Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil. Brockhaus Heinrich Eduard. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Brockhaus Heinrich Eduard
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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einliegendem Wechsel, kosten werde? Und endlich, ob Sie in den ersten drei Monaten wol Zeit haben würden, um ein halbes oder ganzes Dutzend von solchen und ähnlichen Formen fertig zu machen?

      Recht sehr angenehm wird es mir sein, hierüber baldmöglichst und wenn's angeht mit umgehender Post ausführliche Antwort zu erhalten, und in dieser Erwartung habe ich die Ehre, mich Ihnen auf das höflichste und ergebenste zu empfehlen.

      Als ein Zeichen von Vertrauen zu dem neuerrichteten Geschäfte darf es wol betrachtet werden, daß das altberühmte Haus Breitkopf & Härtel in Leipzig ihm schon auf den ersten Brief hin den Antrag machte, auch für den Vertrieb der Erzeugnisse seiner Pianofortefabrikation thätig zu sein. Diesen Vorschlag glaubte Brockhaus indeß doch vor der Hand ablehnen zu müssen. Er schrieb:

      Zu einem Geschäft mit Pianoforten oder sonstigen Instrumenten sind wir noch nicht eingerichtet. Unser Institut ist erst im Beginnen und kann nicht Alles zugleich unternehmen. Auch hält man hier nicht viel von ausländischen Pianofortes, da man dafür hält, daß sie dem hiesigen feuchten Klima nicht widerständen, sodaß man fast nur einheimische von Van der Does, Meyer und andern ausgezeichneten Meistern gebraucht. Da ich mir indessen selbst eins anschaffen will, so dürfte ich mich vielleicht entschließen, dazu eins von Ihnen zu nehmen, und es könnte solches dann als Muster dienen. Melden Sie mir also gefälligst die Preise der verschiedenen Arten und Formen und melden Sie mir, welche jetzt die beliebtesten und gesuchtesten sind.

      So nach allen Seiten hin blickend, legte Brockhaus mit sicherer Hand die Grundlagen zu seinem neuen Geschäfte.

      3.

      Erste journalistische Verlegerthätigkeit

      Neben dem Sortimentsgeschäft: der Einführung ausländischer, besonders deutscher und französischer Literatur, mit Einschluß der musikalischen, nach Holland, widmete sich Brockhaus gleich im Beginne seiner buchhändlerischen Laufbahn mit fast noch größerm Eifer der Begründung eines Verlagsgeschäfts, das später die Hauptthätigkeit der von ihm begründeten Firma bilden sollte. Er fühlte, daß dieses allein seinem regen Geiste genügende Nahrung darbieten könne, wenn er auch wol noch keine Ahnung davon hatte, zu welchem Umfange dasselbe allmählich erwachsen werde. Und während er als Sortimentsbuchhändler von Anfang an die internationale Seite vorzugsweise ins Auge faßte und in seinem Geschäfte einen Mittelpunkt für den buchhändlerischen Verkehr der verschiedenen Nationen zu schaffen suchte (eine Idee, die von seiner Firma stets als ein Lieblingsgedanke gepflegt und, freilich erst lange nach seinem Tode, in einer Weise verwirklicht worden ist, wie sie ihm selbst vielleicht nur als Ideal vorgeschwebt haben mag), erfaßte er als Verleger zunächst die nationale Seite, indem er, um seinem Programm gemäß auch »nationale Wissenschaft und Kunst zu befördern«, journalistische Unternehmungen zu begründen suchte. Auch darin also hat er den Grund gelegt zu einer der Hauptthätigkeiten seines Hauses.

      Als Deutscher in Holland lebend und durch Vorliebe besonders zur Literatur Frankreichs hingezogen, suchte er jeder dieser drei Richtungen gerecht zu werden; er begründete kurz nacheinander eine holländische politisch-literarische Zeitung: »De Ster«, eine deutsche zeitgeschichtliche Monatsschrift: Cramer's »Individualitäten«, endlich eine französische belletristische Vierteljahrsschrift: »Le Conservateur«.

      Ueber diesen Beginn seiner Verlegerthätigkeit spricht er sich in einem Briefe an Karl Friedrich Cramer aus, der in dessen »Individualitäten« abgedruckt ist (wir kommen auf dieses Werk und seinen Verfasser bald näher zu sprechen) und auch seines sonstigen Inhalts wegen hier mitgetheilt zu werden verdient. Er schreibt aus Amsterdam vom 17. October 1805, also zwei Tage nach Erlaß seines Circulars:

      Indem wir die Ehre haben, Ihnen angebogen ein Circular unsers hierselbst angefangenen Geschäfts zu übersenden, können wir uns das Vergnügen nicht versagen, uns noch näher mit Ihnen zu unterhalten; sowol weil wir wünschen, mit Ihnen in eine fortlaufende Geschäfts- und literarische Verbindung zu treten, als auch um Sie wegen Eines und Andern um Rath zu fragen.

      Hr. B. (Brockhaus), Schreiber dieses, der vorzüglichere Unternehmer und Eigenthümer unsers Geschäfts, hat nämlich stets an Ihren Schicksalen den innigsten Theil genommen, und es gibt vielleicht wenige Personen, zu deren Individualität er sich von jeher so hingezogen gefühlt hätte als zu der Ihrigen. Als Knabe und Jüngling schon — er ist jetzo in den Dreißigern — interessirte ihn vielleicht kein Schriftsteller in dem Grade als Sie, mit Ihren rhapsodischen, kühnen, aber alles Edle und Schöne mit der innigsten Wärme umfassenden Schriften. Er schwärmte mit Ihnen bei der Morgenröthe der französischen Freiheit; Klopstock und Ihre Lieblingsschriftsteller waren die seinen; jede von Ihnen herausgegebene Schrift wurde von ihm mit Begierde gelesen; er litt mit Ihnen bei Ihrem Weggange von Kiel; er indignirte sich über die Xenien wider Sie; er begleitete Sie mit einem sorgsamen ängstlichen Auge nach Paris, wo er sich um dieselbe Zeit wegen Handlungsgeschäften gerade einige Wochen aufhielt, in denen Sie dort eben angekommen waren (kurz nach dem berühmten XIII. Vendémiaire), was er freilich nicht eher erfuhr als durch Reichardt's Journal.15 Seitdem forschte er nach, wo er nur konnte, ob es Ihnen wohlgehe; er suchte Alles zu lesen, was Sie von Zeit zu Zeit in Deutschland und Paris bekannt machten, und es ist ihm schwerlich etwas entgangen vom »Bardieten« an bis zu den »Tempelherren«, von der »hehren Jungfrau« bis zu Fischer's — seines persönlichen Freundes — »Valencia«.16 Auch von den Arbeiten, wo Sie sich nicht nannten, wie oft im Journal »Frankreich«, in der »Eleganten Zeitung«, in den »Französischen Miscellen«, in den »Europäischen Annalen«, hat er Sie, und gewiß selten unrecht, errathen — Sie sehen also, daß wir uns wol als alte Bekannte constituiren können.

      Damit Sie aber auch wissen, wer dieser Ihr unbekannter Freund ist, so wollen wir Ihnen das auch mit ein paar Worten sagen, Ihnen, der so viel auf Namen und individuelle Hinstellung hält. Ihr Freund heißt also .. Wilibald17, ist ein Westfälinger, von Dortmund gebürtig ... In Düsseldorf lernte er die Handlung. In Leipzig studirte er, wie man sagt .. nach Ablauf der Lehrzeit. Im Jahre 1798 etablirte er sich in seiner Vaterstadt und heirathete ein liebes Weib. Seine Handlung zog ihn im Jahre 1802 nach Holland, wo er sich denn diese Zeit her in Amsterdam niederließ und seine Handlung mit ... fortsetzt.18 Es geht ihm hier wohl und er lebt seinen Geschäften, seiner Familie und nebenher den Wissenschaften. Das jetzige Prohibitivsystem unserer Regierung gibt ihm in seiner Handlung mehr als gewöhnlich Muße, und aus alter Liebhaberei für Literatur und schöne Künste hat er die Idee zur Errichtung eines Kunst- und Industrie-Comptoirs gefaßt, und glaubt Zeit und Kenntnisse genug zu haben, es neben seinen andern Geschäften leiten zu können.

      Die Geschäfte unsers Comptoirs sollen in Buch-, Musik- und Kunsthandel bestehen und in eigenen Verlagsunternehmungen, die uns dem Geiste der Zeit angemessen scheinen. Zu unsern Commissionen in Paris haben wir uns an Herrn Hinrichs gewendet ... besonders da wir bereits den ehrenvollen Auftrag erhalten, für das hiesige Museum alle und jede literarischen Neuigkeiten aller Sprachen zu liefern, ein Auftrag, der in jeder Hinsicht so wichtig für uns ist, daß wir ihm die größte Pünktlichkeit und Ordnung zu widmen schuldig sind. Wegen unsers Musiklagers bleibt es uns durchaus nothwendig, daß wir uns auf französische Musik legen. Die Mode will es; diese Musik ist jetzt hier à l'ordre du jour und da es in Amsterdam keine einzige gut oder auch nur einmal erträglich organisirte Musikhandlung gibt, so würden wir ...

      Ich komme jetzt auf das Fach unserer eigenen Unternehmungen, die wir successive auszuführen suchen werden und worüber wir uns ebenfalls Ihren Rath und Beistand erbitten. Die ersten davon dürften sein:

      1) eine holländische politisch-literarische Zeitung,

      2) eine dergleichen für ...19

      Es gibt durchaus kein Land in der Welt, das ein größeres Interesse an dem Wechsel der Weltbegebenheiten nimmt als das unsere, weil keines ist, das den großen Herren in Westen, Süden, Osten und Norden so viel Geld geliehen als


<p>15</p>

Hiernach ist also Brockhaus im October 1795 (der »berühmte XIII. Vendémiaire« ist der des Jahres IV, 5. October 1795, an welchem der Aufstand der pariser Sectionen oder der Nationalgarde gegen den Nationalconvent stattfand) in Paris gewesen, kurz vor oder nach seiner ersten Etablirung in Dortmund.

<p>16</p>

Letzteres Werk, »Gemälde von Valencia« von Christian August Fischer, erschien 1803 in Leipzig; die übrigen Namen sind Titel Cramer'scher Uebersetzungen: »Bardiete« ist Klopstock's »Hermannsschlacht«; »Die Tempelherren« heißt ein Trauerspiel von Raynouard.

<p>17</p>

Dies ist der Name, mit welchem Cramer stets in seinem Werke Brockhaus bezeichnet; die Anwendung derartiger erfundener Namen statt der wirklichen war damals vielfach Sitte und eine specielle Liebhaberei Cramer's. Die oben angewendeten Punkte sind ebenfalls in dem Werke selbst gebraucht.

<p>18</p>

Das hier weggelassene Wort enthielt schwerlich einen Namen, da Brockhaus in Amsterdam keinen Associé seines kaufmännischen Geschäfts hatte; es ist wol »Glück« oder ein ähnliches Wort absichtlich weggelassen.

<p>19</p>

Hier ist von Cramer, als für den vorliegenden Fall unwichtig, wol ausgelassen: »französische Leser«; es ist damit jedenfalls die französische Zeitschrift »Le Conservateur« gemeint, von der später die Rede sein wird.