PUCKI & POMMERLE: Alle 18 Bücher in einem Band. Magda Trott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Magda Trott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027221257
Скачать книгу

      Aber Pommerle hatte auch jetzt noch keine Zeit, auf sich selbst zu achten, es merkte nicht, daß die hellen Strümpfe rötlich gefärbt waren, und daß auch das Kleidchen große Flecke von zerdrückten Blaubeeren aufwies. Dazu die beschmutzten Hände – kurzum, Pommerle bot einen jämmerlichen Anblick.

      »Die Hexe – –«, stieß das Kind atemlos hervor.

      »Die Hexe – –«, erschallte es von allen Seiten.

      »Ja – dort ist sie – ich habe sie gesehen!«

      Jeder griff nach seinem Korbe, nach dem Eimer, und nun begann eine wilde Jagd. Herbert war der Feigste, er lief allen voran und kümmerte sich nicht um die Mädchen, die ihm schreiend folgten.

      Als das erste Haus des Dorfes in Sicht kam, hielt die wilde Jagd inne.

      »Wo hast du sie denn gesehen?« fragte Herbert.

      »Auf einmal war sie da,« sagte Pommerle, noch keuchend vom schnellen Laufen. »Sie hat zu mir gesprochen und gefragt, wer ich bin.«

      »Hat sie dich angepustet?«

      »Ich war sehr freundlich zu ihr. – Sie wollte mich mitnehmen.«

      »Dann hätte sie dich in ihre Höhle geschleppt und dich verzaubert.«

      »Pah –«, meinte Herbert. »Wenn mir 'mal die Waldhexe begegnete, der wollte ich's geben. – Ich würde mir 'nen Knüppel abbrechen, damit schlüge ich der Alten den Giftzahn aus.«

      »Warum bist du denn dann mit uns davongelaufen?« fragte Pommerle entrüstet.

      »Ich bin ja gar nicht davongelaufen. Ich wollte mir nur 'nen Stock holen.« Bei diesen Worten brach sich Herbert einen trockenen Ast ab und schwang ihn hoch in der Luft. »Heute abend gehe ich sie suchen.«

      Käte Götsch lachte. »Wenn du schon am Tage fortläufst, gehst du am Abend überhaupt nicht in den Wald.«

      »Na ob!« meinte er. »Aber jetzt ist es Zeit, daß wir heimgehen.«

      Plötzlich blieb er suchend stehen, immer verstörter wurde der Ausdruck seines Gesichtes.

      »Wir wollen gehen,« drängte Pommerle.

      »Jetzt hab' ich – – nu so was – – jetzt hab' ich den großen Korb stehen lassen, der schon halb voll war. – – Wer geht zurück und holt den Korb?«

      »Geh nur selber,« riefen die Kinder.

      »Ich kann doch den Korb mit den Blaubeeren nicht im Walde stehen lassen. Pommerle ist schuld daran. – Jetzt geh und hole den Korb!«

      »O nein,« erwiderte das Kind, »dann kommt wieder die Waldhexe.«

      Herrisch verlangte der Knabe von den Mädchen, daß zwei zurückgingen, um den Korb zu holen; doch stieß er auf heftigen Widerspruch.

      »Wir fürchten uns!«

      »Nun, wenn wir alle gingen,« meinte Käte, »wird uns die Hexe vielleicht nichts tun.«

      »Ja, gehen wir alle zurück,« meinte Herbert kleinlaut, »es ist ja nicht weit, und wir haben noch viel Zeit.«

      Grete Bauer und Pommerle wollten nicht.

      »So kommt doch,« drängte Herbert, »ich füll' dir auch deinen leeren Eimer voll Beeren. Du bringst sonst der Tante gar nichts mit. Man lacht dich ja aus. – Also komm!«

      Pommerle schaute traurig in den leeren Eimer.

      »Füllst du ihn mir ganz voll?«

      »Ganz voll, daß er überläuft.«

      Das kleine Mädchen kämpfte einen schweren Kampf, dann atmete es tief auf. »Nun ja – – aber, wenn die Waldhexe wiederkommt?«

      Schritt für Schritt, scheu nach allen Seiten sehend, ging die kleine Schar wieder in den Wald zurück. Wenn es irgendwo in dem Gebüsch knackte, schraken alle zusammen und blieben wie gebannt stehen. Je tiefer man in den Wald hineinkam, um so zögernder ging es vorwärts. – Plötzlich machte Herbert halt.

      »Ihr Mädchen geht jetzt dort hinauf auf die Anhöhe, ich glaube, dort oben steht er. Kuno und Käthe bleiben hier.«

      »Kommt doch lieber mit,« rief Pommerle.

      »Du bekommst keine einzige Beere, wenn du nicht gehst!« schrie Herbert das Pommerle an. So entschloß sich das Kind, mit vier anderen die kleine Anhöhe hinaufzusteigen, um den vergessenen Korb zu holen.

      Es waren angstvolle Augenblicke. Schließlich wurde der Korb gefunden. Folgsam brachten ihn die Kinder zurück, und Pommerle verlangte den versprochenen Lohn.

      »Hier nicht,« sagte Herbert, »den gebe ich dir kurz vor dem Dorfe. Nun kommt!«

      Man ging wieder zurück. Während der Wanderung berichtete Herbert neue schreckliche Geschichten von der Waldhexe. Schließlich erzählte er, daß er ihr schon einmal begegnet sei, er habe ihr gedroht, da sei sie davongelaufen. Die Kinder glaubten es ihm nicht und verlachten ihn noch obendrein wegen seiner Prahlerei.

      Aber auch Hanna Ströde bekam allerlei spöttische Reden zu hören.

      »Du bist wohl in die Tinte gefallen?«

      Pommerle stand da und blickte fassungslos an sich herunter. Die Tante hatte gesagt, es solle das Kleidchen schonen, und jetzt war es verdorben, sogar das weiße Unterröckchen wies häßliche Blaubeerflecke auf.

      »Daran ist die Waldhexe schuld,« sagte Pommerle jammernd, »ich hatte doch solche große Angst.«

      Die Tränen rannen dem Kinde über das Gesicht, aber Pommerle wollte nicht weinen und wischte sich mit den Blaubeerfingern die Augen aus. Es lief den anderen Kindern voran, weil es die Tränen nicht zeigen wollte, doch sie flossen immer reichlicher; und da Pommerle auch das Taschentuch im Walde verloren hatte, mußten die Händchen eben herhalten. Aber schon fiel ihm wieder der leere Eimer ein. Es blieb stehen und wartete auf Herbert.

      »Jetzt gib mir die versprochenen Beeren. Der Eimer soll voll sein, bis er überläuft. Das hast du gesagt.«

      »Na, dann gib her!« Herbert setzte sich hinter einen Busch, nahm Pommerles Eimer und reichte ihn wenige Augenblicke später dem Kinde wieder zurück. Er war tatsächlich bis oben hin mit Beeren gefüllt.

      Die Tränen der Kleinen waren versiegt, stolz hielt Pommerle den Eimer in den Händen und begriff nicht, daß die Dorfleute, denen man begegnete, voller Erstaunen oder mit lautem Lachen auf Pommerle zeigten. Auch Badegäste traf man, und Pommerle hörte die Worte:

      »Seht 'mal, Kinder, das kleine Ferkel!«

      Pommerle hatte keine Ahnung, daß es tatsächlich damit gemeint war, denn nicht nur das Kleid, jetzt war auch das Gesicht beschmutzt; Pommerle sah wirklich erschreckend aus.

      Es trennte sich hastig von seinen Gefährten und eilte heim. Schon als es den Vorgarten betrat, jauchzte es Benders entgegen:

      »Tante – Onkel, Pommerle ist artig und kommt zurück! – Oh, es hat viele Beeren und hat die Waldhexe mit dem Giftzahn gesehen!«

      Frau Bender öffnete die Tür und schlug die Hände zusammen.

      »Pommerle! – –«

      Das schmutzige Kindergesicht strahlte ihr entgegen. Das Kind wollte mit beiden Händen die Tante umfassen, aber Frau Bender wich entsetzt zurück.

      »Der kleine Schmutzfink soll mein artiges Pommerle sein?«

      Der Blondkopf senkte sich beschämt. Sorgsam stellte Pommerle seinen Eimer nieder, sah auf Kleidchen und Strümpfe und sagte dann stockend:

      »Die Waldhexe ist schuld daran. – – O Tante, ich habe die schreckliche Waldhexe gesehen!«

      »Ich will jetzt nichts davon hören, mein Kind, jetzt geh und ziehe dich aus, wasche dich gründlich, dann erst darfst du wieder zu mir kommen.«

      Niedergeschlagen ging das Kind in sein Stübchen.