4 Schnecken und eine Nudel. Benjamin Webster. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Benjamin Webster
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844287752
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stand eine Frau mit zwei Krücken. Es war zweifellos Isabell. Kathi fragte: „Und wohin?“ Thomas: „Keine Ahnung, aber nur weg von hier.“ Kathi kam die Idee. Sie nahm ein Papiertaschentuch und wartete bis sich die Aufzugstür öffnete. Thomas schüttelte mit dem Kopf und meinte: „Der fährt doch zuerst nach unten und da will ich bestimmt nicht hin.“ Kathi: „Ich ja auch nicht.“ Sie steckte das Taschentuch in das eine Loch der Lichtschranke und schon ging nichts mehr. Die Tür blieb einfach offen. Unten drückte Isabell schon zum zweiten Mal auf den Knopf. Ungeduldig stand sie vor dem Aufzug. Kathi lachte verschmitzt und meinte: „Mit den Krücken läuft sie nie Treppe hoch. Also haben wir nun genügend Zeit zur Flucht.“ Sie schob Thomas auf die andere Seite des Gebäudes. Dort gab es zwei Aufzüge für Patienten, die in den OP gebracht werden sollten. „Nur für Personal“ stand auf der Tür. Kathi drückte auf den Knopf und die Tür ging auf. Drinnen standen zwei Schwestern und schauten sie skeptisch an. Eine von ihnen bemerkte: „Sie wissen schon, dass dieser Fahrstuhl nur für Personal ist?“ Da sagte Kathi: „Sorry, er muss in die Ambulanz zu Frau Dr. Bergmann. Wollen sie ihn bitte hinbringen, ich nehme dann die Treppe. Der andere Fahrstuhl geht nämlich nicht.“ Da antwortete die andere Schwester: „Wir haben leider keine Zeit, bringen sie doch den Patienten dorthin. Danke.“ Kathi: „Dann drücken sie doch bitte den Knopf für das Erdgeschoss.“ Eine der Schwestern drehte sich um und drückte ihn. Im nächsten Stock stiegen die beiden Schwestern aus und der Aufzug fuhr nun ins Erdgeschoss. Kathi schob ihn aus dem Aufzug und Thomas fragte sie: „Und, was machen wir jetzt? Haben sie ihr Handy dabei?“ Kathi zog es aus der Tasche und gab es ihm. Er wählte eine Nummer und wartete auf die Verbindung: „Hallo, ich bin es. Was brauchst du, wenn du mich zu Hause behandelst?“ Er war still und hörte zu. Dann sagte er: „Unmöglich, Isabell ist hier. Keine zehn Pferde bekommen mich wieder in dieses Krankenhaus. Nun, was brauchst du?“ Thomas hörte wieder geduldig zu und meinte dann: „OK, dann rufe dort an, wir holen es dort in fünf Minuten ab. Ach, ehe ich es vergesse, ich leihe mir einen Rollstuhl von euch aus. Bis bald.“ Er legte auf und gab Kathi das Handy wieder. Kathi wollte natürlich wissen, mit wem er gerade telefoniert hatte. Thomas: „Na, mit Jule. Sie kann mich genauso gut zu Hause behandeln, wozu bin ich denn privat versichert?“ Kathi: „Und was wollten sie abholen?“ Thomas: „Die Medikamente und den Kram, den Jule zum verbinden und so braucht. Die in der Ambulanz richten es gerade. Sie können es in fünf Minuten dort abholen und danach fahren wir mit dem Taxi nach Hause.“ Kathi: „Aber ich habe doch Jules Auto, wir brauchen kein Taxi.“ Thomas: „Um so besser. Schieben sie mich bitte zu ihrem Wagen, bevor Isabell uns noch entdeckt.“ Kathi brachte ihn zum Wagen und ging zurück in die Ambulanz. Eine Schwester hatte tatsächlich eine Tüte mit verschiedenen Sachen gerichtet. Eine halbe Stunde später fuhren sie die Einfahrt zur Villa hoch. Dort standen alle und erwarteten sie. Vier Schwestern, Maria und Karl. Franz hatte sich schon am Nachmittag verabschiedet, zum Leidwesen von Maria. Sie halfen Thomas aus dem Wagen, setzten ihn in den Rollstuhl und fuhren ihn in den blauen Salon. Jede von ihnen stellte ihm Fragen, aber Thomas zündete sich in aller Ruhe eine Zigarette an, die ihm Kathi gegeben hatte. Dann zog er den Rauch genüsslich ein und sagte zu Kathi: „Wo bleibt der Schampus, my Lady?“ Sie öffnete ihre Handtasche und holte die beiden Piccolos, mitsamt den Zahnputzbechern heraus und öffnete eine Flasche. Sie schenkte ein und fragte: „Möchte sonst noch jemand ein Glas?“ Alle lehnten ab und warteten auf die Erklärung, weshalb er aus dem Krankenhaus mehr oder minder geflohen ist. Thomas und Kathi erzählten abwechselnd, was im Krankenhaus geschah. Alle waren sprachlos, nur Jule war sauer. Sie machte ihrem Bruder schwere Vorwürfe: „Vor nicht einmal 24 Stunden lagst du auf der Intensivstation mit 40° Fieber. Es war haarscharf an der Grenze. Jetzt sitzt du hier, als wenn nichts gewesen wäre. Und nun glaubst du, dass ich die Krankenschwester für dich spiele, nur weil ich deine Schwester bin? Thomas, du bist ein Idiot. Haut aus dem Krankenhaus ab, nur weil ihn seine Ex-Verlobte besuchen möchte. Du hättest sie hochkant hinausschmeißen können. Diese dumme Kuh ist doch an allem Schuld und was machst du? Du nimmst Reißaus vor ihr. Ich hätte sie angezeigt, nein zuerst hätte ich ihr eine reingehauen und dann angezeigt. Die Alte hat doch nicht mehr alle Lichter am Baum. Ich schöre, wenn sie hierher kommt, passiert etwas. Und nun mach deine Haxen auf den Stuhl, dass ich dich verarzten kann. Mann, oh Mann. Männer. Die einen sind zu brutal, die anderen haben kein Hirn und die dritte Sorte, lässt sich fast alles gefallen.“ Thomas legte die Füße auf den Schemel und ließ Jule Dampf ablassen. Als sie den Verband weg hatte, meinte sie: „Bruderherz, das sieht echt beschissen aus. Wenn dass nicht in einer Woche besser ist, dann musst du unters Messer. Das geht noch mindestens sechs Wochen, bis es anständig verheilt ist.“ Sie zog ihr Handy heraus und machte Fotos von beiden Fußsohlen. Die Salbe die Jule auf die Wunden auftrug, kühlte den Fuß etwas. Es war richtig angenehm. Das erste Mal seit langer Zeit, war die ganze Familie zusammen gesessen. Trotz des Verlustes der Eltern vor ein paar Wochen, alberten sie herum und erzählten sich Geschichten aus der Jugendzeit. Nur einer konnte nicht so viel dazu beitragen, das war Thomas. Weil er im Internat war, kannte er seine Geschwister nur von den Ferien her. Nur ungefähr 12 Wochen im Jahr waren alle fünf zusammen. Dann hatte sein Vater immer gesagt: „Mutter schau, das sind unsere vier Schnegge und eine Nudel.“ Sie waren immer stolz auf die fünf, obwohl sie ihnen mehr als einmal Ärger gemacht hatten. Thomas war immer der Musterknabe in der Familie. Er musste auch studieren, die Mädchen dagegen, hatten die freie Wahl. Thomas war sozusagen der Kronprinz, er sollte eines Tages die Firma übernehmen und weiterführen. Die Mädchen hatten noch eine Flasche Sekt aufgemacht. Selbst Maria trank noch ein Glas mit. Nur Karl war eisern, er trank grundsätzlich kein Alkohol. Er war sozusagen als Chauffeur immer im Dienst. Die Stimmung war ausgelassen, als plötzlich das Telefon klingelte. Jule sah auf die Uhr und meinte: „Wer ruft denn noch um 22:30 Uhr an?“ Sie hob ab und meldete sich. Dann hörte sie eine ganze Weile zu und sagte dann: „Nein, dem geht es gut, mehr braucht sie nicht zu wissen. Geben sie ihr auf keinen Fall seine Adresse. Diese Frau ist unberechenbar.“ Dann hörte sie wieder zu. Zum Schluss sprach sie: „Ich verlasse mich auf sie Herr Kollege. Danke, für den Anruf und eine ruhige Schicht wünsche ich ihnen.“ Dann ging sie wieder zurück in den blauen Salon. Sie erklärte, dass es einer ihrer Kollegen war, der nur etwas über einen ihrer Patienten wissen wollte. Der Anruf war gleich wieder vergessen. Nur eine halbe Stunde später läutete das Telefon wieder. Jule ging wieder dran. Nach fünf Minuten kam sie zurück und bog sich vor Lachen. Es ging bestimmt zwei bis drei Minuten, bis sie wieder klar reden konnte. Dann erzählte sie, was sie am Telefon in beiden Gesprächen erfahren hatte. Die ganze Geschichte fing damit an, dass Isabell vor dem Aufzug wartete, den Kathi mit einem Taschentuch blockierte. Sie drückte mehrfach den Knopf um den Aufzug nach unten zu holen. Doch nichts geschah. Sie drückte wieder und wieder den Knopf, aber wieder geschah nichts. Sie herrschte eine Schwester an: „Was ist das denn für ein Saftladen, indem nicht einmal ein Aufzug funktioniert? Holen sie mir dieses verdammte Ding nach unten. Sie sehen ja, dass ich keine Treppen steigen kann.“ Dabei hob sie ihre Krücken in die Höhe. Die Schwester erwiderte ihr aber, dass sie kein Aufzugsmonteur sei, sondern Krankenschwester. Diese wollte gerade gehen, als Isabell eine Krücke zwischen sich und der Krankenschwester an die Aufzugswand drückte, so dass sie nicht mehr weitergehen konnte. In einem scharfen Ton befahl ihr Isabell: „Sie holen mir diesen verfluchten Aufzug hierher, oder ich sorge dafür, das sie sich nach einem neuen Job umsehen müssen.“ Der Schwester blieb nichts anderes übrig als die Treppen hochzugehen um zu sehen wo der Aufzug blieb. Als sie in der dritten Etage das Taschentuch entdeckte, entfernte sie es und fuhr mit dem Aufzug nach unten. Vor der Tür stand immer noch Isabell. Die Tür öffnete sich was Isabell veranlasste noch einmal zu schimpfen: „Es geht doch. Faules Angestellten Pack, warum nicht gleich so.“ Sie fuhr nach oben in die dritte Etage und begab sich auf Thomas Zimmer. Da er nicht da war, beschloss sie auf ihn zu warten. Als Thomas nach zwanzig Minuten immer noch nicht kam, humpelte sie hinaus und fragte gleich die erstbeste Schwester, wo Herr Bergmann sei. Da sie es nicht wusste, ging sie wieder zurück in Thomas sein Zimmer und wartete wieder eine halbe Stunde. Als dann Oberschwester Doris ins Zimmer kam, eskalierte alles. Isabell schrie die Oberschwester an: „Wo zum Teufel ist Herr Bergmann?“ Die Oberschwester: „Gewöhnen sie sich einen anderen Ton an, sonst lasse ich sie vom Sicherheitsdienst aus dem Krankenhaus entfernen. Herr Bergmann ist vorhin mit seiner Begleitung eine Zigarette rauchen gegangen.“