4 Schnecken und eine Nudel. Benjamin Webster. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Benjamin Webster
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844287752
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senior wartete, weil dieser sich wieder einmal zu einem Termin verspätete. Aber seit einigen Jahren, führte sein Weg immer zuerst in die Küche zu Maria und dann erst zu Herrmann Bergmann. Julia fragte Kathi: „Ich fahre nach Berlin, möchtest du mitkommen?“ Da sie sowieso nichts zu tun hatte, ging sie mit Jule. Eine willkommene Gelegenheit, Berlin etwas kennenzulernen. Jule erklärte beim einsteigen in ihren Wagen: „Ich fahre die gleiche Strecke, die auch der Bus fährt, mit dem du direkt ins Werk kommst. Es ist die Linie 36.“ Sie fuhr bis kurz vor das Werk in Spandau und bog ab nach Charlottenburg, um dann in die Stadtmitte zu gelangen. Julia parkte den Wagen in einem Parkhaus, weil es hier nur ganz wenige Parkplätze gab und die Damen von Ordnungsamt sehr schnell Knöllchen verteilten. Unterwegs unterhielten sie sich über Thomas Verletzung. Kathi: „Was so ein paar Glassplitter alles anrichten können.“ Julia: „Es waren nicht direkt die Splitter, sondern die giftigen Farben die auf und an den Splittern waren. Ich denke, dass diese Pokale innen mit Farbe bestrichen waren, die Kobalt und Kadmium enthielten. Und das sind sehr giftige Stoffe. Da reichen schon einige Milligramm in der Blutbahn, um einen Menschen zu töten.“ Kathi: „Du bist Ärztin? Welches Fachgebiet hast du denn?“ Julia: „Orthopädie.“ Kathi: „Knochenbrecher, hat mein Vater immer gesagt.“ Julia: „Mit den Knochen haben die Orthopäden am wenigsten zu tun, die meisten Probleme machen Sehnen, Bänder oder Knorpelschäden. Natürlich sind auch viele Brüche dabei, die flicken wir dann so gut es eben geht wieder zusammen. Wenn ich meinen Facharzt habe, würde ich gerne eine eigene Praxis aufmachen.“ Kathi: „Und was kostet so etwas?“ Julia: „Frag nicht, sonst wird mir schwindlig. Da geht locker ein Zweifamilienhaus drauf.“ Kathi: „Dann must du eben Lotto spielen, vielleicht hast du das Glück mit einem sechser.“ Julia: „Da arbeite ich lieber weiter und spare, da ist die Wahrscheinlichkeit größer zu einer Praxis zu kommen.“ Kathi: „Darf ich Thomas besuchen?“ Julia: „Natürlich, warum nicht. Nur zu, schließlich kennt ihr euch ja schon lange. Ich denke, er wird sich über einen Besuch von dir freuen. Ich gebe dir nachher noch die Adresse. Wenn du heute Abend gehen möchtest, kannst du meinen Wagen nehmen, ich brauche ihn nicht mehr. Du hast doch einen Führerschein, oder nicht?“ Kathi: „Ich habe einen Führerschein und sogar ein Auto. Die Kiste ist aber schon 15 Jahre alt und hätte die Fahrt nach Berlin bestimmt nicht überlebt.“ Julia: „Hier in Berlin sollte man schon ein Auto haben. In der Stadtmitte sind die Busse und Bahn Verbindungen prima, aber wenn man weiter draußen wohnt ist das schon schwieriger. Ich höre mich einmal in meinem Bekanntenkreis um, vielleicht verkauft einer von ihnen günstig ein Auto. Wenn nicht, gibt es genug Autohändler hier, da wird schon etwas für dich dabei sein.“ Kathi: „Im Moment ist das nicht so wichtig, wichtiger ist eine günstige Wohnung.“ Julia: „Das machen Thomas und Franz, die haben bestimmt bald eine für dich. Du bist ja im Augenblick gut untergebracht, oder gefällt es dir nicht bei den Bergmanns?“ Kathi: „Doch, doch es ist schön bei euch. Aber eine eigene Bude ist doch immer besser. Schon alleine wegen der Arbeit. Wie sieht denn das aus, wenn die Sekretärin beim Chef wohnt?“ Julia: „Du bist nicht der erste Mitarbeiter der Bergmann Werke, der bei uns wohnt. Das waren schon einige und da hat auch keiner etwas gesagt. Und nun wird geshoppt, lass und ins KaDeWe gehen.“ Kathi konnte mit dem Begriff KaDeWe nichts anfangen, aber Julia erklärte es ihr, was KaDeWe war und bedeutete.

      Am späten Nachmittag, besuchten alle Thomas im Krankenhaus. Es ging ihm deutlich besser und er war wieder aufgewacht. Die Medikamente haben Wirkung gezeigt und er würde in ein paar Tagen wieder nach Hause gehen. Das einzige Problem, waren seine Fußsohlen. Die Entzündung hatte großen Schaden angerichtet. Es würde noch Wochen dauern, bis er wieder ohne Hilfe laufen konnte. Es gab also nur zwei Möglichkeiten. Entweder er bliebe im Bett bis alles einigermaßen verheilt ist, oder er setzte sich in einen Rollstuhl. So war die Aussage von Dr. Herrmann. Thomas war alles andere als erfreut darüber, musste sich aber in sein Schicksal fügen. Alternativen gab es keine. So lange im Bett liegen zu bleiben, kam für ihn nicht in Frage, ein Rollstuhl musste her. Und da er keinerlei Übung im Rollstuhl fahren hatte, brauchte er noch jemand, der ihm dabei zur Hand ging. Zumindest für den Anfang, bis er etwas mehr Übung damit bekam. Thomas musste wieder ins Werk, gerade jetzt wo doch einige Dinge geklärt werden mussten. Da waren die Umstrukturierungen in der Firma, um sie effektiver und profitabler zu machen. Die Frage des hohen Ausschusses musste auch dringend geklärt werden. Laut den Unterlagen der Buchhaltung, geht es immerhin, um fast 10.000 Euro Schaden, der Monat für Monat entstand. Geld das die Firma dringend für andere Dinge gebrauchen könnte. Dann standen noch die Besuche in den Niederlassungen in Österreich und in Schanghai auf dem Plan. Als neuer Besitzer musste er dorthin, schon alleine um Flagge zu zeigen. Nichts ist schlimmer in einer Firma, wie wenn der Schlendrian Einzug hält. Mitten in seinen Überlegungen, klopfte es an der Tür und Kathi kam herein. In der Hand hatte sie eine Tüte mit Obst. Sie begrüßte ihn und sagte dann: „Hier ist Obst, an Stelle von Blumen. Wie geht es ihnen, Thomas?“ Er antwortete: „Ich bin noch einmal der Notschlachtung entgangen. Es war eng, haben Jule und Dr. Herrmann gemeint. Aber wie sie sehen, bin ich dem Sensenmann entwischt. Wie geht es ihnen Kathi, haben sie sich schon in der Villa zu Recht gefunden?“ Kathi: „Karl hat meine Klamotten gestern Abend in das blaue Zimmer gebracht. Ein sehr schönes Zimmer mit Blick zum See. Und sonst war ich nur in der Küche und habe mit Maria gekocht. Ach ja, mit Jule war ich heute Mittag shoppen, im KaDeWe, im Kaufhaus des Westens.“ Thomas: „Da hat sie dich gleich, in den größten Einkaufstempel von Berlin geschleppt. Haben sie eigentlich schon meine anderen Schwestern kennen gelernt?“ Kathi: „Ja, heute Morgen, aber nur ganz kurz. Als Maria gefragt hat, wer ihr beim kochen hilft, haben sie sich gleich verdrückt. Ich habe Jule gefragt, wo die drei denn arbeiten, da hat sie nur gelacht und gesagt, ich solle sie selber fragen. Ist dass so geheim oder schlimm was sie arbeiten?“ Thomas lachte nun auch und meinte: „Entschuldigung, aber die arbeiten nichts. Die drei sind faul wie die Nacht. Franzi hat seit ihrem Abi vor zwei Jahren, eine Auszeit genommen, um sich zu finden. Nele hat zwei Semester Kunst studiert und dann die Prüfung verhauen. Seit drei Jahren rührt sie keinen Finger mehr. Und Charly hat ein Semester Musik studiert und ist dann einfach nicht mehr hingegangen. Sie hat seit Jahren keinen Bock, überhaupt etwas zu tun. Sie sehen, die Damen wissen zu leben. Aber bitte sagen sie es nicht weiter.“ Kathi: „Und von was leben die drei, haben die Ersparnisse oder haben sie geerbt?“ Thomas: „Unser Vater hat ihnen alles bezahlt, dass erzähle ich ihnen ein anderes Mal. Aber fragen sie die drei selbst warum sie nicht arbeiten, ich bin gespannt was sie ihnen antworten.“ Kathi: „Es geht mich ja auch nichts an. Wissen sie schon, wann sie wieder hier herauskommen?“ Thomas: „In ein paar Tagen hat der Arzt gesagt. Nur habe ich das Problem, dass ich nicht laufen darf, bis meine Füße verheilt sind.“ Kathi: „Dann setzen sie sich eben in einen Rollstuhl und lassen sich schieben. Sie sind doch der Chef, da will sie doch jeder durch den Betrieb schieben.“ Thomas: „Ich dachte eigentlich das Gleiche. Nur möchte ich dann immer die gleiche Person die mich schiebt. Ich dachte zuerst an Franz oder Karl. Aber beide sind schon über 50, das kann ich den beiden nicht zumuten. Na ja, ich habe ja noch ein paar Tage Zeit, mir das zu überlegen. Aber ich habe ein ganz andere Problem.“ Kathi: „So? Und welches?“ Thomas: „Ich würde so gerne eine Zigarette rauchen. Aber erstens, habe ich keine hier, zweitens darf ich im Zimmer nicht rauchen und drittens, es ist sehr weit zum laufen ins Raucherzimmer.“ Kathi lachte und meinte: „Dem Manne kann geholfen werden. Ich komme gleich wieder.“ Sie stand auf und verließ das Zimmer. Nach einigen Minuten kam sie wieder, mit einem Rollstuhl im Schlepptau. Dann sagte sie: „Darf ich bitten, sogar mit Genehmigung der Oberschwester Doris. Und Zigaretten und Feuer habe ich auch.“ Thomas: „Sie sind halt doch eine Perle, ich habe es ja immer gesagt. Fehlt nur noch der Schampus und zwei Gläser.“ Kathi: „Schampus habe ich keinen, aber wenn es Sekt auch tut?“ Sie zog zwei Piccolo aus ihrer Handtasche und stellte sie auf den Nachttisch. Kathi schaute im Bad nach, wegen Gläser. Sie fand dort zwei Zahnputzbecher, aber in der Not frisst der Teufel die Wurst auch ohne Brot. Thomas hat sich inzwischen aus dem Bett in den Rollstuhl gedreht. Kathi schob ihn zum Zimmer heraus in Richtung Fahrstuhl. Thomas fragte wohin sie wollte und Kathi sagte: „Ich habe eine Ecke gefunden da darf man auch rauchen, da ist es viel schöner als in dem verqualmten Raucherzimmer. Vertrauen sie mir.“ Sie hatte es kaum ausgesprochen, da schrie Thomas: „Verdammte Scheiße, nichts wie weg