Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil. Brockhaus Heinrich Eduard. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Brockhaus Heinrich Eduard
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
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beizubehalten, um in günstigern Zeiten es vielleicht wieder aufzufassen und weiter auszudehnen. Ich war zu der Zeit einer der Directoren unsers Museums und meine Idee wurde dadurch sehr begünstigt ... Durch die Kenntniß und durch die Thätigkeit, welche ich in das neue, meinem Sinne so angemessene Geschäft legte, wuchs solches bald bedeutend, und ich entschloß mich, den noyau, den ich noch von Manufacturen angehalten hatte, fahren zu lassen und mich ganz und allein dem neuen Geschäfte zu widmen, für welches, wie wol Jeder gestehen wird, der mich kennt, ich Jedem und mir selbst außerordentlich berechnet schien ... Antheil hat Niemand am ganzen Geschäfte als ich allein. Ich lasse indessen im Publikum die Idee gelten, als ob mehrere dabei interessirt wären.

      Er erwähnt dann noch, daß er seine »andere sehr lucrative aber lästige Unternehmung« (den kaufmännischen noyau) zu verkaufen beabsichtige; indeß findet sich keine Notiz, ob und wann dieser Plan zur Ausführung gekommen.

      Doch kehren wir zu dem Beginn seines buchhändlerischen Unternehmens im Sommer 1805 zurück, das er, wie alles im Leben, sofort mit lebhaftem Eifer und nach großartigen Gesichtspunkten anfaßte.

      Noch vor Erlaß des Circulars schrieb er an einige größere Buchhandlungen, um gleich bei Eröffnung seines Geschäfts wohlgerüstet auftreten zu können. Nur zwei solcher Briefe sind uns erhalten, beide an Breitkopf & Härtel in Leipzig gerichtet.13

      In dem ersten, Amsterdam, 5. September 1805 datirt und noch nicht mit der Firma des neuen Geschäfts, sondern »A. Brockhaus« unterzeichnet, heißt es:

      Einige Freunde der Literatur und schönen Künste haben sich entschlossen, hierselbst eine Buch- und Kunsthandlung anzulegen nach einem ganz neuen Plane, und dadurch für unsere Republik einem sehr gefühlten Bedürfnisse abzuhelfen. Es wird sich solche mit eigenem Verlage und mit Sortiment befassen und sich überhaupt bemühen, der Verbindungspunkt zwischen nationaler und ausländischer Wissenschaft und Kunst zu werden. Der vollkommene Mangel eines solchen Instituts in den Vereinigten Niederlanden, die glückliche Lage derselben zur Unterhaltung eines Verkehrs mit allen Nationen, selbst mit fremden Welttheilen, der Geist der Zeit überhaupt und endlich die Kenntnisse, der Eifer und die Mittel der Unternehmer — Alles dieses läßt der Unternehmung mit Wahrscheinlichkeit einen guten Erfolg hoffen.

      Es sind noch einige Hindernisse, die in dem Zunft- und Gildenwesen ihre Ursachen haben, zu beseitigen, und wir müssen also die Herumsendung unserer Circulare, woraus Sie alles Nähere ersehen werden, so lange aussetzen. In einigen Wochen wird solches aber spätestens geschehen. Bis dahin habe ich, einer der Mitunternehmer, übernommen, schon einige Einleitungscorrespondenz anzufangen, und in dieser Qualität bin ich deshalb auch so frei, Ihnen das Gegenwärtige zu adressiren. Es soll sich dasselbe heute allein auf Ihren Musikverlag beziehen. Musikalienhandlung liegt vorzüglich mit im Plane unsers Instituts, da wir darin uns des besten Erfolgs schmeicheln dürfen, weil hierin fast nichts in unserer Republik gethan ist, unerachtet in derselben eine ausgezeichnete Liebhaberei für jede Gattung der Tonkunst statthat. Wir wünschen zu diesem Zwecke also mit den vorzüglichsten Musikalienhandlungen in Deutschland, der Schweiz und Frankreich in Verbindung zu treten und von denselben ihren Verlag in Commission zu erhalten, indem — wenigstens vor der Hand — es ganz unmöglich ist, sich selbigen gleich auf eigene Rechnung anzuschaffen.

      Meine ergebenste Frage an Sie ist also hierdurch: ob Sie sich hierzu wol entschließen möchten, und wenn das: ob Sie sich, was wir wünschen müssen, auf uns für unsere Republik einschränken und künftige ähnliche Anfragen zurückweisen wollen, solange unser Verkehr und Vertrieb Ihnen ansteht, und drittens: welches Ihre Bedingungen, Vortheile und Rabatte sind, die Sie zugestehen.

      Aus einer Notiz auf dem Briefe ist zu ersehen, daß Breitkopf & Härtel in Leipzig unterm 11. September antworteten:

      40 Procent gegen Baarzahlung, wenn er für netto 100 Thlr. nimmt; das franco Remittirte tauschen wir gegen andere Sachen aus.

      Darauf erwidert Brockhaus unterm 27. September:

      Ihre Zuschrift vom 11. d. M. habe ich wohl erhalten und sie unserm Institute vorgelegt. Es hat dieses nichts dagegen, Ihnen zum Anfange comptant zu zahlen, jedoch unter der von Ihnen selbst angebotenen Bedingung, von Zeit zu Zeit das nicht Verkaufte gegen andere Artikel vertauschen zu können, und unter der, daß Sie uns anstatt 40: 50 Procent Rabatt geben. Wenn Ihnen dies convenirt, so wollen Sie für circa 400 Thlr. der neuesten und am meisten gesuchten Sachen — ein Sortiment von Allem — für uns auslegen und über Zwoll p. Adr. des Herrn F. L. Schlingemann an mich mit dem Postwagen absenden. Wir bitten Sie, diese Auswahl in jeder Rücksicht auf das sorgfältigste und geschmackvollste zu treffen. Es ist unser Debüt in diesem Artikel und also um so nöthiger. Den ungefähren Betrag de circa 200 Thlr. wollen Sie in zwei Monat dato in holländischen Ct. Fl. (Courant-Gulden) nach dem dortigen Course auf mich bei der Absendung entnehmen. Factura und Avis über Ihre Tratte erwarte mit der Briefpost.

      Aus dieser Correspondenz ersieht man, wie leicht sich Brockhaus in die neuen Geschäftsverhältnisse fand, die ihm bisher ganz fremd waren, da er doch nie den Buchhandel oder gar den Musikalienhandel »erlernt« hatte, und wie umsichtig er sein Geschäft begann. Für die bestellten Musikalien fand er auch bald einen regelmäßigen Abnehmer, indem ihm die Direction des großen Concerts die Lieferung ihres Bedarfs übertrug; dies geschah indeß erst am 21. October, während er jene erste Bestellung bereits am 27. September aufgegeben hatte. Auch das Museum übertrug ihm sofort die Lieferung seiner Zeitungen und Bücher.

      Um mit dem deutschen Buchhandel ordnungsmäßig verkehren zu können, hatte er, auch noch vor Erlaß seines Circulars, einen Commissionär in Leipzig gesucht und in der Person des Herrn Heinrich Gräff gefunden; er erwähnt seiner bereits am 5. September in dem ersten Briefe an Breitkopf & Härtel.

      Aber noch kühnere Ideen hegte er gleich bei Beginn seiner buchhändlerischen Laufbahn: er dachte sofort auch an die Errichtung einer Buchdruckerei in Amsterdam! In demselben Briefe heißt es:

      Durch Herrn Gräff habe ich mir auch schon eine Probe von Ihrer Schriftgießerei erbeten, da wir die Absicht haben, auch ehestens eine Druckerei anzulegen, wozu wir wol gezwungen sind, da in unserer ganzen Republik keine Buchdruckerei existirt, die nur etwas Erträgliches zu liefern im Stande wäre.

      Dieses Project kam freilich damals nicht zur Ausführung, sondern erst in viel späterer Zeit (1818 in Leipzig), wie so manche Einrichtungen in dem von ihm begründeten Geschäfte, zu denen er noch den Keim gelegt hatte.

      Daß er sich überhaupt auch für das seinem Ideenkreise ferner liegende technische Gebiet interessirte, geht noch aus folgendem, unterm 12. Juli 1805 an Professor Gubitz in Berlin gerichteten Briefe hervor, der zugleich zeigt, wie sorgfältig er schon damals die deutsche Journalliteratur verfolgte:

      Durch die Discussionen, die unlängst zwischen Ihnen und Hrn. N. N. im »Freimüthigen« und in der »Zeitung für die elegante Welt« Platz gehabt und meiner Meinung nach sich auf eine sehr schmeichelhafte Weise für Sie und die schöne Kunst, der Sie mit einem so edlen Enthusiasmus anhangen, geendigt haben14, bin ich auf Ihre Bemerkung: daß sich die Holzschneidekunst sehr zu unnachahmlichen Staatspapieren u. dgl. eigne, und durch die Anzeige, daß Sie sich mit Versuchen hierüber beschäftigten, insofern aufmerksam gemacht worden, daß ich einen Freund hierselbst, der einen sehr ansehnlichen Debit in gestochenen Wechseln (deutscher, holländischer und allen andern Sprachen), in Assignationen, Leistungen u. dgl. hat und der jährlich eine ganze Menge Platten abnutzt, ebenfalls aufmerksam gemacht habe, daß sich Formen aus Holz hierzu wol besser eignen und ihm einen ansehnlichern Vortheil abwerfen würden als Kupferplatten, die gleich abgenutzt sind. Mein Freund hat meine Idee sehr gut gefunden, und er hat mir demzufolge den Auftrag gegeben, mich mit Ihnen darüber zu unterhalten, welches zu thun ich mir hierdurch also die Freiheit nehme.

      Meine ergebenste Frage an Sie wäre also: ob Sie sich auch wol schon mit solchen Gegenständen beschäftigt, als oben erwähnt, und ob Sie mir darüber nicht einige Proben


<p>13</p>

Unter Bezugnahme auf diese Correspondenz übersandte Brockhaus einige Wochen später demselben Hause sein Circular mit einer Nachschrift, und diesem Umstande verdankt die Firma F. A. Brockhaus das ihr von jenem Hause freundlich überlassene einzige Exemplar ihres Begründungscirculars. Sie erhielt dasselbe im Jahre 1856, aus Anlaß ihres am 13. und 14. Juli jenes Jahres gefeierten funfzigjährigen Jubiläums, das somit schon am 15. October 1855 hätte begangen werden können.

<p>14</p>

Gubitz hatte sich von seiner ersten Jugend an mit großem Eifer der Holzschneidekunst gewidmet, um deren Wiederbelebung und Vervollkommnung in Deutschland er sich bekanntlich große Verdienste erworben hat. Ueber die hier erwähnten Anfeindungen theilt sein Memoirenwerk: »Erlebnisse von F. W. Gubitz. Nach Erinnerungen und Aufzeichnungen« (3 Bände, Berlin 1868-69), I, 79 fg., Näheres mit.