Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel 1. Bettina von Weerth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bettina von Weerth
Издательство: Bookwire
Серия: Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740940898
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hatte sie es einfach noch drauf. Außerdem war sie allerbester Laune. Sie hatte wieder eine ganze Menge dazu gelernt.

      »Ich nehme die Nudeln mit den Steinpilzen ebenfalls«, sagte sie. »Aber als Hauptgericht. Dazu hätte ich gern ein Wasser, wie immer, ein San Pellegrino.«

      Sofort protestierte Linda.

      »Du kannst doch nicht einfach nur Nudeln essen …, und ein kleines Gläschen Wein kann ja wohl auch nicht schaden … Weißt du, was ich gleich noch in mich hineinstopfen werde? Kalbsleber an Salbeibutter, und als Nachtisch habe ich mich für eine Panna cotta entschieden …, bereits bestellt, damit die Jungens in der Küche schon mal Bescheid wissen.«

      Typisch Linda!

      Leonie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

      Sie mäkelte andauernd, allerdings zu Unrecht, an ihrer Figur herum. Das hinderte sie allerdings nicht daran, wie ein Weltmeister, eine Weltmeisterin, zu essen. Luigi wartete ab.

      Leonie schüttelte den Kopf.

      »Es bleibt bei den Nudeln, basta«, sagte sie entschieden, »hinterher trinke ich einen doppelten Espresso.«

      Als Luigi weg war, maulte Linda: »Spielverderberin, einen Nachtisch hättest du wenigstens bestellen können. Oder den Wein …, grässlich, jemandem gegenübersitzen zu müssen, der nichts als Wasser trinkt.«

      »Liebste Freundin. Ich muss mich gleich wieder mit meinem Juwelendieb auseinandersetzen, dazu brauche ich einen klaren Kopf …, nichts gegen deinen Job als bekannte, anerkannte Buchhändlerin. Dir kann es gleich nur passieren, dass du einem Kunden ein verkehrtes Buch einpackst, dass du ihn falsch berätst, wenn ich also …«

      »Hör auf«, lachte Linda. »Hast ja recht. Mit dir sollte man sich wirklich besser nur abends verabreden. Aber das geht ja im Augenblick nicht … Andreas.« Leonie fiel in das Lachen mit ein.

      Ihre aller-, allerbeste Freundin Linda und sie waren auf einer Wellenlänge. Sie waren so eng, dass zwischen sie wirklich nicht das sprichwörtliche Blatt Papier passte.

      »Womit wir beim Thema wä­ren«, bemerkte Leonie trocken. »Wie läuft es denn mit deiner neuesten Eroberung …, da du kaum noch Zeit für mich hast, vermute ich …, gut?«

      Linda bekam glänzende Augen.

      »Oh ja, im Augenblick ist wirklich alles ganz wunderbar. Ich kann mein Glück noch gar nicht fassen …, er ist charmant, hat Humor, ist gebildet, klammert nicht, hat kein Problem damit, dass mein Beruf Priorität hat.«

      »Hört sich gut an.«

      Linda nickte.

      »Ja, wirklich. Aber vergiss bitte nicht, dass wir uns noch mitten in den Werbewochen befinden. Wie du weißt, ist man da sehr weichgespült. Jeder hat Kreide gefressen, ist bemüht, sich auf den anderen voll und ganz einzustellen. Will es dem anderen recht machen. Es würde mich glücklich machen, wenn es diesmal tatsächlich ein Prinz wäre. Frösche habe ich, wie du weißt, bereits genug geküsst …, und die sind leider auch nur Frösche geblieben.« Sie trank genüsslich etwas von ihrem Wein, den Leonie, wenn sie ganz ehrlich war, am liebsten auch gehabt hätte, wenn die liebe Arbeit nicht wäre. Dann fuhr sie fort: »Sag mal, Leonie, warum ist es eigentlich so schwer, den richtigen Kerl zu finden?«

      Luigi brachte für Leonie Brot und Oliven.

      Sie schob sich eine davon in den Mund, ehe sie antwortete.

      »Da fragst du die Verkehrte. Wie du weißt, hatte ich das große Glück, beizeiten meinem Mr Right zu begegnen, meiner großen Liebe. Ich hatte eine wunderbare Ehe mit Robert, die auch heute noch Bestand hätte, wäre er nicht durch diesen irren Geisterfahrer in selbstmörderischer Absicht mit in den Tod gerissen worden.«

      Sie machte eine kurze Pause, angelte sich eine weitere Olive vom Teller, weil die so köstlich waren. Aber sie brauchte die Pause auch, um sich wieder zu sammeln. Auch wenn der Tod Roberts bereits einige Jahre zurücklag, bekam sie noch immer feuchte Augen, einen dicken Kloß im Hals, wenn sie über ihn sprach.

      Sie wusste, dass es niemals aufhören würde. Sie würde nie aufhören ihn zu lieben, und der Schmerz, der würde verblassen, immer ein wenig mehr, aber verschwinden würde auch der nicht.

      Sie riss sich zusammen.

      »Und was nach Robert kam …, diese kurze Episode mit Kevin Schulz …, wie du weißt, war das auch nur ein Frosch.«

      »Stimmt«, gab Linda unumwunden zu. »Aber sieh es einmal so. Er hat dich aus deinem Schneckenhaus geholt, hat dich zum Lachen gebracht, so ganz umsonst war es auch nicht. Und mal ganz ehrlich. Auf Dauer hätte Kevin eh nicht zu dir gepasst …, eine Leonie Gräfin Tenhagen und ein Herr Schulz. Da hat deine Tante schon recht …, das ist ein no go.«

      »Mein Röschen ist ein Snob. Wenngleich ich sagen muss, dass sie von ihren elitären Vorstellungen, was den Adel anbelangt, ein wenig abgekommen ist …, sie hat, ohne mit der Wimper zu zucken, doch praktisch eingefädelt, dass Florian mit seiner bürgerlichen Sandra glücklich werden darf.«

      »Also mal ehrlich, in welcher Zeit leben wir. Die ganzen Königshäuser heiraten bürgerlich. Und ein Graf Ahndorf wollte das seinem Sohn verbieten. Na ja, Ende gut, alles gut, wie im Märchen …, wann werden die beiden heiraten, und das Kind muss ja wohl auch noch getauft werden.«

      »Alles wird, im kleinen Kreis, in Kürze geschehen …, wegen der kleinen Antonia. Das war den Ahndorfs dann doch zu viel, Hochzeit des Erben mit einer Bürgerlichen und einer Tochter, die bald in die Schule gehen wird … Antonia wird dem illustren Kreis ein paar Monate später untergeschoben, ganz wie es sich gehört, bei einem glanzvollen Fest. Da wird sie dann halt eine von Ahndorf sein. Weißt du, Linda, das alles ist mir ziemlich wurscht. Ich freue mich nur, dass Florian die Frau seines Herzens bekommen hat. Er war kreuzunglücklich, und das hat mir fast das Herz gebrochen. Er ist wie ein Bruder für mich.«

      »So, jetzt lass mich auch mal was sagen …, du hast Sandra ausfindig gemacht, du hast herausgefunden, dass sie und Florian heimlich ein Paar sind und sogar eine kleine Tochter miteinander haben. Die Ehre gebührt dir, nicht deiner Tante Klara, die hat nur den Rest besorgt.«

      Das Essen wurde serviert.

      Leonie bekam ihre Nudeln mit Steinpilzen. Linda ihre Kalbsleber an Salbeibutter.

      Das Essen bei Luigi war einfach nur köstlich.

      Zunächst mal konnten beide Frauen nichts weiter tun, als sich diesen Köstlichkeiten schweigend genießend widmen.

      Linda war es, die das Wort als Erste ergriff.

      »Und was ist mit deiner Wasserleiche? Weiß man schon, wer sie ist?«

      Dabei säbelte sie an ihrer Leber herum, die rosa gebraten war, angedeutet blutig.

      »Darüber reden wir ein andermal«, antwortete Leonie. »Jetzt lass uns einfach nur unser Essen genießen.«

      Linda lachte. Sie wusste, was ihre Freundin damit ausdrücken wollte. Und recht hatte sie … Wasserleichen passten nicht unbedingt zu dem, was sie da aß …

      Leonie bemühte sich, mit ihrem Kriminalroman voranzukommen, doch sie ertappte sich immer wieder dabei, wie sie an die Tote aus dem Fluss denken musste. Wie verzweifelt musste jemand sein, um diese Art von Freitod zu wählen? Hatte die Frau denn niemanden gehabt, der sie vor dieser Wahnsinnstat bewahren konnte?

      Fragen, die niemand mehr beantworten konnte.

      Und sie durfte sie sich auch nicht stellen. Ihre Arbeit litt darunter. Gerade wollte sie weiterschreiben, als ihr Telefon klingelte. Der Anrufer war Kommissar Schuster, der ihr mitteilte, dass der Juwelier geantwortet hatte, natürlich auf Italienisch. Und nun wolle er wissen, ob sie vorbeikommen könne, um das zu übersetzen. Selbstverständlich könne er sich auch zu ihr bemühen.

      Das wäre natürlich für sie das Angenehmste. Aber da Leonie nicht wusste, ob der Juwelier noch eine Rückmeldung erwartete und das, wie sie erfahren hatte, nicht so einfach ging, weil der Dienstweg eingehalten werden musste, sagte sie, dass sie sich