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Diese Differenzierungen entsprechen im Ergebnis auch den in der deutschen Lehre zur passiven Sterbehilfe vorherrschenden Ansichten: Der in einer Patientenverfügung festgehaltene Patientenwille ist auch bei urteils- und äusserungsunfähigen Personen unabhängig davon zu beachten, ob der Sterbevorgang bereits eingesetzt hat oder nicht – dies wird von § 1901a Abs. 3 BGB unmissverständlich statuiert.[357] Besteht keine Patientenverfügung, ist der mutmassliche Wille massgebend; liegen keine Indizien für den mutmasslichen Willen vor, sind objektive Interessen massgebend. Bewertungsmassstab und Begründungsansatz der passiven Sterbehilfe sind somit im Wesentlichen vergleichbar, selbst wenn eine ähnlich eindeutige Grundsatzentscheidung im Sinne des Fuldaer Falls vom schweizerischen Bundesgericht (noch) nicht ergangen ist.[358] Magnus ist der Meinung, dass im Gegensatz zum Fuldaer Urteil, worin der BGH als einschränkende Voraussetzung eine lebensbedrohliche Krankheit fordert, die schweizerische herrschende Lehre zur passiven Sterbehilfe auch Fälle erfasse, in denen der Patient nicht sterbenskrank ist, und stellt in diesem Zusammenhang die Frage, ob damit auch chronische Krankheiten wie Parkinson oder Rheuma gemeint seien, welche das Leben nur erschweren, jedoch nicht bedrohen.[359] Dagegen ist einzuwenden, dass richtigerweise – und dies gilt auch für den schweizerischen Anwendungsbereich passiver Sterbehilfe – Sterbehilfe gerade nur dort erfolgen kann, wo die betroffene Person lebensbedrohlich erkrankt ist, d.h. ohne Weiterführung oder Ergreifung medizinischer Massnahmen sterben wird, ansonsten eine strafbare (aktive) Tötungshandlung vorliegt.[360] Die Interpretation von Magnus bezüglich der schweizerischen h.L., wonach zu der passiven Sterbehilfe Handlungen zählen, „die erforderlich wären, den Tod eines anderen Menschen, der im Sterben liegt, chronisch krank oder schwer verletzt ist, zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern“, dahingehend, dass damit gemeint sei, auch bei chronischen Krankheiten, die das Leben nur erschweren, aber nicht bedrohen, passive Sterbehilfe zuzulassen,[361] ist schlicht falsch, da nicht zum Tod führende Krankheiten oder Verletzungen gar keinen Sachverhalt passiver Sterbehilfe bilden können.[362] Des Weiteren muss selbst die Ablehnung einer medizinisch indizierten Behandlung etwa durch einen Tetraplegiker oder Krebskranken, der sich (noch) nicht in einem Zustand der Todesnähe befindet, von Arzt und Pflegepersonal respektiert werden – dies ergibt sich bereits daraus, dass im gegenteiligen Fall eine Körperverletzung oder Tätlichkeit anzunehmen wäre.[363] Auch ihre Bezugnahme auf die organisierte Suizidbeihilfe[364] ist in diesem Zusammenhang unglücklich, zumal es sich dabei nicht um einen Fall passiver Sterbehilfe handelt.
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Eine weitere Uneinigkeit besteht in der schweizerischen Lehre im Bereich der passiven Sterbehilfe bei der Einordnung des technischen Behandlungsabbruchs in ein Tun oder Unterlassen. Nach weitverbreiteter Auffassung stellt der technische Behandlungsabbruch eine Form der passiven Sterbehilfe dar – dies mit der Begründung der Nichtverhinderung des natürlichen Sterbeprozesses, eines „Unterlassens durch Tun“.[365] Eine andere Ansicht hingegen betrachtet den Abbruch lebenserhaltender Massnahmen als aktive Handlung, woraus sich eine Einordnung in den Bereich der aktiven Sterbehilfe ergibt.[366] Diese zweite Ansicht erkennt richtigerweise die Problematik, dass eine wertende Umdeutung eines Tuns in ein Unterlassen, wie sie von der h.L. vorgenommen wird, nach der im schweizerischen Strafrecht vorherrschenden Subsidiaritätstheorie[367] nicht haltbar ist.[368] Inkonsequent ist auch, dass die h.L. – trotz Einordnung des technischen Behandlungsabbruchs als Unterlassen – bei Vornahme desselben durch einen Dritten ein Tun annimmt, obwohl weder im Handlungs- noch im Erfolgsunwert ein Unterschied besteht.[369] Wird der technische Behandlungsabbruch somit als aktive Handlung eingeordnet, erfüllt er den objektiven Tatbestand von Art. 114 schwStGB (evtl. Art. 111, 113); aufgrund einer verfassungsrechtlichen Güterabwägung ist jedoch eine übergesetzliche Rechtfertigung dieser direkten aktiven Sterbehilfe anzuerkennen, wenn der aktuelle und eigenverantwortliche oder durch eine Patientenverfügung vorweg geäusserte oder zumindest eruierbare mutmassliche Wille eines Sterbenden auf den Abbruch der lebenserhaltenden Behandlung zielt.[370] Bei urteils- oder äusserungsunfähigen Patienten, deren mutmasslicher Wille nicht feststellbar ist, ist dieser Rechtfertigungsgrund nicht anwendbar, während bei unmittelbar bevorstehendem Tod die ärztliche Behandlungspflicht – wie bei der Unterlassungsvariante – wegen Aussichtslosigkeit entfällt.[371] Nach aktuellem Stand des Verfassungs- und Strafrechts ist unklar, ob und ab wann ein aktiver Behandlungsabbruch bei Personen in einem persistent vegetative state (PVS) mit längerer Lebenserwartung gerechtfertigt ist.[372] Die Einstellung der schweizerischen Bevölkerung sowie die medizinische Praxis zeigen jedoch, dass ein Bedürfnis nach Straflosigkeit beim Behandlungsabbruch bei zerebral schwerst geschädigten Langzeitpatienten besteht.[373]