Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke. Hans Christian Andersen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans Christian Andersen
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783746750194
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wieder; er hatte kein silbernes Kreuz auf der Brust, wie der Vater geträumt, aber er hatte heile Glieder, was die Mutter nicht geträumt hatte. Und das war eine Freude; sie lachten und – weinten. Und Peter umarmte die alte Brandtrommel:

      »Da steht noch das alte Gerippe!« sagte er.

      Und der Vater schlug einen Wirbel darauf.

      »Es ist fast, als wäre hier eine große Feuersbrunst,« sagte die Brandtrommel, »Heller Tag, Feuer im Herzen, Goldschatz! skrat, skrat, skrat!«

      Und nun? Ja, was nun? Frage nur den Stadtmusikanten.

      »Peter wächst ganz über die Trommel hinaus,« sagte er; »Peter wird größer als ich!« und er war doch der Sohn von einem königlichen Silberwäscher; aber Alles, was er in einer halben Lebenszeit gelernt, lernte Peter in einem halben Jahre.

      Es war etwas so Fröhliches in ihm, so innerlich Gutherziges. Die Augen leuchteten und das Haar leuchtete, – das konnte man nicht in Abrede stellen.

      »Er soll sein Haar färben lassen!« sagte die Nachbarin. »Das glückte der Polizeimeisters Tochter herrlich! und – sie verlobte sich.«

      »Aber es wurde ja gleich nachher grün wie Entengrütze und muß immer aufgefärbt werden!«

      »Sie weiß sich zu helfen,« sagte die Nachbarin, »und das kann Peter auch. Er kommt in die vornehmsten Häuser, selbst zu Burgemeisters, wo er dem Fräulein Lotte Klavierstunden gibt.«

      Spielen konnte er! ja, gleich die herrlichsten Stücke aus dem Herzen spielen, die noch auf keinem Notenblatte geschrieben standen. Er spielte in den hellen Nächten und auch in den dunklen. Das war gar nicht zum Aushalten, sagte die Nachbarin und auch die Brandtrommel.

      Er spielte, daß die Gedanken sich erhoben und große Zukunftspläne hervorsprudelten:

      »Berühmtheit!«

      Und Burgemeisters Lotte saß am Klavier; ihre seinen Finger tanz ten über die Tasten hin, daß es bis in Peter's Herz hineinklang; es war, als würde ihm das allzuviel, und das geschah nicht ein Mal, sondern Viele Male, und da ergriff er eines Tages die seinen Finger und die schön geformte Hand, und küßte sie und sähe ihr in die großen, braunen Augen; Gott weiß, was er sagte; wir Andern haben aber Erlaubniß, es zu rathen. Lotte wurde über Hals und Schultern roth und erwiderte kein einziges Wort; – da kamen Fremde in das Zimmer, der Sohn des Staatsraths; der hatte eine hohe, weiße Stirn und trug sie hintenüber, fast bis in den Nacken. Und Peter saß lange bei ihr und sie sähe ihn mit sanften Blicken an.

      Daheim am Abende sprach er von der weiten Welt und von dem Goldschatze, der für ihn in seiner Violine verborgen läge.

      Berühmtheit!

      »Tummelum, tummelum, tummelum!« sagte die Brandtrommel. »Nun ist es mit Peter rein toll! Ich glaube, daß Feuer im Hause ist.«

      Am nächsten Tage ging die Mutter auf den Markt.

      »Weißt Du was Neues, Peter?« sagte sie, als sie zurückkam, »eine herrliche Neuigkeit! Burgemeisters Lotte hat sich mit Staatsraths Sohne verlobt; und das geschah gestern Abend.«

      »Nein!« sagte Peter und sprang vom Stuhle auf. Aber seine Mutter sagte: »Ja!« sie wußte es von der Barbierfrau, deren Mann es aus dem eigenen Munde des Burgemeisters gehört hatte.

      Und Peter wurde bleich wie eine Leiche und setzte sich nieder.

      »Herr Gott, was hast Du?« sagte die Mutter.

      »Schon gut, gut! laß mich nur in Ruhe!« sagte er und die Thränen liefen ihm über die Backen.

      »Mein süßes Kind, mein Goldschatz!« sagte die Mutter und weinte; aber die Brandtrommel sang, nicht auswendig, sondern inwendig:

      »» Lotte ist todt! Lotte ist todt!«« »ja, nun ist das Lied aus!«

      Das Lied war nicht aus; es hatte noch viele Verse, lange Verse, die allerschönsten, den Goldschatz eines Lebens.

      »Sie geberdet sich wie eine Närrin!« sagte die Nachbarin. »Die ganze Welt soll die Briefe, die sie von ihrem Goldschätze bekommt, lesen und auch noch hören, was die Zeitungen von ihm und seiner Violine sagen. Ja, Geld sendet er ihr, das kann sie gebrauchen, seitdem sie Witwe ist.«

      »Er spielt vor Kaisern und Königen,« sagte der Stadtmusikant. »Mir ist das Loos nicht gefallen, aber er ist mein Schüler und vergißt seinen alten Lehrer nicht.«

      »Sein Vater träumte, weiß Gott,« sagte die Mutter, »daß Peter mit dem silbernen Kreuze auf der Brust vom Kriege heimgekehrt; er bekam es im Kriege nicht, aber es ist noch schwieriger, es so zu bekommen! Jetzt hat er das Ritterkreuz. Das müßte sein Vater erlebt haben!«

      »Berühmt!« sagte die Brandtrommel und die Vaterstadt sagte das auch: des Trommelschlägers Sohn, Peter mit dem rothen Haare, Peter, den sie als kleinen Knaben mit Holzschuhen gesehen, als Trommelschläger gesehen und der zum Tanze aufspielte, – berühmt! –

      »Er spielte bei uns, noch ehe er vor den Königen gespielt!« sagte die Frau des Burgemeisters. »Damals war er in Lotte ganz weg, er sah immer hoch hinauf! Damals war er naseweis und fabelte! Mein eigener Mann lachte, als er von der Narrheit hörte! Jetzt ist Lotte Staatsrätin!«

      Es war ein Goldschatz in das Herz und in die Seele des armen Kindes gelegt, der als kleiner Trommelschläger: »Marsch, vorwärts!« schlug; den Siegesschlag für die, welche im Begriff zu weichen waren. Es lag ein Goldschatz in seiner Brust, – die Gewalt der Töne; es brauste von der Violine, als sei eine ganze Orgel darin, als tanzten alle Sommernachts-Elfen auf den Saiten dahin; man hörte den Schlag der Drossel und die volle klare Stimme des Menschen; deshalb zog es mit Entzücken durch die Herzen und trug seinen Namen wiederhallend durch das Land. Das war ein großer Feuerbrand, – der Feuerbrand der Begeisterung.

      »Und dann sieht er auch so prächtig aus!« sagten die jungen Damen und auch die alten; ja, die allerälteste schaffte sich ein Album für berühmte Haarlocken an, nur allein, um sich eine Locke von dem reichen, herrlichen Haarwuchse, diesem Schatze, diesem Goldschatze, auszubitten.

      Der Sohn trat in die arme Stube des Trommelschlägers, fein wie ein Prinz, glücklicher als ein König. Die Augen waren so klar, das Gesicht wie Sonnenschein. Er hielt seine Mutter in den Armen; sie küßte seinen warmen Mund und weinte so glückselig, wie man nur vor Freude weinen kann; und er nickte jedem alten Meuble in der Stube zu, dem Schranke mit den Theetassen und dem Blumenglase; er nickte der Schlafbank zu, worin er als kleiner Knabe geschlafen; aber die alte Brandtrommel holte er hervor, zog sie mitten in die Stube und sagte zu ihr und seiner Mutter:

      »Mein Vater würde heute einen Wirbel geschlagen haben. Das muß ich nun thun!«

      Und er schlug ein ganzes Donnerwetter auf der Trommel, und diese fühlte sich so geehrt dadurch, daß sie ihr eigenes Trommelfell zerriß.

      »Er hat einen herrlichen Faustschlag!« sagte die Trommel. »Nun habe ich von ihm für immer eine Erinnerung! Ich warte darauf, daß seine Mutter auch vor Freuden über ihren Goldschatz platzen soll.«

      Das ist die Geschichte vom Goldschatze. .

      Da stand eine Windmühle auf dem Hügel, stolz anzusehen, und stolz fühlte sie sich auch.

      »Ich bin ganz und gar nicht stolz,« sagte sie, »aber ich bin sehr aufgeklärt, von außen und von innen. Ich habe Sonne und Mond zum äußerlichen Gebrauche und auch mit zum inwendigen, und dann habe ich ohnedies noch Stearinkerze, Thranlampe und Talglicht; ich darf sagen, daß ich helle bin; ich bin ein denkendes Wesen und so wohlgeschaffen, daß es ein Vergnügen ist. Ich habe eine gute Gurgel in der Brust, ich habe vier Finger, die sitzen mir oben am Kopfe, gleich unter dem Hute; die Vögel haben nur zwei Flügel und müssen sie auf dem Rücken tragen. Ich bin von Geburt ein Holländer, das kann man an meiner Gestalt sehen; ein