PUCKI & POMMERLE: Alle 18 Bücher in einem Band. Magda Trott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Magda Trott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027221257
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Gruß in der Luft. Der Wald lag im Rücken der Neuendorfer Häuser und zog sich längs der Küste bis nach dem großen Seebade Misdroy hin. Soweit würden die Kinder natürlich nicht laufen, da Frau Bender Pommerle in spätestens zwei Stunden zurück erwartete.

      Auch Herbert Affmann und dessen Bruder Kuno schlossen sich den Mädchen an. Dann ging es lärmend hinein in den Wald, um nach den besten Stellen Ausschau zu halten.

      »Ich weiß einen Weg, an dem stehen Tausende von Blaubeeren,« sagte Herbert. »Kommt 'mal alle mit!«

      Folgsam marschierte die kleine Schar hinter dem vorangehenden Knaben her. Man fand auch bald eine sonnige Waldlichtung, auf der die Sträucher voller Beeren hingen.

      Mit Eifer begann das Pflücken. Pommerle war vielleicht das einzige Mädchen, das sorgsam jede Beere in das kleine Eimerchen warf. Die anderen Kinder aßen sich erst gründlich an den Früchten des Waldes satt. So kam es, daß der Eimer der Kleinen bereits bis zur Hälfte gefüllt war, während die anderen kaum etwas hatten.

      Herbert Affmann machte von Zeit zu Zeit eine Streife, schaute den Mädchen in die Behälter und staunte über Pommerles Fleiß.

      »Laß 'mal sehen!«

      Vertrauensvoll reichte ihm das Kind den kleinen Eimer. Hastig griff Herbert hinein und nahm sich eine Handvoll blauer Beeren heraus, die er in den Mund schob.

      Da kochte in Pommerle der Zorn hoch. »Häßlicher Junge,« rief es, »immerzu mußt du essen! Der Napfkuchen war mein Geburtstagsgeschenk, du hast so viel davon gegessen, daß ich es gar nicht mehr gerne geben wollte. – Jetzt nimmst du mir auch noch die Beeren. Pflück doch selber!«

      Aber diese Strafpredigt machte auf Herbert nicht den geringsten Eindruck; lachend lief er davon.

      Da rief eines der mitgegangenen Mädchen von einer kleinen Anhöhe her, daß hier oben ein gutes Feld wäre. Eilig sprang Pommerle hin, denn es wollte sein Eimerchen gefüllt heimbringen.

      Die Kleine pflückte eifrig. Sie bemerkte es nicht, daß sie sich mehr und mehr von den anderen Kindern entfernte, doch die blauen Beeren lockten und lockten, und Pommerle freute sich über jeden Strauch, den es voll reifer Beeren sah. Das Eimerchen war fast gefüllt, da schaute sich das Kind um.

      Es war niemand von den anderen Kindern mehr zu sehen. Obwohl Pommerle jetzt ganz allein mitten im Walde stand, wurde ihm zunächst nicht bange, denn es glaubte, daß es bald die anderen Gefährten wiederfinden werde. So ging das Kind geradenwegs durch die Sträucher hindurch, fand einen kleinen Weg; doch hatte es sich in der Richtung geirrt. Auf sein lautes Rufen erfolgte keine Antwort.

      Das kleine Herzchen begann bänglich zu schlagen. Kuno und Herbert Affmann hatten auf dem Wege zum Walde schlimme Geschichten von der Waldhexe erzählt. Das war eine böse Frau, die in einer Höhle wohnte. Alle die dicken Bäume, die im Walde standen, waren verzauberte Frauen, die der Hexe ein böses Wort gesagt hatten. Die Hexe hatte einen Besenstiel, auf dem ritt sie durch den Wald und flog damit hoch über die Bäume.

      Aber das Schlimmste war der Giftzahn. Es sollte ein großer Zahn sein, der aus dem Riesenrachen der Frau lang hervorstand. Und wer diesen Zahn sah, war schon vergiftet; denn wenn die Waldhexe sprach, kam aus dem Zahn lauter giftiges Wasser hervor, und wenn der andere von diesem Wasser bespritzt wurde, mußte er sterben oder wurde in einen Baum verwandelt.

      An diese schrecklichen Erzählungen dachte Pommerle, als es hastig weiterlief. Von Zeit zu Zeit blieb es stehen und rief laut nach Elli und Käte.

      Was war das? – – Dort lag ein Baum quer über den Weg, und darunter war ein großes Loch. – Sollte das die Wohnung der Waldhexe sein? Pommerle drehte sich hastig um und lief den Weg wieder zurück, den es gekommen war.

      An einer Wegbiegung aber blieb das Kind wie versteinert stehen. Dort zwischen den hohen Tannen stand die Waldhexe. –

      Pommerle wollte rufen, aber die Stimme versagte ihm. Die Hexe hatte das Kind bereits gesehen, denn sie richtete sich aus ihrer gebeugten Stellung langsam auf.

      »Elli – Elli – –« klang es in höchster Angst.

      »Nu, lütte Deern, hast dich wohl verlaufen?«

      Pommerle fühlte bereits die Zaubergewalt der Waldhexe. Jetzt würde es selbst ein Baum werden. Arme und Beine wurden ordentlich steif. Dabei kam die Hexe langsam immer näher. Die angstgeweiteten Augen des Kindes blickten auf das Ungeheuer des Waldes. Die Hexe hatte ein zerknittertes Gesicht, rechts und links über die Ohren hingen graue Haarsträhnen; in der Hand hielt sie den gefürchteten Besenstiel und – – jetzt öffnete die Alte wieder den Mund – – Pommerle sah den fürchterlichen Giftzahn.

      Eigentlich hatte Pommerle geglaubt, daß der Zahn viel länger wäre; aber das wußte der Herbert nicht so genau. Jedenfalls war in dem Munde nur ein einziger großer Zahn, und der war giftig. Wenn jetzt das giftige Wasser aus dem Munde kam, würde das Kind ein kleiner Tannenbaum werden oder vielleicht nur ein Wacholderstrauch.

      Der gefüllte Eimer entfiel den Händen des Kindes, die Beeren streuten sich auf dem Waldboden aus, dann sank Pommerle in die Knie, faltete die kleinen Händchen und schaute dabei verängstigt die Waldhexe an.

      »Du hast wohl Angst vor mir?« sagte die alte Frau stehenbleibend. »Brauchst dich nicht zu fürchten, mein Kind!«

      Pommerles zitternde Knie wühlten sich immer tiefer in die gepflückten Beeren hinein. Wie ein Häschen hockte das Kind darin, so daß auch die Hände über und über mit dem Saft der Beeren beschmutzt wurden.

      »Bin doch die alte Rehlen; aber dich kenn' ich nicht, mein Kind.«

      Regungslos hockte Pommerle noch immer auf dem Waldboden.

      »Hast du Beeren gepflückt?«

      Pommerle wollte etwas antworten, die Tante hatte ihm gesagt, man müsse zu allen Menschen freundlich sein.

      »Jawohl, gnädige Frau.«

      Die Alte lachte. »Ich bin keine gnädige Frau, ich bin die Muhme Rehlen, die sich Holz sucht. Aber bist du denn ganz allein im Walde, lütte Deern?«

      Die starren Augen der Kleinen ruhten noch immer auf der Waldhexe. Oh, Pommerle ließ sich nicht täuschen.

      »Wo willst du denn hin?«

      »Nach Neuendorf.«

      »Dann bist du auf dem falschen Wege, Kleine. Komm mit mir, ich will dir den rechten Weg zeigen.«

      »Oh – danke verbindlichst – – ich weiß schon – – Ihr Besuch war mir sehr angenehm – – gnädige Frau – –«

      Damit hatte sich Pommerle aufgerafft und lief davon, so schnell die kleinen Füße laufen konnten.

      »Mä–chen – – Määä–chen, da geht es nicht nach Neuendorf!«

      Aber Pommerle wollte nicht hören. Erst als die Alte außer Sehweite war, blieb es stehen und schöpfte tief Atem. – Das war noch einmal gut abgelaufen; Pommerle hatte kein Baum zu werden brauchen, der Giftzahn hatte nicht gewirkt. Das kleine Mädchen schüttelte sich vor Entsetzen, wenn es an die Alte mit dem Besenstiel dachte. – Ein richtiger Besenstiel war es nicht, wie Herbert gesagt hatte, es war ein krummer, großer Ast.

      Allmählich wurde Pommerle wieder ruhiger. Der Wald war ihm fremd, hier war man vorhin nicht gegangen. Ob Neuendorf wirklich nach jener Gegend zu lag, wohin die Hexe gewiesen hatte? Aber dann würde es wieder an der alten Frau vorüber müssen.

      Das Kind eilte voller Angst wieder rückwärts. Von der Waldhexe war nichts mehr zu sehen. Sie war wohl längst durch die Luft davongeritten? Da wagte Pommerle neues Rufen, es lief und lief immer weiter, und plötzlich vernahm es eine helle Kinderstimme, die von weit links herübertönte.

      »Elli – Elli – – Käte – – Herbert!«

      Ja – eine Antwort kam, das waren die Freundinnen. Pommerle hatte sie gefunden. Jetzt ging es mitten durch den Wald, den Tönen nach, bis Pommerle als ersten Herbert Affmann erblickte.

      Das