Zauberer und Höllentore: Acht Fantasy Krimis. Rolf Michael. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Michael
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Год издания: 0
isbn: 9783956179044
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Herz und versuchte ebenfalls, die Türklinke herunterzudrücken. Sie schaffte es. Die Reaktion war nicht so heftig wie bei Robert, aber immer noch stark genug, um sie schließlich die Hand wieder zurückzucken zu lassen.

      Auch sie rieb sich die Hand und betrachtete sie anschließend genauestens im Mondlicht. Es schien allerdings –

      von einer leichten Rötung abgesehen – alles in Ordnung zu sein. Sie zuckte die Schultern. „Irgendein Zauberbann oder so etwas, würde ich sagen!“

      Hinter einer der niedrigen Hecken, die den Friedhof durchzogen und immer wieder von knorrigen, verwachsenen Bäumen unterbrochen wurden, war ein Rascheln zu hören.

      Eine Bewegung, Schritte.

      Robert und Brenda wirbelten herum.

      Robert hatte inzwischen schon längst wieder einen neuen Pflock in seine Armbrust eingelegt und die Waffe auch gespannt, sodass er sofort reagieren konnte, falls ein weiterer Angriff der Blutsauger erfolgte.

      Und damit mussten sie wohl rechnen.

      Denn wenn man zum Schloss blickte, dann braute sich dort im mondhellen Himmel Übles zusammen.

      Eine Schar von mindestens einem Dutzend Nachtkreaturen zog dort immer größer werdende Kreise.

      Die Angreifer schienen sich zu einer gemeinsamen Jagd zu sammeln. Das Schicksal ihrer bereits gepfählten Artgenossen schien sie in keiner Weise abzuschrecken.

      Doch jetzt richtete Robert die Armbrust zuerst einmal gegen jenes Etwas, das da hinter der Hecke hervorkam.

      Es sprang hervor, drehte sich in unvorstellbar schnellem Tempo um die eigene Achse und wirkte wie ein Luftwirbel. Es waren keinerlei Einzelheiten zu erkennen. Wie ein Gummiball kam es immer wieder auf den Boden und sprang dann hoch.

      Dabei entstand ein schier unerträglicher Pfeifton.

      Ehe sich dieses Wesen weiter nähern konnte, schoss Robert seine Armbrust ab.

      Seiner Ansicht nach hatte Robert das Wesen genau getroffen. Die Frage war nur, ob Holzpflöcke gegen diese Art von wirbelndem Geist das richtige Mittel war.

      Der Wirbel verlangsamte sich und fiel wie ein Stein zu Boden.

      Dort kam er auf die Füße und jetzt wurde auch sichtbar, dass es sich um einen alten Bekannten handelte.

      „Der Gnom!“, entfuhr es Brenda.

      Mit böse leuchtenden Augen stand er da. Den Holzpflock hatte er mit der Hand aufgefangen. Offenbar reichte seine Reaktionsgeschwindigkeit aus, um den Angriff mit einer Armbrust abzuwehren – was für künftige Gegner nichts Gutes ahnen ließ.

      „Was soll das, mich anzugreifen?“, meckerte das zwergenhafte Wesen, das sich selbst als einen Diener-Dämon bezeichnet hatte. Das Gesicht war zu einer Maske reiner Boshaftigkeit geworden. Der Gnom fletschte die Zähne wie ein Raubtier und hatte damit plötzlich eine erschreckende Ähnlichkeit zu den Albino-Wölfen der Hexe.

      „Da will ich euch etwas Gutes tun – und das ist nun der Dank! Du versuchst, mich zu töten!“, rief er Robert zu.

      „Tut mir Leid, da war nur ein Wirbel in der Luft zu erkennen!“

      „Man sollte eben immer genau hinsehen, bevor man diese gefährliche Waffe abschießt! Wer weiß, vielleicht ist deine Begleiterin die nächste, die du aus Versehen umbringst!

      Eigentlich sollte ich dir die Armbrust wegen erwiesener Unfähigkeit abnehmen!“ Er seufzte. „Leider fehlen mir dazu jegliche Befugnisse!“

      „Ich kann nur noch mal betonen, dass es keinesfalls meine Absicht war, dich zu treffen!“, wiederholte Robert sich.

      „Getroffen hast du Narr mich ja auch nicht! Sonst hätten dich meine vorgesetzten Höllenoberen ohnehin sofort in den Limbus versetzt.“

      „Was ist das?“

      „Die Welt jenseits aller Welten. Das Nichts. Das Vergessen. Das Kontinuum der absoluten Nicht-Existenz. Es gibt viele Ausdrücke dafür und jede dieser Bezeichnungen trifft einen gewissen Aspekt des Limbus ganz gut.“ Ein grollender Laut kam aus seiner Kehle hervor. Die Prankenartigen Hände ballten sich zu Fäusten. Er schleuderte den Holzpflock zurück, sodass er dicht an Roberts Kopf vorbei zischte und im Holz der Kirchentür zitternd stecken blieb.

      Daraufhin wurde dieser Pflock plötzlich von elektrischen Funken umflort.

      Diese Blitze hörten erst auf, nachdem das angespitzte Holzstück wenig später wie durch magische Hand verursacht seinen Halt verlor, zu Boden fiel und ein Stück über den grob gepflasterten Weg rollte, der zur Kirchentür führte.

      Der Gnom schien sich in der Zwischenzeit einigermaßen beruhigt zu haben.

      „Das ist der Punkt, über den ich mit euch reden wollte!“

      „Das Gezische an der Tür?“, wunderte sich Robert.

      „Ja, genau!“

      „Und? Was ist damit?“

      „Ihr könnt nicht ins Innere der Kirche hinein, die normalerweise einen natürlichen Schutzraum für euch darstellen würde, zumindest im Kampf gegen die Blutsauger, denn sie können weder dort noch in den mit Kreuzzeichen geschützten Häusern im Dorf eindringen. Eigentlich könntet ihr eine kleine Ruhepause in sicherer Obhut gut gebrauchen, nicht wahr? Und wenn ihr bedenkt, dass ihr in Zukunft nicht mehr viele Gelegenheiten bekommen werdet, um in Ruhe einen klaren Gedanken fassen zu können, so gewinnt das, was ich jetzt sage, um so mehr an Brisanz!“

      „Red nicht so lange um den heißen Brei herum, Gnom!“, verlangte Robert. „Bring die Sache auf den Punkt!“

      „Ich habe die Sache schon mal auf den Punkt gebracht – das war da draußen am Bach. Aber mir scheint, ihr habt mir vorhin nicht wirklich zugehört und die Konsequenzen verstanden…“

      „Dann erkläre sie uns jetzt!“, verlangte Robert.

      „Ich sprach schon einmal davon, dass es ein unverzeihlicher Fehler war, mit der Hexe einen Handel einzugehen, anstatt sie zu erschlagen, wie es eigentlich vorgesehen war!“

      „Was hat diese Kirche mit der Hexe zu tun?“

      „Ganz einfach. Seit die Hexe euch einen Teil der Lebenskraft des getöteten Waldgeistes eingeimpft hat, ist in euch selbst die Macht des Bösen vertreten. Nicht stark, aber stark genug, um euch den Zutritt zu gewissen Orten zu verwehren – und dazu gehört leider auch die Kirche. Und was die Häuser in diesem Dorf betrifft, so kommt es jeweils darauf an, wie stark sie gesichert sind!“

      „Den Knoblauch, mit dem man mich beworfen hat, habe ich ganz gut vertragen“, erwiderte Robert.

      Der Gnom lachte schallend.

      Was ihn gerade in diesem Augenblick dermaßen amüsierte, war weder für Robert noch für Brenda im Moment richtig nachzuvollziehen.

      Schließlich beruhigte er sich wieder.

      „Der Knoblauch hat nur eine sehr begrenzte Wirkung, wie ihr feststellen werdet. Die Leute hier im Dorf überschätzen ihn maßlos….“

      In diesem Augenblick fiel einer der Grabsteine um.

      „Was war das?“, fragte Brenda.

      „Tja, das ist ein anderes Problem, mit dem ihr noch zu kämpfen haben werdet.“

      „Von welchem Problem sprichst du?“, fragte Robert.

      „Nun, es gibt einige wenige, die von den Schattenkreaturen gebissen und durch das Einflößen von Vampirblut selbst zu Nachtgeschöpfen gemacht werden. Die Blutsauger nehmen sie mit auf das Schloss und zapfen sie ab und zu an. Aber die Verwandlung geht recht schell voran und wenn sie erst abgeschlossen ist, taugen die Betreffenden nicht mehr als Blutlieferanten. Bei den meisten Opfern verfahren die Nachtkreaturen jedoch anders. Sie zerreißen ihnen die Halsschlagader und saugen sie aus. Aus den Toten wird niemals ein Vampir