Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten. Frank Rehfeld. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frank Rehfeld
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Год издания: 0
isbn: 9783956179129
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gebilligt. Sonst hätte er auch kaum den Ssiraq zu Euren Königen geschickt, um uns aus höchster Not zu retten."

      Die Spannung legte sich ein wenig. Maziroc hatte Barkon nicht nur seine Andeutungen und versteckten Unterstellungen verziehen und mit Humor auf seine Bemühungen reagiert. Mit der Erwähnung des ebenfalls hoch geachteten Charalon hatte er in diesem verbalen Duell sogar noch einen Punktsieg für sich verbuchen können. Wäre er kein Magier, dachte Miranya voll stiller Bewunderung für sein Geschick, hätte er sicherlich einen hervorragenden Diplomaten oder Politiker abgegeben.

      "Ich wollte ganz sicher nicht Euren Verstand infrage stellen", verteidigte sich Barkon. "Wovon ich sprach ist ein ganz natürlicher Prozess. Wenn ich nur an meine Kindheit zurückdenke, und das ist immerhin erst ein paar Jahrzehnte her, keine Jahrhunderte, so erschien mir damals alles viel größer, als es in Wirklichkeit war, und ich ..."

      "Lasst es gut sein, Ihr braucht Euch nicht zu verteidigen. Ich habe auch so verstanden, was Ihr meint", fiel Maziroc ihm mit gutmütigem Spott ins Wort. "Warum wehrt Ihr Euch so energisch gegen die Tatsache, dass es Kenran'Del nicht nur gegeben hat, sondern dass er im großen Krieg gegen die Damonen ein unschätzbar wichtiger Helfer für uns war, wie sich später noch herausstellen sollte? Wovon ich berichtet habe, das war nur meine erste Begegnung mit ihm. Später haben wir uns wiedergetroffen und Seite an Seite gekämpft, und ich kann nur sagen, dass wir den Krieg ohne seine Hilfe vermutlich verloren hätten."

      "Das glaube ich nicht", stieß Barkon hervor. "Da dies nur eine persönliche Wertung von Euch ist, kann ich ihr wohl widersprechen. Zehntausende von Menschen und Angehörigen anderer Völker haben damals Seite an Seite gekämpft. Dieser Kenran'Del jedoch war nur ein einzelner Mann. Er mag wichtige Heldentaten vollbracht haben, aber ein Mann allein hat diesen Krieg nicht entschieden. Das waren die gemeinsamen Anstrengungen aller, die sich damals zusammengeschlossen und gekämpft haben."

      Damit begann er bereits ein Rückzugsgefecht, wie Miranya allerdings erst mit Verspätung bewusst wurde. Er hatte nicht nur die Existenz Kenran'Dels anerkannt, sondern auch, dass er bedeutsame Taten geleistet hatte. Jetzt kämpfte der Zwerg nur noch um Nebensächlichkeiten wie darum, wie entscheidend der Anteil Kenran'Dels und wie hoch der der anderen gewesen war, um sein Gesicht nicht zu verlieren.

      Maziroc nickte. "So betrachtet - sicher. Alle haben ihren Beitrag geleistet, nur haben sie unterschiedlich großen Erfolg gehabt. Selbst alle Krieger und Soldaten Arcanas zusammen hätten die Damonen nicht schlagen können. Wie soll man einen Feind besiegen, der über schier unerschöpflichen Nachschub an Kämpfern verfügt, die zudem keine Angst und keine Schwäche kennen, sondern ihren Führern sklavisch ergeben sind, weil es sich nur um halb intelligente Ungeheuer handelt? Nein, Barkon, dieser Krieg wurde nicht auf dem Schlachtfeld entschieden, sondern durch die Taten einiger weniger Personen."

      "Und Ihr wart eine dieser Personen, nehme ich an."

      "Ich habe auch meinen bescheidenen Beitrag geleistet", bestätigte Maziroc. "Ebenso wie Charalon und andere, darunter eben auch maßgeblich Kenran'Del. Selbst wenn Ihr bezweifelt, dass er wirklich von so großer Bedeutung war und vermutlich wieder sein würde, Charalon und ich sind davon überzeugt. Überzeugt genug, dass wir sogar diese äußerst gefährliche Expedition gewagt haben. Bislang waren Charalon und ich wegen unseres Verstandes, unseres Wissens und auch unseres Urteilsvermögens beim Volk der Zwerge hoch angesehen. Warum also versucht Ihr es jetzt in diesem Punkt in Abrede zu stellen?"

      Miranya merkte, dass sie unbewusst begonnen hatte, ihre Hände zu kneten. Genau wie die Zwerge und auch ihre Begleiter war sie in eine Statistenrolle gedrängt worden. Was hier geschah, war für sie alle von größter Bedeutung, aber es betraf nur Maziroc und Barkon. Gerade das machte sie nervös, denn ihr war klar, wie viel bei diesem scheinbar nur freundschaftlichen Streit auf dem Spiel stand. Nicht nur Barkon hatte mit seinen geschliffenen Formulierungen einen riskanten Weg beschritten. Auch Maziroc spielte ein gefährliches Spiel. Wenn er Barkon durch irgendeine Kleinigkeit vor den Kopf stieß oder dieser nur das Gefühl gewann, dass der Magier es ihm gegenüber an Achtung und Respekt mangeln ließe, dann würde er nicht nur Mazirocs Bitte entschieden ablehnen. Möglicherweise bestand dann auch die Gefahr, dass die Zwerge sie gar nicht erst bis nach Therion geleiten, sondern unverzüglich in ihre Heimat zurückkehren würden.

      Miranya wusste zu wenig über das kleine Volk, um dieses Risiko realistisch einschätzen zu können. Sie musste darauf vertrauen, dass Maziroc, der die Zwerge weitaus besser kannte, wusste was er tat. Sie warf einen raschen Blick zu Scruul hinüber, der ein Stück von ihr entfernt saß. Auch sein Gesicht zeigte einen besorgten Ausdruck.

      "Vielleicht versuche ich durch meine Skepsis nur, Euch vor falschen oder übertriebenen Erwartungen zu bewahren", antwortete Barkon zögernd. "Setzt nicht alle Eure Hoffnungen nur auf diesen geheimnisvollen Fremden. Die Chance, dass Ihr diese Zitadelle in Sharolan noch in diesem Jahr erreicht, ist ohnehin äußerst gering. Wenn hier, so weit im Westen, bereits Schnee gefallen ist, dann dürften auch die Pässe über den Luyan Dhor schon zugeschneit sein. Zumindest werden sie es sein, bis wir Therion erreichen. Alles deutet darauf hin, dass die Völker Arcanas diesen kommenden Krieg ohne irgendwelche geheimnisvolle Hilfe werden führen müssen."

      "Dann wird Arcana untergehen", erklärte Maziroc. Seine Stimme machte deutlich, dass er keine Befürchtung äußerte, sondern nur eine nüchterne Tatsache feststellte, so schrecklich sie auch sein mochte. "Damals hatten wir das mächtige Volk der Elben auf unserer Seite, das heute kaum noch existiert. Auch die Zwerge haben damals auf unserer Seite gekämpft, und Ihr wisst selbst am besten, wie es um die schwindende Macht Eures Volkes heute bestellt ist." Zur Bestätigung schüttelte der Magier entschieden den Kopf. "Nein, unsere Situation ist heute viel, viel schlechter als vor tausend Jahren. Unser einziger Vorteil ist, dass wir diesmal früher von der Bedrohung erfahren und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet haben, aber das gleicht unsere ungleich schwächere Position nicht aus. Wir werden jede Hilfe brauchen, die wir bekommen können, und Kenran'Del stellt eine mächtige Hilfe dar."

      "Nun, dann bleibt Euch nur zu hoffen, dass die Pässe über den Luyan Dhor noch frei sind, denn sie bieten den einzigen Zugang ins Ödland von Sharolan", fasste Barkon zusammen. "Wir können nicht mehr tun, als zu versuchen, Euch sicher dorthin zu geleiten."

      "Und an dieser Stelle muss ich nun Euch vorwerfen, nicht die volle Wahrheit zu sagen." Maziroc erhob sich. Durch seine massige Körperstatur, die er psychologisch sehr bewusst einsetzt, pflegte er andere ohnehin fast zu erdrücken, und nun nutzt er auch noch den Vorteil, auf die Zwerge herabschauen zu können und ihnen so seine Überlegenheit zu demonstrieren, voll aus. Langsam drehte er sich einmal um die eigene Achse und ließ seinen Blick über ihre Gesichter schweifen, bis er eine Runde vollendet hatte und wieder Barkon direkt ansah.

      "Es gibt durchaus noch mehr, was Ihr tun könnt", fuhr er fort. "Ihr habt nur wenige Stunden für den Weg von den Todessümpfen hierher gebraucht, für eine Strecke, für die man normalerweise Wochen benötigen würde. In Eurer Hand liegt es auch, mich in entsprechend kurzer Zeit bis ins Ödland von Sharolan zu bringen, zu Kenran'Dels Sternenzitadelle."

      Unter den Zwergen brach aufgeregtes Gemurmel los. Auch Barkon sprang nun auf.

      "Ihr wisst ja nicht, was Ihr da sagt!", stieß er hervor. "Diese Möglichkeit, die Ihr angesprochen habt, steht nur uns Zwergen zur Verfügung, keinem der anderen Völker. Es wäre unmöglich, Euch dabei mitzunehmen."

      "Warum sprecht Ihr es nicht offen aus? Es geht um den Ritt auf einem Drachen, nicht wahr?", sagte Scruul ruhig. Er hatte nicht einmal laut gesprochen, dennoch übertönte seine Stimme das erregte Getuschel und hatte eine durchschlagende Wirkung. Die Zwerge schienen zu erstarren und verstummten schlagartig. Von einer Sekunde auf die andere breitete sich Totenstille auf der Lichtung aus. Alle Blicke wandte sich Scruul zu, der mit lässig ausgestreckten Beinen auf einem Baumstumpf saß und ein Gesicht machte, als ob er kein Wässerchen trüben konnte.

      Auch Miranya starrte ihn überrascht an. Drachen?, dachte sie verwirrt. Hatte sie gerade wirklich richtig gehört und Scruul hatte von einem Drachen gesprochen?

      "Das ist ... Woher weißt du davon?", stammelte Barkon, womit er die Vermutung bestätigte, wohl ohne sich darüber auch nur richtig klar zu sein. Er trat einen