Das Schicksal lacht mit spitzen Zähnen. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745030990
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konnte man sich sofort denken, warum dies der Fall ist. Dieser Sattel gab dem freihändig reitenden Schützen einen festen Halt. Er konnte quasi gar nicht aus dem Sattel fallen. Als die beiden Verhandelnden einen passenden Preis festgesetzt hatten und sich die Hände gaben, meldete sich Skryrmir nochmals zu Wort.

      »Temudschin? Ich brauche genauso einen Sattel. Verkaufst du mir einen?«

      »Ich weiß aber nicht, ob du dort hineinpasst. Du bist ein Riese«, bemerkte er mit abschätzendem Blick.

      »Ist egal, ich brauche nur ein Muster. Wir haben jede Menge Holz und geschickte Handwerker, die diese Art von Sattel für uns nachbauen können.«

      »Na, wenn das so ist. Ich habe einen, der vorne leicht angebrochen ist. Den gebe ich dir gratis mit. Für mich ist er unbrauchbar«, gab er sich einverstanden. Trotzdem schien er zunehmend misstrauisch zu werden.

      »Und dann habe ich noch eine Bitte an dich. Bei der heutigen Reiterdarbietung habe ich gesehen, was euer Skythenbogen vollbringt. Verkaufst du mir einen Bogen?«, fragte Skryrmir freimütig, obwohl er ahnte, dass er eventuell den Bogen überspannt hatte.

      Wie befürchtet, schüttelte Temudschin Badma energisch den Kopf. »Nun hör mir mal zu, Nordmann: Ich bin kein Waffenhändler. Ich verkaufe Pferde. Zudem kann ich Eins und Eins zusammenzählen und ahne, was ihr Wikinger im Schilde führt. Nein, ich verkaufe euch keinen Bogen. Die Kunst diese Waffe herzustellen, wird von Generation zu Generation weitergegeben, das ist nichts, was man im Vorbeigehen einkaufen kann!«

      Hackbart und Skryrmir zogen sich kurz zur Besprechung zurück. »Verdammt! Was machen wir jetzt?«, fragte Skryrmir.

      »Du solltest ihm ein Angebot machen, welches er nicht ablehnen kann«, schlug Hackbart vor.

      »Und wie soll das aussehen?«, fragte Skryrmir verzweifelt.

      »Hör mal, vielleicht können wir den Jungen überreden, mit uns in den Norden zu gehen. Schließlich weiß er genau, wie man so einen Bogen baut!«, schlug Hackbart vor.

      »Meinst du?«, fragte Skryrmir schon ein bisschen optimistischer. »Stimmt, alles und jeder hat seinen Preis, richtig?«

      »Probieren wir´s aus«, nickte Hackbart.

      Sie begaben sich wieder an die Front.

      »Gut, ich akzeptiere, dass du kein Waffenhändler bist. Dann gestatte uns, dass dein Sohn uns in den Norden begleitet. Er wollte ohnehin das Meer sehen. Sag deinen Preis. Was willst du für ihn haben?«, fragte Skryrmir.

      Temudschin grinste. »Was? Ihr wollt mir meinen Sohn abkaufen? In eurer Heimat dürft ihr gerne mit dem Menschenhandel eure Taschen füllen. Aber wir sind frei, und nicht käuflich. Außerdem ist mein Sohn Akuma für das Geschäft in Samarkand zuständig und ist somit für mich unabdingbar.«

      Doch Skryrmir wollte nicht aufgeben. Er hatte nicht die lange Reise getan, um Odin zu enttäuschen. Also versuchte er es erneut. »Mein Gott schickte mich zu dir! Lass mich nicht mit leeren Händen vor ihn treten! Deine Pferde sind nur ein Teil seines großen Plans. Also sage mir, wie wir uns einigen können, damit ich so einen Bogen bekomme!«

      Temudschin sah Skryrmir an, dann blickte er zu Hackbart, der mit den Achseln zuckte und hilflos die Hände hob. »Na, gut. Es gäbe da eine Möglichkeit. Ich habe mehr Töchter, als einem Mann lieb sein kann. Heirate eine meiner Töchter, dann bekommst du deinen Bogen. Ihr seid heute Abend herzlich zum Essen in unsere Jurte eingeladen. Dann reden wir weiter! Kommt unbewaffnet! Wir sehen uns nach Eintritt der Dunkelheit!«, meinte der Pferdehändler bestimmend.

      »In Ordnung!«, entgegnete Skryrmir. »Bis später!«

      Sie führten die Pferde zu ihrem Lagerplatz und übergaben sie der Obhut der Bootsbesatzung. Sofort machte sich Skryrmir auf den Weg zum Dorf.

      »Hey, wo willst du hin?«, fragte Hackbart und folgte.

      »Na, wir beide gehen zum Badehaus, uns aufhübschen!«

      »Hältst du das für eine kluge Entscheidung, eine Hunnenbraut zu nehmen? Und was ist, wenn sie hässlich ist und schielt?«

      »Skryrmir grinste. »Tja, dann, mein lieber Bruder, wirst du sie heiraten!«, zwinkerte er ihm zu.

      *

      Der Handel war es, der eigentlich die Welt aus ihrer Barbarei gezogen hat.

      (Karl Julius Weber)

      Agnir schüttelte verständnislos den Kopf. »Also ehrlich. Ich finde es ziemlich geschmacklos von deinem Vater, dem Händler Temudschin seinen Sohn abkaufen zu wollen!«

       »Hör mal, das war vor zwölfhundert Jahren. Damals galt ein Menschenleben als nicht besonders viel. Wenn jemandem deine Nase nicht passte, schlug er unverblümt mit seinem Schwert auf dich ein. Sogar der spätere Kaiser ließ Menschen festsetzen und anschließend verkaufen, obwohl er heutzutage als Humanist gefeiert wird, und sogar ein Preis nach ihm benannt wurde«, erklärte ich meinem Sohn, der eindeutig froh sein konnte, im Hier und Jetzt zu leben. Nun, sein Onkel Cornelius hatte früh genug damit begonnen, sein Lied über den Humanismus in das Ohr von Agnir zu blasen. Zum Glück weigerte dieser sich nicht, mit dem Schwert zu kämpfen.

      »Okay, ich habe jetzt gecheckt, dass die Leute damals anders tickten. Erzähl weiter, ich kann es kaum erwarten!«

      Die beiden frisch gebadeten Wikinger wirkten ein wenig verunsichert, als sie sich, nach fremdartigen Ölen duftend, zur Jurte des Skythen begaben.

      Skryrmir blickte auf das absurde Konstrukt, das er in Händen hielt: »Meinst du nicht, wir hätten statt dieses Stockfisch-Bouquets, nicht doch lieber ein paar Blumen mitbringen sollen?«, fragte er seinen Bruder. Ihm war es sichtlich peinlich, eine Faust voller Stockfisch als Mitbringsel dabei zu haben.

      »Ach was!«, winkte Hackbart ab. »Wo viele Menschen unter einem Dach leben, wird auch viel gegessen. Deshalb ist es ein gutes Gastgeschenk. Blumen? Wo sollen wir um diese Zeit noch welche herbekommen? Außerdem verfüttern die Hunnen sie sowieso nur an ihre Pferde.«

      »Und wie wäre es mit Met?«, fragte Skryrmir.

      »Du weißt doch gar nicht, ob sie überhaupt so etwas trinken. Diese Handtuchköpfe...«

      »Sarazenen, Hackbart, sie heißen Sarazenen!«

      »Das ist mir völlig wumpe, wie sie heißen. Jedenfalls dürfen die aus Glaubensgründen keinen Alkohol trinken! Puh, bin ich froh, dem richtigen Glauben anzugehören. Was wäre die Welt für ein schrecklicher Ort, müsste man sie ständig nüchtern durchwandern. Los, komm schon! Schließlich haben wir es deinen blöden Visionen zu verdanken, in diese dumme Situation geraten zu sein!«, beschwerte sich Hackbart mal wieder.

      »Ich tue nur das, was mein Gott mir befiehlt! Wenn die Götter von mir verlangen, ich solle für sie sterben, dann sterbe ich für sie! Deshalb werde ich dereinst irgendwann mit ihnen in Walhalla schmausen!«, deklamierte Skryrmir im Brustton der Überzeugung.

       »Echt? Und ich muss nicht erst warten draufzugehen, um ordentlich zu futtern! Ich esse lieber, solange ich noch lebe und einen funktionierenden Geschmackssinn besitze! Und hast du dir eigentlich schon mal vorgestellt, wie das ist, jeden Abend exakt dasselbe Tier zu essen? Wie soll das vonstatten gehen? Wird am Morgen im Kollektiv gekotzt und geschissen, damit der Eber Sährimnir wieder aus seinen Einzelteilen zusammengebaut werden kann? Schließlich muss er abends beim Servieren wieder vollständig sein! Na, dann! Überleg mal!«, sagte Hackbart grinsend. Er konnte jemandem mit seinen Ausführungen schon mächtig den Appetit verderben.

      »Also wirklich! Du pflanzt mir ganz üble Bilder ein!«, grummelte Skryrmir kopfschüttelnd. »Hey, wer bist denn du?«, fragte er das kleine Skythenmädchen, das vor Temudschins Jurte stand und nach jemanden Ausschau hielt.

      Hackbart nutzte die Situation, um seinem Bruder nochmals zu zeigen, was eine Harke ist. »Na, wer wohl! Das ist deine zukünftige Braut!«

      Das kleine Mädchen schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin Samija und soll auf euch warten! Seid ihr die Nordmänner, die gekommen