1440 lesen wir: ... „unde hadden nicht so vele skepe to huss alse dar do injegen behoff was, unde de skepe de gi hadden, se weren ok nicht so grote, dat se myt den Hollenders skepe borden konden, wente se hadden grote Spansche schepe.‟

      Borg — in Borgbendsel, Borgbraß, Borgrahe, Borgstag, Borgstenge, Borgwanttau u. a. m. bedeutet das was wir heute Reserve zu nennen belieben, wenn wir uns gebildet ausdrücken wollen. Der Seemann ist aber bei seinem Borg geblieben, welches eigentlich Sicherheit bedeutet. Um auf alle Fälle, auch wenn eine Rahe oder Stenge bricht, sicher zu gehen, nimmt man eine zweite Rahe oder Stenge mit an Bord die dann Borgrahe, Borgstenge heißt. Breusing tadelt Roeding, daß er nicht gesagt hat, daß dieses Borg nichts mit dem auf Borg geben gemein hat; mit Unrecht, denn einmal lag es überhaupt nicht in Roedings Absicht, etymologische Untersuchungen anzustellen, und dann: was ist denn der Unterschied zwischen Borg in dem einen und Borg in dem andern Sinne? Es handelt sich beide Male um Sicherheit. Und wenn beim Borgen auch jetzt nicht immer mehr ein Pfand als Sicherheit verlangt oder gegeben wird, so tritt zwar der Begriff Sicherheit nicht mehr so in den Vordergrund, er ist aber doch noch vorhanden, und wäre es nur in dem Wort, in dem Versprechen des Schuldners, zu einer gewissen Zeit das Geborgte wiederzugeben.

      Bottelier, der. Der Unteroffizier der den Proviant an Bord zu verwalten hat, also eine sehr wichtige Persönlichkeit, was schon daraus zu erkennen ist, daß er sich nicht Botelir sondern Bottelié nennen läßt, als ob es französisch wäre. Und es ist doch gut deutsch. Im Althochdeutschen hieß der Bottich botacha, mittelhochdeutsch botige; davon kommt butiglaere, büttiglaere, putigler, der Schenk, Mundschenk. Von Bottich kommt Bütte, von Bütte als Verkleinerungsform Buttel (Buddel), niederdeutsch Bottel, und hiervon kommt Bottelier, nur daß im seemännischen Gebrauch die verengte Bedeutung wieder erweitert ist, daß man nicht bloß an Flaschen, sondern vor allen Dingen an Fässer denkt, auch wenn sie gar kein Getränk, sondern Fleisch oder Butter oder Hartbrot enthalten. Noch mehr ist der Begriff in Westfalen erweitert, wo eine Magd, die auf größeren Gütern für das Bier und die Wäsche des Gesindes sorgt, Buddeliersche heißt, während anderseits der Kellermeister des Abtes von Werden den Titel buttelierer führte. — In Holland haben sie ein Sprichwort, das läßt tief blicken. „Als kok en bottelier zamen kyven, hoort men, waar de boter gebleven is.‟ Lüpkes hat das übersetzt: „Wenn Koch und Kellermeister mit einander streiten, zanken, hört man (durch ihre wechselseitigen Vorwürfe), wo die Butter geblieben ist.‟ „Kellermeister‟ ist, da es selbst das vornehmste Schiff bis jetzt noch nicht zu einem Keller gebracht hat, sehr kühn angewandt, wahrscheinlich in Erinnerung an das andere Sprichwort: „Da weiß kein Mensch, wer Koch oder Kellermeister ist.‟ Es hätte sehr wohl Bottelier können stehen bleiben, denn das Wort ist unter den Lesern der „Seemannssprüche‟ allgemein bekannt. — In seinem großen Werke über Japan erzählt der Deutsche Kämpfer, der aber sein Buch holländisch herausgegeben hat, der erste Taikun Taikosama sei in seiner Jugend Bottelier bei einem japanischen Edelmann gewesen.

      Brabank, die. Ursprünglich ein Ort wo seemännische Arbeit getan wurde, an einer Küste oder einem Ufer; also bedeutungsverwandt mit Lastadie und Werft. Während nun Lastadie — habent sua fata verba! — so ziemlich aus dem Mund der Menschen gekommen ist, hat Werft ein großartiges Glück in der Welt gemacht; Brabank hat sich zwar erhalten, aber in bescheidenen, enger gewordenen Grenzen, indem es jetzt die Gesamtheit der auf einer Werft beschäftigten Seeleute bedeutet. „Er ist auf der Brabank, von der Brabank, gehört zur Brabank,‟ das heißt er gehört dem Allgemeinen Betriebsdepôt der Werft an, verrichtet allerlei vorkommende Seemannsarbeit, besorgt das Verholen von Schiffen, widmet sich dem beschaulichen Geschäft eines Liegers etc. etc. Im Niederdeutschen hieß das Wort das ganze Mittelalter hindurch Brakbank, und die Tätigkeit die auf der Brakbank ausgeübt wurde nannte man braken. Nun hat Grimm bei Besprechung des Zeitworts braten, welches von der Wurzel bhrag stammt, den Gedanken geäußert, daß vor dem t in braten ein k ausgefallen sei, daß also