Eine Leiche zum Lunch. Susanne Danzer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Susanne Danzer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741831263
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haben zunächst zwei Chancen, Celly«, sagte er nach einer Weile des Nachdenkens.

      »Ja?«

      »Die eine führt über die Identität des Opfers. Wenn wir diese ermittelt haben, öffnet sich ein ganzes Bündel von Spuren, davon bin ich überzeugt. So etwas habe ich im Urin.«

      »Da wollen wir mal hoffen, dass es nichts Krankhaftes ist«, murmelte sie und fragte dann laut: »Und die andere Chance?«

      »Hat einen bitteren Beigeschmack.«

      »Sie sprechen in Rätseln, Primes.«

      »Die andere Chance ist, dass der Mörder seine Tat wiederholt oder es zumindest versucht.« Er rieb sich nachdenklich das Kinn.

      Das Telefon an der Wand seines Büros schrillte, sodass er aufsprang, um den Anruf rasch entgegenzunehmen.

      »Inspector Primes am Apparat«, meldete er sich.

      »Ich habe eine Dame in der Leitung«, meldete sich die Frau aus der Vermittlung. »Sie will Anzeige erstatten. Ihre Schwester soll abgängig sein, und nach dem … ich dachte, nach dem Kofferfund … also die Leiche … ist es vielleicht gut, wenn ich …«

      »Dann stöpseln Sie das Gespräch durch!«

      In Primes Zügen zeigte sich so etwas wie spannungsgeladene Erregung, als sich sein Instinkt regte.

      Celeste hatte sich ungefragt die zweite Hörmuschel genommen, die es ihr erlaubte das Gespräch mitanzuhören.

      Eine aufgeregte Frauenstimme, die nicht eines gewissen Timbres entbehrte und sich gelegentlich überschlug, sprang mitten in das Anliegen, das sie vorzubringen hatte.

      »Es handelt sich um meine Schwester, Vicky, Sir. Sie ist seit gestern Vormittag nicht nach Hause gekommen.«

      »Wer spricht, bitte?«, wollte Primes wissen.

      »Hier ist Rose Chambletts. Verzeihen Sie, wenn ich etwas erregt bin, aber ich warte bereits seit gestern Abend auf sie …«

      Ihre angenehme Stimme klang tränenunterdrückt.

      »Und da melden Sie sich bereits heute?«

      »Meine Schwester ist achtunddreißig … es kommt manchmal vor, dass sie anderswo übernachtet, jedoch nicht, ohne mich darüber in Kenntnis zu setzen. Aber dass sie auch den ganzen Tag auswärts verbringt ist bisher noch nie vorgekommen.«

      »Wie sieht ihre Schwester Vicky aus?«

      »Sie ist blond und etwas mollig.«

      »Augen?«

      »Blau.«

      »Gesicht?«

      »Etwas rundlich, aber hübsch.«

      »Können Sie mir sagen, was sie trägt?« Primes spürte, wie die Spannung in seinen Schläfen pochte und strich beruhigend mit den Fingerspitzen darüber.

      »Warten Sie einen Augenblick . . . was hatte sie denn an, als sie wegging …? Ja, ja, jetzt weiß ich es. Ein graues Kleid.«

      »Hat sie Gepäck mitgenommen?« Primes war ein wenig enttäuscht, obgleich er Vicky Chambletts ihr Leben von Herzen gönnte.

      »Ja, ihr Handköfferchen nimmt sie immer mit, wenn sie übernachten will.«

      »Und im Handköfferchen befindet sich was?«

      »Das Übliche: Toilettenartikel, ein zweiter Satz Oberbekleidung sowie frische Wäsche zum Wechseln. Das machte sie immer so. Zumeist hatte sie ihn schon im Voraus gepackt, falls sie gedachte, dem tristen Alltag zu entfliehen, wie sie es nannte.«

      Primes atmete einmal tief durch.

      »Können Sie feststellen, was sie mitnahm?«, erkundigte sich der Inspector.

      »Warten Sie einen Augenblick …«

      Primes und Celeste wechselten einen Blick, mit dem sie ihre Spannung ein wenig abreagierten.

      Endlich nahm die Frau am anderen Ende der Leitung wieder die Hörmuschel auf und sprach.

      »Hallo? … Sind Sie noch da?«

      »Ja, Madam. Sprechen Sie!«

      »Sie nahm einen Rock und eine weiße Bluse mit Kragenstickerei mit.« Sie stockte einen Moment nachdenklich. »Blaue Blümchen in hübschen Ziermustern angeordnet. Eine entzückende Nadelarbeit.«

      Primes spürte, wie seine Stirn zu glühen begann und es in seinem Nacken kribbelte, wie immer, wenn er bemerkte, dass sich ihm eine Spur offenbarte.

      »Sind Sie ganz sicher, Miss Chambletts?«

      »Ja, natürlich. Warum fragen Sie so merkwürdig?«

      »Es ist nur, weil wir alles möglichst präzise erfahren müssen. Erschrecken Sie nicht, wenn ich Sie jetzt frage, ob an Ihrer Schwester irgendwelche besonderen Merkmale bekannt sind.«

      »Was meinen Sie damit?«

      »Nun ja, körperliche Besonderheiten, die sie von anderen Menschen klar und eindeutig unterscheidet.«

      »Nicht, dass ich wüsste, Sir …«

      »Hatte sie nie Operationen oder etwas Ähnliches?«

      »Nein. Vicky ist gesund und war es auch immer.« Die Frau unterbrach sich und stieß einen kurzen erstickten Schrei aus. »Nein, nein, wie konnte ich das nur vergessen. Verzeihen Sie, Sir, aber meine Aufregung. Vicky wurde der Blinddarm entfernt. Das war eine gefährliche Situation und ich glaubte schon, sie zu verlieren.« Ein Schluchzen folgte.

      Primes sah auf, und sein Blick traf sich mit dem von Celeste.

      Sie verdeckte sorgfältig die Sprechmuschel mit der Hand und sagte, die Lippen kaum bewegend: »Jeder Zweifel ist ausgeschlossen.«

      Primes schwieg ein paar Sekunden lang. Dann fragte er, merkwürdig weich im Ton: »Wo wohnen Sie, Miss Chambletts?«

      »21 Portman Square, Nähe Hyde Park, im zweiten Stockwerk, die erste Tür links …«

      »Ja, ich weiß, geht von der Baker Street ab. Ich mache mich gleich auf den Weg zu Ihnen, Miss Chambletts. Gehen Sie also bitte nicht weg.«

      »Das ist sehr aufmerksam … aber … ich habe doch alles gesagt.«

      »Trotzdem, Miss Chambletts … bis dann!«

      Er hängte die Hörmuschel wieder ordnungsgemäß ein, verharrte einen Augenblick, schüttelte, eigentlich mehr für sich, den Kopf und wiederholte, mit einem aufmerksamen Blick auf Celeste Montgomery: »Nein … jeder Zweifel ist ausgeschlossen.«

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