In den Schluchten des Balkan. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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fragte ich den letzteren.

      »Ich,« antwortete er, ganz erstaunt, daß ich überhaupt so fragen könne.

      »Ich denke aber, daß ich es bin, den er hätte fragen sollen«

      »Du? Effendi, bist du Kawaß-Baschi, oder bin ich es?«

      »Natürlich bist du es; aber du weißt doch wohl, wessen Befehle du jetzt zu vollbringen hast!«

      »Die Befehle des Kadi. Dieser aber hat mir nicht befohlen, in den Rücken dieses Pferdes ein solches Loch zu reiten, daß ich schließlich nur noch mit dem Kopf herauszugucken vermag. Ich will singen und lobpreisen wie ein Engel, wenn ich wieder in Edreneh in meiner Kaserne liege!«

      Da meinte der kleine Hadschi:

      »Kerl, wie kannst du so unehrerbietig mit meinem Effendi sprechen! Er ist dein Herr, so lange es ihm beliebt. Wenn er dir befiehlt, zu reiten, so hast du zu reiten, und wenn dir deine ganze Uniform an die Haut wachsen sollte. Warum hast du das große Mundwerk gehabt und behauptet, daß ihr so ausgezeichnet reiten könntet!«

      »Was sagt dieser kleine Mann?« entgegnete der Unteroffizier zornig. »Wie nennt er mich? Einen Kerl nennt er mich? Und doch bin ich ein Korporal des Beherrschers aller Gläubigen; ich werde das nach meiner Rückkehr dem Kadi sagen!«

      Der kleine Hadschi wollte antworten, doch Osco kam ihm zuvor. Er nahm das Pferd des Kawassen beim Zügel und sagte lachend in seiner heimatlichen (serbischen) Sprache:

      »Kommen Sie, wacsche prewaszchodsztwo[16]! Halten Sie sich fest am Sattel an, wiszoko blagorodni gospodine[17]! Jetzt geht das Wettrennen an!«

      Im nächsten Augenblick sauste er mit dem Kawaß-Baschi im Galopp davon. Zugleich ergriff Omar Ben Sadek dem andern Kawaß in die Zügel und jagte mit ihm den beiden nach.

      »Wetter und Donner! Schuft! Schurke! Teufelssohn! Höllenenkel! Hexenvetter! Bosheitsschwager!«

      So und noch viel anders hörten wir die beiden Sicherheitsbeamten schreien, indem sie sich mit den Händen an den Sätteln oder Mähnen festklammerten. Wir folgten ihnen schnell nach. Die beiden armen Kerle taten mir leid; aber sie waren doch bereits vollständig außer Atem, als ich sie eingeholt hatte.

      Nun ergingen sie sich in Kraftäußerungen, welche der arabischen, türkischen, persischen, rumänischen und serbischen Sprache entnommen waren. In diesem Genre ist der Orientale, zumal der orientalische Soldat, sprachlich sehr vielseitig bewandert. Ich hatte große Mühe, ihren Zorn zu besänftigen, und es verging eine ganze Weile, ehe wir in ruhiger Stimmung weiterreiten konnten.

      Nun gab es auch Zeit, unsere Meinungen über das Erlebnis in Bu-Kiöj auszutauschen.

      Halef, dem Scharfsinnigen, fiel ganz ebenso, wie es bei mir der Fall gewesen war, der Umstand auf, daß heute nachmittag ein Reiter sich nach den drei Flüchtigen erkundigt hatte.

      »Er muß sie kennen,« sagte er. »Er muß von ihrer Flucht wissen. Warum aber ist er nicht sogleich mit ihnen geritten, Sihdi?«

      »Weil es wohl überhaupt gar nicht in seiner Absicht gelegen hat, mit ihnen zu reiten.«

      »Aber warum folgt er ihnen nach?«

      »Ich vermute, um sie von dem zu unterrichten, was heute noch geschehen ist.«

      »Daß du wieder frei bist?«

      »Ja.«

      »Daß du diesen Ali Manach, den Tanzenden, gefangen genommen hast?«

      »Ja, und wohl auch, daß der Tanzende nun tot ist.«

      »Was wird Barud el Amasat dazu sagen?«

      »Schreck und Wut wird er empfinden, vorausgesetzt, daß es diesem Reiter gelingt, ihn einzuholen und ihm die Nachricht zu bringen.«

      »Warum sollte es ihm nicht gelingen? Er ist ja so schnell geritten, daß sein Pferd geschwitzt hat!«

      »Es ist alt. Und eben weil es bereits geschwitzt hat, wird es nicht lang aushalten. Außerdem liegt es auch nicht in meiner Absicht, diesen Mann seinen Zweck erreichen zu lassen.«

      »Warum nicht?«

      »Die Flüchtlinge würden durch ihn erfahren, daß ich frei bin und daß sie verfolgt werden. Das aber kann uns keineswegs lieb sein. Je sicherer sie sich fühlen, desto lässiger werden sie ihre Flucht betreiben, und um so eher und leichter werden wir sie einholen. Darum möchte ich dem Reiter, von welchem die Rede ist, schnell nachsetzen, um seine Absicht zu vereiteln.«

      »Er hat einen zu großen Vorsprung.«

      »Denkst du etwa, Rih könne nicht mehr laufen?«

      »Der Rappe, Sihdi? O, Rih heißt Wind und fliegt wie der Wind. Er hat lange Zeit keine Gelegenheit gehabt, zu zeigen, daß er stählerne Flechsen besitzt. Wie würde er sich freuen, einmal mit dem Sturm wetten zu können! Aber wir andern vermögen ja nicht, Schritt zu halten.«

      »Das ist auch gar nicht nötig. Ich werde allein reiten.«

      »Allein, Sihdi? Und was tun wir?«

      »Ihr kommt so schnell wie möglich nach.«

      »Wohin?«

      »Ihr bleibt immer auf dem Wege nach Mastanly. Auch ich reite dorthin, schlage aber möglichst eine ganz grade Richtung ein. Da ich nun nicht weiß, wo ich ihn treffe, so kann ich auch nicht sagen, wo ich euch erwarten werde.«

      »Weißt du denn, ob auch er die gerade Richtung eingeschlagen hat?«

      »Das hat er jedenfalls nicht getan. Dieser Weg ist ganz gewiß viel zu beschwerlich für seinen alten Falben.«

      »Aber wie nun, wenn du ihn überholst?«

      »So warte ich auf ihn.«

      »Wirst du denn erfahren, ob er vor oder hinter dir ist?«

      »Ich hoffe es.«

      »Aber du kennst diese Gegend nicht. Du kannst also sehr leicht in die Irre reiten; es kann dir ein Unglück widerfahren. Nimm mich mit, Sihdi!«

      »Habe keine Sorge, mein lieber Halef! Ich bin ja gut beritten und ebenso gut bewaffnet. Dich kann ich unmöglich mitnehmen, da du doch der Anführer der übrigen sein mußt.«

      Das schmeichelte seinem Stolz. Er willigte also in meinen Plan, und so gab ich ihm, Osco und Omar meine Weisungen. Da hierbei alle Möglichkeiten berücksichtigt und besprochen werden mußten, so hatten wir während einiger Zeit keine Acht auf die beiden Kawassen. Als ich mich dann zu diesen umdrehte, sah ich wohl den Reitkünstler-Korporal, nicht aber seinen Kameraden.

      »Wo ist dein Gefährte?« fragte ich erstaunt.

      Er wendete sich auch um und rief dann bestürzt:

      »Effendi! Er ritt hinter mir!«

      Seine Bestürzung war keineswegs erheuchelt. Ich sah seinem Gesichte an, daß er sich wirklich in dem Glauben befunden hatte, den Kameraden hinter sich zu haben.

      »Aber wo ist er denn?« fuhr ich fort.

      »Verschwunden, verdunstet, verloren, vernichtet, verwischt, verdaut!« antwortete er in seiner unbeschreiblichen Verblüffung.

      »Aber du mußt doch gemerkt haben, daß er zurückgeblieben ist!«

      »Wie soll ich das merken? Hast denn du es gemerkt? Ich werde sofort zurückeilen, um ihn zu holen!«

      Er machte Miene, diesen Vorsatz auszuführen. Auf diese Weise hätte auch er sich vorteilhaft nach rückwärts zu konzentrieren vermocht.

      »Halt!« sagte ich aber. »Du bleibst! Wir haben keine Zeit, diesen Ausreißer zu suchen oder zu warten, bis du ihn gefunden hast!«

      »Aber er soll doch mitreiten!«

      »Das mache du später mit ihm ab, wenn du wieder in Edreneh bist! Jetzt folgst du uns! Hadschi Halef Omar, habt, wenn ich fort bin, auf diesen Onbaschi ein wachsames Auge, damit er seine Pflicht erfülle!«

      Jetzt ließ ich den Rapphengst laufen und konnte schon nach kurzer Zeit


<p>16</p>

Eure hohe Hochgeborenheit.

<p>17</p>

Erlauchtigster Herr.