Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

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Издательство: Bookwire
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Год издания: 0
isbn: 9783811488625
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ff. AEUV bereits eine gewisse Vorentscheidung für die europäische Ebene getroffen. Da das Subsidiaritätsprinzip die Mitgliedstaaten nur gegen den Aufgabenentzug, nicht aber gegen determinierte Aufgabenwahrnehmung schützt, spielt es in diesem Rahmen nur eine begrenzte Rolle: Es kann die Mitgliedstaaten nicht davor schützen, das Unionsrecht nach dessen Regeln zu vollziehen. Die „Ob-Frage“ nach Art. 5 Abs. 3 EUV ist damit präjudiziert, es kann somit allenfalls um die „Wie-Frage“ gehen, mithin um die dem Verhältnismäßigkeitsprinzip des Art. 5 Abs. 4 EUV zuzuordnende Frage, wie die sekundärrechtliche Determinierung des Vollzugs so ausgestaltet werden kann, dass die nationalen Verwaltungszuständigkeiten möglichst geschont werden. Insoweit führte die Dezentralisierung von Vollzugszuständigkeiten bei der Verwaltung der Strukturfonds, durch die eine kooperative „Mischverwaltung“ entstand, zu einer Stärkung der europäischen Aufsicht mittels materiell-rechtlicher und verfahrens- und organisationsrechtlicher Vorgaben durch europäisches Sekundärrecht.[101] Unabhängig davon können Verwaltungskompetenzen der EU-Eigenverwaltung aber auch durch Sekundärrecht geschaffen werden. Eines Rückgriffs auf die Kompetenzergänzungsklausel des Art. 352 AEUV bedarf es nach h. M. dabei nicht. Vielmehr soll die sekundärrechtliche Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf die EU, einschließlich der Errichtung entsprechender Agenturen, direkt auf die einzelnen Sachkompetenzen der Verträge gestützt werden können (vgl. insofern die Parallelen zur Rechtsetzungsebene), da dem EU-Recht eine dem deutschen Verfassungsrecht vergleichbare Trennung zwischen Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen fremd sei. Für die sekundärrechtliche Übertragung von Verwaltungszuständigkeiten auf die EU sowie die Errichtung von Agenturen gelten, ebenso wie für rechtsetzende Tätigkeiten der EU, die vertraglichen Grenzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit. Insoweit ist mit Blick auf die oben dargestellten Kriterien der Kompetenzausübung im Rahmen von Art. 5 Abs. 3 EUV von einer nicht ausreichenden Verwirklichung der Durchführung auf mitgliedstaatlicher Ebene auszugehen, wenn aufgrund der mitgliedstaatlichen Disparitäten bei der Durchführung die Konsistenz der Durchführung gefährdet ist (Negativkriterium). Zugleich lässt sich die Durchführung auf Unionsebene besser verwirklichen, wenn einheitliche Durchführungsbedingungen die Fülle der Durchführungsmaßnahmen wesentlich erleichtern oder Durchführungsdisparitäten wirksam abbauen können (Positivkriterium).[102] Im Übrigen kommt es stets auf den konkreten Einzelfall an. Dies soll im Folgenden anhand zweier Beispiele verdeutlicht werden.

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      Grenzen

      Bereits einleitend wurde angemerkt, dass in jüngerer Zeit eine Ausweitung und Ausdifferenzierung der EU-Eigenverwaltung zu beobachten ist, die sich vor allem in der vermehrten Gründung europäischer Agenturen mit Vollzugszuständigkeiten äußert.[103] Inwieweit der Europäischen Union bei der Gründung von Agenturen mit Vollzugszuständigkeiten Grenzen gesetzt sind, wird klassischerweise unter dem Stichwort des institutionellen Gleichgewichts unter Rückgriff auf die sog. Meroni-Grundsätze diskutiert, die der EuGH bereits in den fünfziger Jahren entwickelt hatte und die auch heute noch, zumindest im Grundsatz und ergänzt durch die sog. ESMA-Rechtsprechung, Geltung beanspruchen.[104]

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      Direkter Vollzug als Ausnahme

      Unter dem Stichwort der Kompetenzausübung stellt sich dagegen die Frage, inwieweit die Gründung europäischer Agenturen mit Vollzugszuständigkeiten durch die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit begrenzt wird. Insofern gilt im Grundsatz, dass der direkte Vollzug des Unionsrechts (in diesem Fall durch Agenturen) die Ausnahme bildet[105] und insofern die Mitgliedstaaten zuständig bleiben.

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      Vollzugsdefizite und neue Arbeitsmethode

      Mit Blick auf mitgliedstaatliche Vollzugsdefizite einerseits und eine verbesserte Funktionsfähigkeit der EU in zentralen Politikfeldern andererseits wird zukünftig verstärkt darüber nachzudenken sein, ob der Kommission oder einer Agentur unter Aufsicht der Kommission unter bestimmten Voraussetzungen Durchführungs- oder Vollzugszuständigkeiten zugewiesen werden sollen. Dabei geht es nicht etwa um eine undifferenzierte Zentralisierung von Verwaltungsaufgaben, sondern vielmehr um die Etablierung einer neuen Arbeitsmethode der EU, die sich auf Prioritäten konzentriert und hier „stark“ ist, sich aber dafür in anderen Bereichen zurückzieht oder zumindest – dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend – auf eine rahmenartige und auf Mindeststandards basierende Steuerung beschränkt.[106] Diese neue Arbeitsmethode korrespondiert mit Szenario 4 des von der Kommission im Frühjahr 2017 vorgelegten Weißbuchs zur Zukunft der EU.[107] Danach konzentriert sich die EU auf einige zentrale Politikfelder und erhält hier mehr Kompetenzen, vor allem auch im Vollzugsbereich. Dafür werden Zuständigkeiten in anderen Politikfeldern reduziert oder ganz aufgegeben.[108] Den Gedanken der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit wird auf diese Weise Rechnung getragen.

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      Modell kooperativer Rechtsdurchsetzung

      Im Rahmen der so skizzierten neuen Arbeitsmethode könnte im Bereich europäischer Prioritäten ein Modell kooperativer Rechtsdurchsetzung etabliert werden.[109] Ziel ist es, die EU in den prioritären Politikfeldern handlungs- und funktionsfähig zu erhalten.[110] Dies ist insbesondere dort von großer Bedeutung, wo die Mitgliedstaaten entweder aufgrund von defizitären Governance-Strukturen[111] nicht in der Lage oder aus politischen Gründen nicht willens sind, das Unionsrecht um- oder durchzusetzen. Denn Vollzugsdefizite in den Mitgliedstaaten sind dafür verantwortlich, dass das europäische „law in the books“ nicht zum „law in practice“ wird und solchermaßen in die EU gesetztes Vertrauen der Bürger enttäuscht (Negativkriterium).[112]

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      Arbeitsteiliges Modell

      Im Hinblick auf die so skizzierte kooperative Rechtsdurchsetzung könnte das arbeitsteilige Modell der Wettbewerbspolitik wegweisend sein.[113] Im Bereich der Fusionskontrolle teilt die Fusionskontrollverordnung[114] die Zuständigkeit der Kontrolle zwischen Kommission und nationalen Wettbewerbsbehörden auf, wobei die Möglichkeit einer Verweisung bei getrennter Rechtsdurchsetzung besteht. Im Kartellrecht schafft die Verordnung 1/2003[115] ein Modell gemeinsamer Rechtsdurchsetzung. Während die Vorgängerverordnung 17/62[116] noch einen zentralisierten Ansatz mit alleiniger Zuständigkeit der Kommission verfolgte, erfolgt die Zusammenarbeit mit den nationalen Wettbewerbsbehörden nunmehr durch das Netzwerk der europäischen Wettbewerbsbehörden, das einen Austausch von Informationen und Expertise ermöglicht. Dabei zeigt sich, dass 85% der Fälle dezentral, auf nationaler Ebene, bearbeitet werden können.

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      Kapazitäten und Kontrollmechanismen aufbauen

      Diese Art von kooperativer Rechtsdurchsetzung setzt einen klaren Rechtsrahmen sowie für die Zusammenarbeit institutionell, personell und technisch gut ausgestattete nationale Behörden voraus, die in der Lage sind, das Unionsrecht effektiv anzuwenden und durchzusetzen. Aufbauend auf den vertraglichen Leitprinzipien der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit einerseits sowie der Solidarität andererseits würde dies bedeuten, dass die EU, dort wo es Defizite gibt, entsprechende Kapazitäten aufbauen hilft (vgl. auch den bereits erwähnten Art. 197 Abs. 2 S. 4 AEUV). Im Hinblick hierauf sollte die EU finanzielle Anreize setzen und Formen der Zusammenarbeit entwickeln, die vom Informationsaustausch bis hin zu einer fachlichen, personellen und technischen Unterstützung durch die europäische Ebene – etwa nach dem Vorbild des Structural Reform Support Service (SRSS)[117], der inzwischen zu einer eigenständigen Generaldirektion der Kommission aufgewertet wurde – reichen. Ergänzend müssen Kontrollmechanismen vorhanden sein, die europäische Handlungsmöglichkeiten im Sinne einer Auffangverantwortung für den Fall vorsehen, dass nationale Behörden nicht fähig oder willens sind, die gemeinsamen Ziele und Vorgaben umzusetzen bzw. anzuwenden mit der Folge, dass das europäische Gemeinwohl (ein europäisches öffentliches Gut[118]) gefährdet wird.[119] Wenn