PUCKI & POMMERLE: Alle 18 Bücher in einem Band. Magda Trott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Magda Trott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027221257
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      »Man weiß nicht recht, wie es gekommen ist. – Die Frau war in der Küche und wollte von einem Brett eine Kanne herunternehmen. Dabei ist die eine Krampe, die das Brett hielt, herausgegangen, und der schwere Messingmörser, der auf dem Brett stand, ist der armen Frau auf den Kopf gefallen und hat ihr die Schädeldecke zertrümmert.«

      »Ist diese Frau Affmann die Mutter von dem Knaben, der mit unserem Pommerle so oft zusammen ist?«

      »Ja, die Mutter des Herbert Affmann.«

      Pommerle hatte diese Unterredung mit angehört. Das Kind machte ängstliche Augen. Es begriff nur, daß man Herberts Mutter ins Krankenhaus gebracht hatte und nun große Gefahr bestand, weil man fürchtete, daß sie sterben könnte.

      »Weint der Herbert?« fragte Pommerle.

      »Er wird natürlich sehr traurig sein, mein Kind.«

      »Oh, dann ist es doch gut, daß ich ihm meine Schwimmente geschenkt habe. Dann kann er sich darüber freuen.«

      Nach dem Abendessen nahmen Benders ihr Pommerle an die Hand und gingen noch ein wenig hinunter an den Strand. Es war heute ein gar so schöner Abend. Man wanderte immer weiter, bis an den Rand des Waldes.

      »Nun wollen wir umkehren,« sagte der Professor. Aber plötzlich horchte er auf. Hinter einem Baume schlug heftiges Kinderweinen an sein Ohr. Auch Frau Bender und Pommerle hatten es gehört. Alle drei blieben stehen.

      Der Professor ging der Stimme nach. Da saß Herbert Affmann zusammengekauert, beide Hände vor das Gesicht geschlagen.

      »Ach, du bist es, mein lieber Junge.«

      Obwohl Professor Bender den vorlauten Knaben nicht gut leiden mochte, empfand er doch tiefes Mitleid mit dem Kinde, da er wußte, daß man dessen schwerkranke Mutter heute fortgebracht und der besorgte Fischer sein Weib begleitet hatte. Nun war Herbert allein in dem kleinen Hause zurückgeblieben und in seiner Angst und Verlassenheit hierher gelaufen, um sich auszuweinen.

      »Sei nicht traurig, mein Junge,« tröstete ihn der Professor, »es wird alles wieder gut werden. Die Ärzte sind geschickte Leute, die machen deine Mutter bald wieder gesund.«

      Aber Herbert wollte keinen Trost hören. Er weinte nur noch verzweifelter und bohrte die schmutzigen Finger in die Augen.

      »Komm ein Stückchen mit uns, Herbert.«

      Auch Pommerle war herangetreten. Es tat ihm so leid, wenn jemand weinte.

      »Kannst auch meine Schwimmente behalten,« sagte es mit kindlicher Zärtlichkeit in der Stimme.

      »Ich will sie nicht,« rief Herbert leidenschaftlich und warf sich der Länge nach auf die Erde, »ich will gar nichts, – die Mutter soll zurückkommen!«

      »Sie wird wiederkommen, Herbert, zuerst muß sie freilich wieder gesund werden.«

      Der Schmerz des Knaben legte sich nicht. Professor Bender richtete ihn auf, sprach ihm tröstend zu; und da kam schließlich alles aus dem Kinderherzen hervor, was ihm so große Qualen bereitete.

      »Ich wollte die Kaffeemühle vom Brett nehmen und hab' mich daran gehängt, weil ich sie sonst nicht bekam. Ich hab 'nen Klimmzug gemacht. Dabei wird der Haken wohl locker geworden sein und – – als dann die Mutter kam – – als die Mutter kam – –«

      Er konnte nicht weiterreden vor Schluchzen.

      »Dann ist alles heruntergefallen,« fuhr Professor Bender fort, »und der schwere Mörser fiel deiner armen Mutter auf den Kopf. – Weil du die Kaffeemühle haben wolltest, Herbert, weil du dem Pommerle vorgelogen hattest, daß die Mühle eine Wundermühle ist.«

      »Weil ich gelogen habe – –«

      »Ja, Herbert, nun hat dir der Himmel die Strafe geschickt. – Aber höre auf zu weinen. Wenn du diesen schlimmen Fehler ablegst, wenn du in Zukunft versuchst, brav zu sein und nicht mehr zu lügen, wird das deiner Mutter helfen.«

      »Ich will heimgehen,« sagte Herbert, »meine Tante Pauline ist da. Ich werde ganz gewiß nicht mehr lügen, – aber die Mutter soll gesund werden.«

      Man brachte Herbert Affmann bis zu dem kleinen Hause seiner Eltern. Dort nahm ihn eine alte Frau in Empfang.

      Sehr schweigsam ging Pommerle heute zu Bett. Am Himmel strahlten die ersten Sterne auf. Aber Pommerle fand heute keine Ruhe. Es wälzte sich unruhig umher, bis schließlich die Tante bei ihm erschien.

      »Kannst du heute gar nicht einschlafen, mein kleiner Liebling?«

      Pommerle hatte die Vorhänge am Fenster nicht geschlossen, es schaute hinaus zu den funkelnden Sternen.

      »Jeder Stern ist ein Auge von einem toten Menschen?«

      »Durch die Sterne schauen die Verstorbenen zu uns herab.«

      »Und der Vater hat auch solch einen Stern zum Gucken?«

      »Ja, mein Kind.«

      »Dann zeig mir doch den Stern vom Vater?«

      »Den weiß ich nicht, mein Kleines, aber einer dort oben ist es. Dadurch schaut er auf sein kleines Mädchen herunter und winkt ihm freundlich zu.«

      Pommerles Augen suchten am Himmel umher.

      »Tante, – jetzt weiß ich, dort ist das Auge vom Vater!« Das Kind wies auf einen der größten Sterne des nächtlichen Himmels. »Sieh doch, wie der Stern blinkert. – So hat der Vater auch manchmal mit den Augen gezuckt.«

      »Jetzt schlafe ein, mein Kleines, – denke noch einmal über den heutigen Tag nach, dann wirst du bald schlafen.«

      »Tante,« – Pommerle umschlang nochmals die sich zu ihm Niederneigende, »ich will lieber an einen anderen Tag denken. Heute war es nicht schön.«

      »Deine Lüge ist verziehen und vergessen, mein Kleines. Beim Herbert hast du gesehen, was für schlimme Folgen es haben kann. – Und nun schlafe ein und träume süß!«

      Frau Bender ging hinaus.

      Aber Pommerle lag noch ein Weilchen mit offenen Augen im Bett und blinzelte den leuchtenden Stern an. Das war ein neckisches Spiel, wenn es versuchte, mit den Augen auch so zu zucken, wie es der Stern tat. Dann wurde es müde, streckte die Hände nochmals empor und sagte leise:

      »Gute Nacht, lieber Vater, – guck 'mal nicht zu lange herunter, geh lieber auch bald schlafen!«

      Pommerle erlebt etwas ganz Neues

       Inhaltsverzeichnis

      Seit einer guten halben Stunde suchte Frau Bender ihren Pflegling. Sie war am Strande gewesen, an dem man Pommerle stets fand; aber niemand hatte heute das Kind gesehen. Auch von ihren Spielgefährtinnen war keine zu erblicken.

      Frau Bender hatte ihren Gatten gebeten, er möge einmal nach dem ehemaligen Hause des Fischers Ströde gehen, denn es war nicht ausgeschlossen, daß das Kind die einstige Wohnung des Vaters aufgesucht hatte, daß es dort weilte und traurigen Erinnerungen nachging. Bis jetzt hatten Benders ängstlich vermieden, jene Seite des Dorfes aufzusuchen, weil sie fürchteten, daß Pommerle durch den Anblick des Elternhauses zu sehr erschüttert werden könnte.

      Der Professor kehrte mit dem Bemerken zurück, daß niemand dort drüben das Kind gesehen habe.

      So machte sich Frau Bender abermals auf den Weg, um das Kind zu suchen. Gleich um die Straßenecke war der kleine Kaufmannsladen, wo Pommerle gut bekannt war, weil es dorthin allerlei für die Tante einkaufen ging.

      »Sie suchen Ihre Kleine, gnädige Frau? Sie ist vor einer Viertelstunde hier gewesen und hat gefragt, ob sie nicht einen Gang für mich machen könne, ich möge ihr dafür zwei Stücke Zucker schenken.«

      »Mein Pommerle?«

      »Ja, ich kenne die Kleine recht genau.«

      »Um