"Wir schaffen das". Benjamin Webster. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Benjamin Webster
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745097009
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Zeit, eine Million Flüchtlinge ins Land. Und nicht nur das, es waren fast alle Moslems. Das hatte in seinen Augen, nichts mehr mit seiner Weltanschauung zu tun. Seiner Meinung nach, hatte seine Kanzlerin gegen geltende Gesetze verstoßen. Denn nach Artikel 16 Absatz 2, durften die Flüchtlinge gar nicht in Deutschland einreisen, weil sie aus sicheren Drittstaaten kamen. Aber egal wen er darauf aufmerksam machte, keiner wollte es hören. Bis auf ein einige Leute, die dem rechten Flügel angehörten. Sie waren durchweg derselben Meinung und schimpften bei jeder Gelegenheit, über die Kanzlerin. Markus spielte sogar mit dem Gedanken, der Kanzlerin bei der nächsten Wahl, die Stimme zu verweigern. Aber das alles, löste nicht das Problem mit seiner Arbeitslosigkeit. Der Frust saß tief. Lästern und schimpfen über die Politik der Regierung, wurde zur Manie. Das ging solange, bis er von der Arbeitsagentur, ein Stellenangebot bekam. Er sollte sich schnellstmöglich, bei einer Firma Scholz vorstellen, die suchten für diverse Baustellen in Berlin noch dringend Bauhelfer. Markus hatte alles andere als Fachwissen. Er konnte zwar einen Hammer von einer Zange unterscheiden, aber das war es dann schon. Aber in der Not frisst der Teufel Fliegen und bei klammer Kasse, war er für jeden Job zu haben. Beim Vorstellungsgespräch, sagte er dies auch wahrheitsgemäß, wies aber daraufhin, dass er die Arbeit dringend brauchte und er lernwillig ist. Herr Scholz hatte ein einsehen mit seiner Lage und stellte ihn als Bauhelfer ein. Aber nicht zum tariflichen Mindestlohn von 11,30 Euro, sondern zum gesetzlichen Mindestlohn, von 8,80 Euro. Und für den Fall, dass eine Kontrolle vom Zoll käme, sollte er sagen, er wäre der Fahrer und würde nur aushelfen für diesen einen Tag. Markus sollte gleich am nächsten Tag anfangen. Wie er mit der freudigen Nachricht nach Hause kam, rechnete seine Frau Ute einmal nach, wieviel Markus verdienen würde. Die Bilanz war mehr als enttäuschend. Mit den Normalstunden würde er gerade einmal um die 1000.- Euro Netto verdienen, also weniger, wie mit Hartz IV. Würde er den Baumindestlohn bekommen, wären das immerhin fast 400.- Euro Netto mehr. Aber das würde immer noch nicht reichen, um seine Familie zu ernähren und die Fixkosten zu bestreiten. Die Fixkosten, Miete, Strom Heizung, Telefon und Versicherungen, betrugen alleine 1200.- Euro. Er müsste auf jeden Fall aufstocken und das bei einer Vollzeitstelle auf dem Bau. Ute und Markus führten an diesem Abend noch ein sehr langes Gespräch. Ute: „Dieser feine Herr Scholz, will dich von der ersten Minute an ausbeuten. Er betrügt dich um Mindestens 400.- Euro im Monat. Geld, das wir wieder auf dem Amt beantragen müssen. Wir kommen nicht darum herum, aufzustocken. Selbst wenn er den regulären Lohn bezahlen würde, müssen wir das, weil unsere Fixkosten zu hoch sind. Ich würde ja gerne auch arbeiten, aber wer will schon eine 47 jährige, die seid 16 Jahren nicht mehr gearbeitet hat. Nicht einmal bei Leihfirmen habe ich eine Chance. Nein, mein lieber Mann, wir müssen diesem Scholz dazu bringen, dass er dir den gesetzlichen Tariflohn bezahlt. Tut er das nicht, werden wir vor Gericht gehen, dort werden wir schon Recht bekommen.“ Karsten: „Dann wirft er mich hinaus und ich habe wieder keinen Job.“ Ute: „Besser keinen Job, als betrogen zu werden. Willst du vielleicht bis zur Rente, unter Wert arbeiten? Was glaubst du, wie dann deine Rente aussieht?“ Karsten: „Und wie soll ich das anstellen, dass ich den gerechten Lohn bekomme? Soll ich etwa zu ihm hingehen und mehr Lohn einfordern?“ Ute: „Nein, das brauchst du doch nicht. Lies was in deinem Arbeitsvertrag steht.“ Sie zeigte auf eine Stelle, wo „Entlohnung“ stand. Dann fuhr sie fort: „Du änderst einfach die Zahlen und trägst den tariflichen Mindestlohn ein und nur den unterschreibst du. Wenn er nicht damit einverstanden ist, gehen wir vor das Arbeitsgericht mit ihm. Sag ihm das morgen früh vor Arbeitsbeginn. Ist er damit einverstanden, gehst du zu deiner Arbeit, wenn nicht, gleich aufs Gericht. Aber lass dir auf keinen Fall den Arbeitsvertrag wegnehmen, dass ist nämlich der einzige Beweis dafür, dass er dich bescheißen wollte.“

      Da waren sie wieder, die Ritter. Zuerst waren sie ganz klein und galoppierten aus der Steckdose neben dem Fernseher, danach wurden sie immer größer. Es sind immer drei Stück, zwei unscheinbare, mit grauglänzenden Metallrüstungen. Und einer, der war eine Lichtgestalt. Dieser war ganz weiß und ritt auf einem schwarzen Rappen. In der linken Hand hielt er die Zügel und in der anderen, eine lange, imposante weiße Lanze. Langsam wuchsen die drei und wurden immer größer. Oskar sah diese Gestalten in letzter Zeit immer öfter und entsprechend wuchs seine Angst in ihm. Wie sie in voller Größe erschienen, ritten sie direkt auf Oskar zu. Er sah, dass die Lanze des weißen Ritters, vorne voll Blut war, welches förmlich herunter tropfte. Das klappern der Hufe wurde immer lauter und die Ritter kamen immer näher. Oskar ergab sich in sein Schicksal. Zitternd hob er seine Hände schützend vor seinen Körper. Er erwartete jedem Moment das eindringen der Lanze in seinen Körper, aber die Ritter sprangen einfach durch ihn hindurch und verschwanden genau so schnell wieder, wie sie gekommen waren. Jedes Mal wenn dies geschah, lag Oskar zitternd am Boden. Sein ganzer Körper schmerzte. Es fühlte sich an, als wenn seine Organe mit einem glühenden Eisen durchbohrt wurden. Oskar kannte dieses Gefühl und wusste sofort, was jetzt nur noch half. Bier, Schnaps oder Wein, Hauptsache Alkohol. Was Oskar da ereilt hatte, würde man im Volksmund mit „Affen“ bezeichnen. Er war schlicht und einfach unter seinem üblichen Alkoholspiegel gekommen, denn er war Spiegeltrinker. Wenn er über einen längeren Zeitraum keinen Alkohol bekam, hatte er diesen Tremor. Oskar kroch zum Kühlschrank und holte eine Flasche billigen Korn heraus. Zitternd schraube er den Verschluss herunter und setzte die Flasche mit beiden Händen an. Er trank dann jedes Mal die halbe Flasche aus und fühlte sich nach zehn Minuten wieder besser und trank nach und nach die ganze Flasche leer. Nun hatte er wieder etwa acht Stunden Ruhe, bevor das gleiche Spiel wieder von vorne losging. Er wusste, dass dies nicht mehr lange gut gehen würde, denn irgendwann würde seine Leber oder sein Herz versagen. Dabei hat er fast sein ganzes Leben keinen Alkohol angerührt. Aber das hat er in den letzten drei Jahren gründlich nachgeholt. Die Sucht fing ganz harmlos an. Ein Bierchen nach Feierabend, dann einen Schnaps dazu. Zu Hause einen Absacker und beim Abendessen einen Wein. Es gab ja niemanden, der ihn kontrollierte. Oskar war nie verheiratet und hatte auch keine Kinder. Bis auf einige Liebschaften, die kurzfristig bei ihm einzogen, war er sein Lebtag alleine. Dann verlor er seinen Job in der Spedition, dass war vor zwei Jahren. Und als 58 jähriger Speditionskaufmann, findet man in dieser Republik, keinen Job mehr. Inzwischen war er 60 geworden und dem Tod näher, als je zuvor in seinem Leben. Seine ehemaligen Stammtischbrüder haben ihn noch ab und zu besucht und ihn gewarnt, wenn er nicht die Finger vom Alkohol ließe, dann würde es noch ein böses Erwachen geben. Und heute schien es so, als wenn es soweit wäre. Die Körperschmerzen ließen zwar nach, aber das Stechen in der Brust hörte nicht auf. Im Gegenteil, es wurde von Stunde zu Stunde heftiger. Mit letzter Kraft schleppte er sich ins Treppenhaus, wo er leblos zusammenbrach. Ein Nachbarskind fand ihn am späten Nachmittag und die Rettung brachte ihn ins Krankenhaus. Erst eine Bypass- Operation brachte ihn wieder ins Leben zurück. In der Warschauer Strasse wurde dies zwar zur Kenntnis genommen, war aber schon am nächsten Tag kein Gesprächsthema mehr. So ist eben unsere Gesellschaft von heute. Immer schneller, weiter und höher, würde man im Sport sagen, aber es gibt nichts Schlimmeres, als Nachrichten von gestern. Wen interessiert es schon, wenn ein Säufer einen Herzinfarkt bekommt? Hat eben Pech gehabt und hätte nicht soviel saufen sollen. Aber so einfach ist das nicht. Hinter jedem Schicksal steckt nun einmal eine Geschichte die da lautet, warum. Warum hat derjenige dies oder das getan? Warum ist es soweit gekommen? Hätte man es verhindern können? Wer hat Schuld? Fragen, die die Gesellschaft nur mit einem Schulterzucken beantwortet und dann wieder zur Tagesordnung übergeht. Gleichgültigkeit und Ignoranz sind die Ursachen, gepaart mit einem Spritzer Egoismus und Narzissmus. Es trifft einen ja nicht persönlich. Können sie sich noch erinnern wie ein gewisser Gerhard Schröder, Helmut Kohl als Kanzler abgelöst hat? Die ganze Nation war voller Hoffnung und Vertrauen in die neue Regierung. SPD und ÖKO Partei, was soll da schon schiefgehen? Die Folgen dieser Regierung sind heute noch zu spüren. Sozialer Kahlschlag wurde gemacht und keiner der Herren Politiker unternahm oder unternimmt etwas dagegen. Mit der Agenda 2010 wurde ein Instrument geschaffen, das sozialen Abbau schaffte. Hartz IV und Rentenkürzungen sind nur einige Beispiele unter der wir heute noch zu leiden haben. Ganz zu schweigen von den Billiglohn Jobs und der Zeitarbeit. Schröder war eben der Genosse der Bosse. Kein Kanzler hat den Reichen und Mächtigen mehr Geschenke gemacht, wie er. Und ganz nebenbei, hat er die Grundlage dafür geschaffen, dass es zu den verheerenden Folgen in Deutschland, beim Finanz Crash 2008 gekommen ist. Dies nur ganz nebenbei, damit sie auch verstehen, warum wir heute so viele Arme und so viele Reiche in Deutschland haben, wie nie zuvor. Die Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auseinander